Der 7. Lehrling (German Edition)
plötzlich, dass sie am Ziel war!
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Linnea blickte die
Vierzehn
mit sorgenvollem Gesicht an. Sie schwitzen aus allen Poren. Deutliche Anzeichen von Ermüdung waren auf den Gesichtern zu erkennen, mit halb gesenkten Köpfen saßen sie angestrengt auf ihren Plätzen. Fragend blickte sie zu Korbinian hinüber, der die Hexen und Magier ebenso besorgt beobachtete wie sie selbst. Er blickte zurück und schüttelte kaum merklich den Kopf. Offenbar wollte er noch abwarten.
Minute um Minute verging. Die Köpfe sanken immer tiefer. Plötzlich richteten sich alle fast gleichzeitig aus ihrer konzentrierten Haltung auf, und ein Lächeln breitete sich auf den Gesichtern aus. Korbinians Hand legte sich auf Linneas Schulter und drückte sie. Linnea blickte ihren ehemaligen Schüler an. Dieser nickte ihr über das ganze Gesicht strahlend zu:
Sieh doch, sie hat ihn!
Linnea drückte fest Korbinians Hand und nickte mit einem kleinen Glitzern im Augenwinkel zurück.
Ja, sie hat den unbekannten Magier wirklich gefunden!
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Er ist hier!
Amina spürte es überdeutlich und merkte auch, dass die anderen aus dem
Kreis der Vierzehn
die Präsenz wahrgenommen hatten und aufmerksam warteten. Aber das war ja erst die halbe Arbeit!
Langsam ließ sie sich rechts von den Gefangenen vorbeitreiben. Es waren einige Kinder im richtigen Alter dabei, und Amina konzentrierte sich bei jedem Kind, an dem sie vorbeikam, auf ihr Gefühl. An der Spitze der Gefangenen angelangt kehrte sie um. Die Präsenz war hier etwas schwächer, also musste ihr Ziel weiter hinten sein.
Sie blieb an der linken Seite des Gefangenenzuges stehen, machte in Gedanken die Augen zu und wartete. So wie Linnea es ihr beigebracht hatte, schloss sie alles andere, jedes Fuhrwerk, jeden Ochsen, jedes Pferd, die Straße, alle Bäume und Pflanzen aus ihren Gedanken aus und richtete ihre Aufmerksamkeit nur noch auf die Präsenz des Magiers. Langsam wurde das Gefühl stärker.
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Quentin hatte wieder so ein merkwürdiges Gefühl im Bauch wie gestern morgen, als sie durch den Buchenwald marschiert waren. Wurde er am Ende noch krank oder hatten die Krieger etwas Schlimmes ins Essen getan? Er wollte gar nicht so genau wissen, was alles in der dünnen Suppe war, aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie vergiftet werden sollten. Sie umzubringen wäre wahrlich einfacher gewesen!
Dann wurde das Gefühl schwächer, und Quentin wollte schon erleichtert aufatmen, als es sich erneut verstärkte. Er schaute sich um, aber scheinbar hatte niemand sonst Probleme mit seinem Magen … Am liebsten wäre er hinter den nächsten Busch gelaufen, so schlecht war ihm, aber er war ja angebunden!
Schweiß brach ihm aus, als er daran dachte, was die
Horden
mit ihm machen könnten, wenn er sich übergeben musste. Mit immer stärker werdendem Druck auf seinen Magen schleppte er sich weiter.
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Amina lauschte auf jede noch so kleine Änderung des Gefühls. Es wurde stärker und stärker. Und nun nahm sie noch etwas anderes wahr, das zusammen mit der Präsenz übertragen wurde: Der Junge hatte Angst, panische Angst!
Obwohl das Angstgefühl die Präsenz fast schon überlagerte, blieb Amina weiter konzentriert und hielt die Augen geschlossen. Dann war der Junge offenbar an ihr vorbeigegangen, denn das Gefühl wurde langsam wieder schwächer. Sofort schlug Amina in Gedanken die Augen auf und drehte sich um.
Da war er! Er war tatsächlich direkt an Amina vorbeigegangen und befand sich nur wenige Schritte von ihr entfernt. Die anderen drei rund um den Jungen herum schieden aus – sie waren zu alt, der jüngste von ihnen war sicher schon einige Jahre Geselle.
Schnell holte Amina auf den Jungen auf, bis sie sich direkt neben ihm befand. Sie sah in ein gequältes, angstverzerrtes Gesicht.
Oh jeh! Wenn ich ihn jetzt anspreche, fängt er bestimmt an zu schreien… Aber es hilft nichts, also: Auf geht’s!
Die Stimme aus dem Nichts
Hallo!
, tönte es auf einmal neben Quentin. Fast hätte er laut losgeschrien, so sehr erschreckte er sich, aber er konnte sich gerade noch auf die Zunge beißen – viel zu groß war seine Angst vor den Bewachern.
Der metallische Geschmack von Blut machte sich in seinem Mund breit. Quentin hatte tatsächlich so fest zugebissen, dass seine Zunge nun blutete. Aber das nahm er nur am Rande wahr.
Vorsichtig schaute er sich um. Dort, woher die Stimme gekommen war, gab es nichts außer dem Gras und ein paar niedrigen Büschen, die seit
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