Der 7. Lehrling (German Edition)
Glühwürmchen an und flüsterte: „
Gahwerban
“, worauf das Leuchten schlagartig aufhörte. Leise rieselten die verbrannten Blätter zu Boden.
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Quentin wachte auf. Er hatte wieder das merkwürdige Gefühl in der Magengegend, aber diesmal viel stärker als in der Nacht, in der York bei ihnen im Lager gewesen war. Er gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, aber schon nach wenigen Momenten stand ihm der Schweiß auf der Stirn.
Mit gequältem Gesicht und auf den Magen gepressten Fäusten blickte er sich um. Zum Glück schliefen die meisten schon, auch Medard und sein Vater. Falk saß im Schatten mit dem Rücken an das Innere des hinteren Wagenrades gelehnt wie an jedem Abend. Obwohl sein Gesicht im Dunkeln lag, konnte Quentin genau sehen, dass er ihn beobachtete.
Schneller als er dachte bekam Quentin seinen Magen in den Griff und kroch zu Falk hinüber. Offenbar gewöhnte er sich langsam an das Gefühl. „Sie sind hier“, flüsterte er.
„Sie?“, fragte Falk verwundert. „Wie viele? Ich denke, der Überfall soll erst in ein paar Tagen stattfinden.“
„Es sind nicht sehr viele“, antwortete Quentin. „Aber York ist dabei. Ich habe ihn vorhin schon einmal kurz gespürt, aber jetzt sind noch andere bei ihm. Die, die uns am Pass beobachtet hat, ist auch dabei. Ich kann das Gefühl wiedererkennen. Sie sind alle dort hinten, wo der Weg einen Knick macht.“
Falk blickte forschend den Weg entlang, aber er konnte nichts erkennen. „Wie kannst Du das wissen?“
Quentin zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ich spüre es einfach, wenn sie da sind.“
„Der Überfall ...?“, bohrte Falk noch einmal nach.
Quentin schüttelte den Kopf. „Amina hätte es mir bestimmt gesagt, wenn sich der Plan geändert hätte.“
„Du hast recht“, stimmte ihm Falk zu. Dann dachte er mehr laut vor sich hin als dass er zu Quentin sagte: „Gut zu wissen, dass sie hier sind. Es ist oft so schwer zu glauben, dass wir wirklich befreit werden sollen.“
Eine Weile saßen sie nebeneinander am Rad und hofften, dass sie noch einen späten Besuch bekommen würden, aber nichts tat sich. Nach etwa einer halben Stunde richtete sich Quentin plötzlich auf.
„Was ist los?“, flüsterte Falk.
„Sie sind weg“, antwortete ihm Quentin mit hängendem Kopf.
Falk legte ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn an seine Seite. „Mach Dir nichts daraus“, tröstete er seinen Lehrling. „Sie haben sicher nur keinen Weg gefunden, ins Lager zu kommen. Wichtig ist doch eigentlich nur, dass sie da waren, oder?“
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Als sie außer Hörweite der
Horden
waren, schwangen sich Meara, York und Milan in den Sattel. Das erste Viertel des zunehmenden Mondes stand hoch am Himmel und beleuchtete schwach die Wiese, die vor ihnen lag.
„Wir bleiben bis morgen früh ein Stück vom Hauptweg entfernt“, sagte Milan zu den anderen. „Wenn die Sonne aufgeht, werden wir auf einen kleineren Weg treffen, der aus dem Süden kommt. Den nehmen wir, um wieder auf den Hauptweg zurückzukehren. Wenn dann die Vorhut der
Horden
unsere Spuren sieht, schöpfen sie keinen Verdacht. Sie werden nur feststellen, dass Reiter da gewesen sind.“
„Du hast noch kein Wort zu den
Horden
gesagt“, forderte Meara Milan auf, seine Eindrücke zu schildern.
Milan schwieg einen Moment, dann sah er York und Meara entschlossen an. „Ihre Disziplin ist beeindruckend. Im offenen Gelände könnten wir nie und nimmer gewinnen. Aber wenn wir an der Stelle ankommen, die wir für den Überfall ausgesucht haben, werdet ihr sehen, dass wir gut vorbereitet sind.“
Milan beendete alle weiteren Diskussionen, indem er seinen Rappen wendete und in halsbrecherischem Tempo über die Wiese davonjagte. Meara und York blieb nichts übrig, als sich zu beeilen, um ihn nicht zu verlieren. Als die Vorhut der
Horden
kurz nach Sonnenaufgang aufbrach, waren die drei schon weit fort.
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Die Lager und Vorratshäuser platzten aus allen Nähten. Die Ernte war bis auf wenige Reste eingebracht, in allen Werkstätten und Handwerksbetrieben gab es wieder genügend große Stapel in den Regalen, um alle Wünsche erfüllen zu können. Aus diesem Grund hatte Korbinian verkünden lassen, dass ab sofort wieder die normalen Arbeitszeiten gelten sollten und darüber hinaus alle am Nachmittag nicht zu arbeiten brauchten. Die einzige Stelle, die noch bis an die Grenzen ausgelastet war, war die Küche. Bis alle Vorräte eingekocht und eingelagert waren, würden
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