Der 7. Lehrling (German Edition)
hatte sie ihn offenbar gewaltig unterschätzt. Sie blickte Falk an. „Soll ich allein mit ihm reden?“
Nun meldete Quentin sich zu Wort. Er war verwirrt, und er war sauer. „Ich möchte, dass Falk dableibt. Und ich möchte, dass ihr nicht die ganze Zeit so tut, als wäre ich nicht da!“
Falk war betroffen, weil er sich so aufgeregt hatte. Den Verlauf des Gesprächs hatte er sich anders vorgestellt, aber es war auch für ihn alles andere als leicht. „Tut mir leid, Quentin. Und auch Ihr, Meara: Tut mir leid. Ich bin nur gerade etwas ... aufgebracht.“ Er schaute sich um und entdeckte einen schönen Platz unter einer Kastanie. „Kommt, setzen wir uns.“
Es gelang Falk kaum, sein Erstaunen zu verbergen, als Meara Quentin in allen Einzelheiten erklärte, was ihn in den nächsten Jahren in Filitosa erwartete. Dass er, wenn er wollte, natürlich seine Lehre als Müller weitermachen konnte, dass sie selbst eine Lehre als Zimmermann abgeschlossen hatte und natürlich auch, was er in seiner Magierlehre lernen musste.
Es war ihr furchtbar unangenehm, diese ganzen geheimen Dinge vor Falk preisgeben zu müssen, aber sie erkannte auch, dass dem Müller wesentlich mehr an Quentin lag als einfach nur an einem Jungen, den er bei sich in die Lehre genommen hatte. Trotzdem wusste sie natürlich auch, was für die Magier auf dem Spiel stand. Quentin musste einfach mitkommen, sonst war alles, was sie in den vergangenen Wochen unternommen hatten, umsonst!
Meara merkte, dass sie von dem Druck, der im Moment auf ihr ganz allein lag, immer trauriger wurde. Warum hatte sie Milan nur so schnell angeboten, mit Quentin zu sprechen? Sie hatte aufgehört zu erzählen und blickte grübelnd hinunter auf ihre Hände. Plötzlich erschrak sie fast von der Stille und entschuldigte sich bei Falk und Quentin.
Falk legte ihr eine Hand auf den Arm. „Es ist gut, Meara. Ich glaube, Quentin hat ohnehin genug gehört. Was meinst Du, Quentin?“
Quentin dachte schon die ganze Zeit nach. Er hatte gemerkt, dass Falk ihn auf gar keinen Fall in die Ungewissheit ziehen lassen wollte, und war mehr als stolz darauf. Falk machte nie große Worte, aber so, wie er sich jetzt für ihn eingesetzt hatte, wusste Quentin ganz sicher, dass Falk ihn sehr gern hatte.
Andererseits wollte er natürlich bei denen sein, die so waren wie er selbst. Die ihn verstanden, und die ihm sicher viele Dinge beibringen würden, wovon andere nur träumen konnten. Und er hatte schon in den wenigen Stunden, in denen er mit Meara, Milan, York und den anderen zusammen war, das ganz sichere Gefühl, dass er zu ihnen gehörte. Quentin hatte plötzlich eine Idee.
„Meara, glaubt Ihr … ähm … glaubst Du, ob es möglich ist, dass Falk vielleicht ... also ... mitkommen kann? Ich meine nur, bis wir alles gesehen haben. Dann können wir gemeinsam entscheiden, ob ich bleibe oder ob ich wieder mit nach Balsberg gehe.“
Meara sah ihn an, als ob er von ihr verlangt hätte, nur noch auf den Händen zu laufen. Einen normalen Menschen nach Filitosa mitnehmen? Sollte das etwa die einzige Möglichkeit sein, ihn mit nach Filitosa zu bringen? Sie musste verhandeln, irgendwie Zeit gewinnen.
„Quentin, Du musst wissen, dass noch niemals – und ich meine wirklich
niemals
– ein normaler Mensch seinen Fuß nach Filitosa gesetzt hat. Es ist das am besten gehütete Geheimnis unserer Gemeinschaft, und ich hoffe, Du weißt, was Du da verlangst. Aber vielleicht … vielleicht ... ich könnte mir vorstellen, dass wir bei Deinem Meister eine Ausnahme machen könnten. Er ist sicher ein aufrechter Mann, so wie ich ihn kennengelernt habe – und so gern, wie Du ihn hast.“ Quentin wurde ein bisschen rot.
Meara holte tief Luft. „Also ich habe folgenden Vorschlag: Wir reiten zuerst einmal zusammen nach Filitosa. In der Zwischenzeit wird sich herausstellen, ob unser Oberhaupt Deiner Idee zustimmt, in Ordnung?“
Quentin nickte freudig, und sie standen erleichtert auf.
„Eine gute Entscheidung, finde ich“, sagte auch Falk und war zufrieden.
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„Bist Du verrückt?“, zischte Milan.
„Na gut, dann sag mir doch eine bessere Lösung“, verteidigte Meara bissig ihren Vorschlag. „Wie sollen wir denn sonst in weniger als einer Woche einen Lehrling finden?“
„Aber Falk ist keiner von uns!“
„Natürlich nicht, aber zur Not können wir ihn hinterher immer noch alles vergessen lassen. Ich glaube nicht, dass wir im Moment eine gute Verhandlungsposition haben!“
Milan lenkte
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