Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Hesse
Vom Netzwerk:
noch ein paar Tage vergehen.
    Es war ein warmer, sonniger Herbsttag. Die Blätter leuchteten überall in den schönsten Rot- und Gelbtönen. Adina saß mit Grian in einem großen Laubhaufen und bastelte mit ihrer Pflegetochter eine Kette aus bunten Blättern, als Korbinian zu ihnen trat.
    „Adina, ich möchte mich noch bei Dir bedanken“, begann der alte Zauberer das Gespräch.
    Adina wehrte ab. „Aber wofür denn? Ich habe genau wie alle anderen nur versucht, so gut wie möglich meine Pflicht zu tun. Da gibt es nichts zu danken.“
    „Doch, doch“, wiederholte Korbinian, „Du hast Samuel wirklich außerordentlich unterstützt. Und das, obwohl Du Dich doch auch um Grian kümmern musst.“
    Adina wurde ein bisschen rot. „Schon, aber Linnea hat mir ja auch einiges abgenommen.“
    Korbinian schmunzelte. „Ja, wir sind eine gute Gemeinschaft. Einer ist für den anderen da, das macht uns sehr stark.“
    Adina überlegte. Es war nun schon fast sechs Wochen her, aber die Begegnung mit der Wirtin, deren Freundlichkeit sie mit Lügengeschichten vergolten hatte, war ihr nie aus dem Kopf gegangen. Sie fasste sich ein Herz und erzählte Korbinian ihr Erlebnis. Grian saß die ganze Zeit daneben und spielte.
    Nach einer Weile war Adina mit ihrer Geschichte am Ende angekommen. „Und weißt Du, Korbinian, wenn ich Grian zu einer aufrechten Hexe erziehen soll, dann passt das für mich nicht richtig zusammen. Ich soll ihr beibringen, die anderen Menschen anzulügen, damit sie ... Ja, was eigentlich? Wir müssen doch kein schlechtes Gewissen haben, weil wir ein wenig anders sind! Ich habe noch nie jemandem etwas zuleide getan! Also warum?“ Sie schaute ihr Oberhaupt erwartungsvoll an.
     
    Korbinian erhob sich und ging nachdenklich hin und her. Eigentlich hatte er sich nur bei Adina bedanken wollen, aber jetzt war etwas ganz anderes daraus geworden … Er überlegte, wie er Adina am besten antworten sollte. Nach einer kleinen Weile setzte er sich wieder und blickte Adina freundlich an. „Über diese Frage haben schon viele vor Dir gegrübelt. Es ist nicht einfach, sich in diesem Zwiespalt zu entscheiden, und man sollte dabei auch nichts überstürzen, letztlich muss aber jeder die Antwort selbst finden. Ich will Dir erzählen, wie es dazu kam, dass wir unsere
Gabe
im Verborgenen halten. Vielleicht hilft es Dir ein wenig.“ Und dann begann er mit einer sehr alten Geschichte.
     
    #
     
    „Vor vielen, vielen Jahren, noch lange bevor Linnea geboren war, gab es in diesem Land nur kleine Dörfer. Jedermann bestellte seinen Acker oder ging seinem Handwerk nach. Alle hatten ihr Auskommen, kaum jemand musste hungern, und wenn doch einmal eine Ernte misslungen war, so half man sich gegenseitig. In fast jedem Dorf gab es jemanden, der die
Gabe
hatte, so wie wir. Und diese Begabten wurden auch gebraucht: Sie waren Heiler, wussten um den richtigen Zeitpunkt für die Aussaat und halfen mit ihren anderen unterschiedlichen Fähigkeiten den Menschen in ihrer Nachbarschaft.
    Später gab es einen König. Er gründete die ersten größeren Städte, und der Handel blühte auf, jedoch wuchs auch der Unterschied zwischen Arm und Reich. Viele verkauften ihren Besitz und suchten ihr Glück in den Städten, aber nicht alle fanden das, was sie sich erhofft hatten. Einige kamen nach Jahren als Bettler wieder in ihre Dörfer zurück und mussten sich nun dort als Knechte verdingen, wo sie früher ihr eigenes Land bestellt hatten.
    Auch einige der Magier erlagen dem Reiz des Reichtums und boten dem König ihre Dienste an. Und der König nahm sie auf und benutzte ihre
Gabe
gegen die anderen Menschen, um selbst immer reicher zu werden.
    Als sich im Land herumsprach, dass Magier dem König halfen, an Reichtum zu kommen, fingen sie an, uns zu misstrauen. Und je mehr der König dem Volk abpresste, umso größer wurde die Kluft zwischen uns und den anderen Menschen. Schließlich half es nicht einmal mehr, dass wir Magier es waren, die den König und seine magischen Helfer zwangen, das Land zu verlassen und nie mehr zurückzukehren: Das Misstrauen war gesät, und auch wenn es einen neuen, gerechteren König gab, waren ja die Armut und der Neid immer noch da.
    Es begann für uns eine Zeit großer Angst. Aus etlichen Dörfern wurden die Zauberer und Hexen vertrieben, mit Knüppeln aus dem Ort gejagt, viele wurden erschlagen. Manche versteckten sich in den Wäldern oder suchten bei Freunden Zuflucht.
    In diesen Tagen war Filitosa nicht mehr als ein kleines

Weitere Kostenlose Bücher