Der 7. Lehrling (German Edition)
Frauen und Kinder zu hören, nur vereinzelt das unverständliche, aber keinen Widerstand duldende Knurren eines fremden Kriegers.
Bis zum Mittag waren alle noch lebenden Bewohner der Stadt auf dem Marktplatz versammelt. Rings umher riegelten finster blickende, waffenstarrende Gruppen der
Horden
die Gassen ab. Es gab kein Entkommen.
Dann begann die Suche nach Gefangenen. Kleine Trupps der
Horden
durchkämmten die Menge und suchten sich kräftige, gesunde Handwerker heraus, die sie an ihrer Kleidung leicht erkennen konnten. Wenn sie einen Meister, Gesellen oder Lehrling ausgesucht hatten wurde er hinter eine der Absperrungen geschleppt.
Jedes Mal, wenn sie sich anschickten, einen Handwerker mitzunehmen, regte sich natürlich Widerstand und Geschrei. Aber nachdem die Krieger den ersten ernsthaften Befreiungsversuch dadurch beendet hatten, dass sie fünf, sechs Bürger in der nächsten Nähe einfach erschlugen, war der Widerstand gebrochen. Die
Horden
verhandelten nicht.
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Quentin und die anderen bekamen von alldem nichts mit. Seit Stunden entfernten sie sich von der Stadt, die nach ihrer festen Überzeugung in die Hände der
Horden
fallen würde. Sie kamen trotz des strömenden Regens recht gut voran. Gegen Mittag würden sie einen dichten Wald an einem Höhenzug erreichen. Dort wollten sie sich verstecken und abwarten, bis die fremden Krieger wieder abgezogen waren.
Ihr karges Mittagessen nahmen sie im Gehen zu sich. Medards Vater hatte gesagt, für Pausen sei noch genug Zeit, wenn sie in ihrem Versteck angekommen waren. Die anderen hatten ihm recht gegeben.
Als sie den Waldrand erreicht hatten, fiel zum ersten Mal an diesem Tag ein wenig die Angst von ihnen ab. Finja atmete erleichtert auf und blickte ein wenig lächelnd zu Falk hinüber, der auf der anderen Seite des Wagens ging. Falk zwinkerte aufmunternd zurück.
Der Regen wurde von den Bäumen etwas abgehalten, aber der Weg war sehr schlammig. Immer wieder mussten sie dem Pferd und dem Esel helfen, die Fuhrwerke aus dem Matsch zu bringen. Gerade waren sie wieder an einer verschlammten Stelle und strengten sich mächtig an, dass die Wagen nicht stecken blieben.
Sie hörten nicht, dass hinter ihnen fünf schweigsame, in Eisen und Leder gekleidete Krieger aus dem Wald kamen und den Weg versperrten. Erst als plötzlich vor ihnen von rechts und links Reiter mit gezogenen Krummschwertern aus dem Wald brachen und den Kreis um sie schlossen, wurde ihnen mit unendlicher Enttäuschung bewusst, dass ihre Flucht misslungen war.
„Sagt nichts und macht keine hektischen Bewegungen“, murmelte Falk, gerade laut genug, dass die anderen ihn verstehen konnten. Er legte Medard, der vor Zorn zitterte, eine Hand auf den Arm. „Vielleicht lassen sie uns dann wenigstens am Leben.“
DRITTER TEIL: Die Gefangenschaft
Finja, Quentin und Rachel weinten still vor sich hin, die anderen schauten wie versteinert. Medards Verwandte aus dem Dorf im Süden von Balsberg hatten den Kopf verloren und eine scheinbare Unaufmerksamkeit der Krieger für einen Fluchtversuch genutzt. Zwei Reiter waren ihnen ohne ein Wort mit den Pferden nachgesetzt und hatten sie kurzerhand erschlagen. Es gab nichts zu erklären, allen war bewusst, dass sie dasselbe Schicksal ereilen würde, wenn sie sich nicht fügten.
Die Krieger durchsuchten die beiden Wagen, nahmen den kleinen Geldbeutel von Medards Familie an sich. Dann fing einer der Fremden an, Finjas Porzellanteller gegen den nächsten Baum zu werfen. Finja starrte mit ausdruckslosen, weinenden Augen auf die Scherben. Bevor der Krieger jedoch den dritten Teller an den Baum schmettern konnte, knurrte der Anführer der Gruppe einen kurzen Befehl. Schweigend legte der Krieger den Teller wieder aus der Hand.
Der Anführer musterte die ängstliche Gruppe und gab weitere kurze Befehle.
„Was werden sie mit uns machen?“, fragte Quentin leise.
„Ich nehme an, sie werden uns mitnehmen. So wie die Gerüchte sagen. Hoffentlich lassen sie die Frauen gehen. Hoffentlich.“ Falk blickte sorgenvoll zu Finja hinüber.
Dann trat ein Mann mit einem Strick auf Medard zu und bedeutete ihm, er solle seine Hände vorstrecken. „Tu, was er will, Junge! Mach keinen Unsinn“, flüsterte Medards Vater besorgt.
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Medards Augen sprühten förmlich Funken, aber er tat, was sein Vater sagte. Er wurde seitlich an das Pferdefuhrwerk gebunden. Nacheinander ging es Quentin, Falk und Medards Vater genauso. Die Frauen blieben frei.
Finjas Tränen
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