Der 7. Lehrling (German Edition)
ihm, dass die gelben Fäden Safran seien, so wie viele andere Sachen hier ein sehr seltenes Gewürz aus einem fernen Land, das dort sei Kreuzkümmel, das rote Pulver sei Paprika, die schwarzen Körner Pfeffer. Henna, Alizarin und Indigo zum Färben von Tüchern. Das, was Quentin erst für übergroße Haselnüsse hielt, wurde ihm als Muskatnuss vorgestellt, er roch zum ersten Mal in seinem Leben Zimt und Ingwer, Piment, Koriander, Cardamom und Kurkuma. Für die Hälfte seines Trinkgeldes erstand Quentin nach zähem Handeln ein wenig Koriander und eine halbe Muskatnuss. Diese Gewürze wollte er Finja mitbringen.
Immer noch schwindelig von den ganzen Düften ging es weiter.
Die Menge schob ihn auf einen größeren Platz, auf dem eine einfache Holzbühne aufgebaut war. Schausteller! Gerade trat ein Artist auf, der mit Keulen, Fackeln und allerlei anderen Gegenständen jonglierte. Quentin klatschte begeistert.
Kaum hatte der Artist seinen Auftritt beendet, da kam ein kleiner Mann in einer roten, mit vielen glänzenden Knöpfen besetzten Jacke auf die Bühne und kündigte als nächsten Künstler einen Derwisch an.
Der Derwisch war in den buntesten Farben gekleidet. Als die fremdartige Musik begann, fing er auf seltsame Art an zu tanzen. Immer schneller ging die Musik, und immer schneller wurde der Tanz. Dann fing der Künstler an, sich zu drehen. Immer schneller, immer schneller. Die weiten bunten Kleider sahen aus wie ein Regenbogen. Die Musik wurde noch schneller, aber der Derwisch hielt den Takt.
Dann plötzlich verstummten die Instrumente schlagartig, und genauso plötzlich stoppte der Derwisch mitten in der Bewegung. Quentin rechnete damit, dass er jetzt vor Schwindel in die Menge taumeln und hinfallen würde, doch der Derwisch ging mit festen Schritten zum vorderen Rand der Bühne und verneigte sich lächelnd.
Quentin war begeistert. Er hatte den Einkaufskorb zwischen seine Füße gestellt und klatschte wie wild Beifall. Die Menge tobte ebenfalls. Ein paar Schausteller gingen mit Körben umher, um Geld einzusammeln, und Quentin gab gern etwas dazu. Was für ein Spaß!
Er nahm an, dass jetzt niemand mehr kommen würde. Ein solcher Auftritt konnte einfach nicht überboten werden. Er nahm den Korb und wandte sich zum Gehen, als erneut der kleine Mann mit der roten Jacke auf die Bühne trat und mit großen, bedeutungsschweren Worten die Hauptattraktion des Wanderzirkus ankündigte: den Magier.
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Meara war sehr zufrieden. Durch die Ebene war sie viel weiter gekommen, als sie noch am Morgen angenommen hatte. Die Sonne schien heiß vom Himmel, und Meara sehnte sich nach etwas Schatten, in dem sie ihre Mittagsrast verbringen konnte.
Nicht weit vor sich sah sie einen großen, einzeln stehenden Baum, unter dessen mächtiger Krone bereits ein Fuhrwerk stand. Ein Mann machte sich am Pferdegeschirr zu schaffen.
Als Meara etwas näher gekommen war, stellte sie fest, dass das Pferd ausgespannt war und der Mann unter dem Baum im Schatten saß. Offensichtlich machte auch er eine Pause. Eigentlich legte Meara keinen Wert darauf, in ein Gespräch über woher und wohin verwickelt zu werden, aber es gab nun einmal keinen anderen Baum, so weit das Auge reichte, und so fügte sie sich in ihr Schicksal.
Kurze Zeit darauf trat sie unter die große Kastanie und grüßte den Fremden, einen jungen Mann mit einem offenen Gesicht und stahlblauen Augen. Er stellte sich als Hendrik vor und lud sie ein, sich zu ihm zu setzen.
Noch bevor Meara ihre wenigen Früchte auspackte, um eine Kleinigkeit zu Mittag zu essen, bat er, ihr etwas von seinen Vorräten abgeben zu dürfen. Er habe es nicht mehr so weit, und sein Rücken würde sich über etwas weniger Gewicht im Rucksack sehr freuen. Meara fragte lachend, warum er den Rucksack nicht auf den Wagen legte.
Da erzählte ihr Hendrik, irgendetwas würde mit dem Pferd nicht stimmen, es lahme auf der rechten Vorderhand und könne den Wagen kaum noch ziehen. Ob er es überhaupt nochmals anspannen könne, wisse er nicht. Und wie er die Ladung Kürbisse und Gurken nach Hause bringen solle, könne er auch noch nicht sagen.
Meara hatte noch gar nicht gemerkt, dass mit dem Pferd etwas nicht in Ordnung war. Nun ging sie hinüber zu dem Hengst, der unruhig im Schatten stand und es offenbar vermied, mit dem rechten Vorderhuf aufzutreten. Behutsam nahm sie seinen Kopf, streichelte über die Nüstern und beruhigte ihn mit leisen Worten. Dann tastete sie vorsichtig seinen rechten Vorderlauf ab,
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