Der 7. Lehrling (German Edition)
konnten sich das Lachen an dieser Stelle kaum verkneifen, aber Korbinian schaute immer noch einigermaßen gereizt, und Samuel fuhr mit ernster Miene fort – „...also was ich sagen wollte, ist, dass er ganz sicher auch in dieser Situation genug Ideen hat, um der Aufmerksamkeit der
Horden
zu entgehen. Ich denke, wir müssen uns um ihn keine übergroßen Sorgen machen. Was mich zu dem Punkt bringt, den Nuria und Tara bereits angeschnitten haben. Auch ich glaube, dass es keiner der erwachsenen Gefangenen sein kann, und ich bin dafür, dass York versucht herauszufinden, wer von den Jüngeren die
Gabe
besitzt.“
„Und wenn er in Gefangenschaft gerät?“, warf Korbinian ein, „ist es das wert?“
Samuel dachte einen Augenblick nach, bevor er antwortete. Er wischte mit der Hand durch die Luft. Die roten Punkte, die die
drei Speichen
auf der großen Karte abbildeten, verschwanden. Übrig blieben nur noch die hellgelben Punkte, die über das Land verstreut die bisherigen „Funde“ markierten. „Wenn wir uns anschauen, was unsere Sucher bisher entdeckt haben, dann kann man durchaus sagen, dass sie erfolgreich waren. Aber was uns immer noch fehlt, ist jemand im richtigen Alter. Machen wir uns nichts vor: Wir haben noch fünfundzwanzig Tage bis zum Oktobervollmond. Ziehen wir die Woche ab, die für den Rückweg benötigt wird, bleiben noch achtzehn Tage. Nicht einmal drei Wochen. Natürlich besteht Hoffnung, dass in diesen Tagen ein Junge oder Mädchen im richtigen Alter gefunden wird, aber es könnte genauso gut die Fortsetzung dessen werden, was wir bisher hatten. Und York ...“ Samuel machte eine kleine Pause. „... wenn York mit seiner Vermutung recht hat, dann könnten wir vielleicht jetzt schon am Ziel sein. Ich finde, dass das einen Versuch wert ist.“
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Seit dem Nachmittag hustete Falk. Er bemühte sich, die anderen nichts merken zu lassen, aber ihm war furchtbar kalt. Da war etwas mehr als eine leichte Erkältung im Anzug, so viel war klar. Und der Dauerregen machte es nicht besser.
Hoffentlich klart es bald wieder auf, dass wenigstens die Kleider einmal wieder richtig trocken werden. Dann geht auch der Husten schnell wieder weg,
dachte Falk bei sich, während er zitternd neben dem Wagen herstapfte.
Quentin war nicht entgangen, dass es Falk nicht gut ging. Mit sorgenvoller Miene schaute er immer wieder zu seinem Lehrherrn hinüber und überlegte, wie schlimm es sein mochte. Auch er sehnte sich nach trockenen Kleidern, aber ein Blick in den Himmel machte ihm keine Hoffnung. Dicke, dunkelgraue Wolken zogen immer noch von Horizont zu Horizont und gossen ihre schwere Last über der Welt aus. Ein neuerlicher Nieser riss ihn aus seinen Überlegungen. „Wie geht es Euch, Falk?“, erkundigte sich Quentin besorgt.
„Naja, es geht so“, lächelte Falk herüber. „Wenn nur der Regen bald aufhört! Dann wird die Erkältung bestimmt schnell wieder verschwinden. Mach Dir keine Sorgen. Nur ein kleiner Sommerschnupfen.“
Quentin nickte und schwieg. Er war sich sicher, dass Falk nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte.
Der Buchenwald lag schon ein gutes Stück hinter ihnen. Sie zogen durch Wiesen und abgeerntete Felder. Kleine Siedlungen rechts und links des Weges ließen die
Horden
achtlos liegen. Sie scherten sich nicht darum, entdeckt zu werden, wollten aber die Dörfer auch nicht plündern. Quentin fragte Medards Vater, warum das so sei.
„Ich denke, dass sie möglichst schnell nach Treer wollen. Dort gibt es im Gegensatz zu Dörfern wesentlich mehr Vorräte und wertvolle Dinge, die man stehlen kann. Und noch mehr Handwerker, die man verschleppen, auspeitschen und misshandeln kann. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, sind wir spätestens in drei Tagen da.“ Angewidert spuckte er auf den Boden. „Wenn ich nur wüsste, was dieses Pack im Schilde führt ...“
Meile um Meile stapften sie weiter durch den Matsch.
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Klopf, klopf!
, meldete sich Amina bei York.
York setzte sich schnell an den Straßenrand.
Hallo! Bringst Du gute oder schlechte Nachrichten?
Zunächst eine Frage. Wir haben auf der Karte gesehen, dass Du wieder unterwegs bist. Wo sind die
Horden
?
Die Nachhut ist ein kleines Stückchen vor mir. Ich muss aufpassen, dass sie mich nicht entdecken, aber bisher ist alles gut gegangen. Ich hätte zwar bis zur Dunkelheit warten können, aber dann hätte ich wieder die ganze Nacht durchmarschieren müssen, und das halte ich nicht ewig durch – ich habe ja bereits in der letzten
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