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Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Hesse
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abgerissen zu sein. Ich kann keine weitere Beschädigung feststellen. Könnt Ihr das reparieren?“
    „Kleinigkeit, das ist bis heute Abend erledigt“, erwiderte der Zimmermann.
    Auch Quentin war hinzugetreten und besah sich das Antriebsrad. „Warum benutzt Ihr nur vier Zapfen, Meister?“ Falk sah ihn verständnislos an. „Mein Vater hat doppelt so viele Zapfen an seinem Antriebsrad. Er hat einmal gesagt, so hält es viel länger.“
    Der Zimmermann sah zu Quentin, dann zu Falk und bemerkte: „Das ist keine schlechte Idee. Wenn mehr Zapfen in den Mühlstein greifen, wird die Last, die jeder einzelne zu tragen hat, geringer. Wir verwenden bei der Verbindung von großen Sparren auch immer mehrere Zapfen, um den Druck zu verringern. Das müsste hier genauso funktionieren. Müller, ich glaube, Ihr habt einen recht gescheiten Burschen in die Lehre genommen.“ Er wuschelte Quentin durch das Haar, dass Mehlstaub seinen Kopf umwirbelte und er mehrmals laut niesen musste. Alle lachten. Falk entschied sich, Quentins Vorschlag anzunehmen.
    Quentin wurde geschickt, um den Steinmetz zu holen. Gemeinsam mit dem Zimmermann machte er einen Plan, an welchen Stellen die zusätzlichen Löcher in den Mühlstein geschlagen werden mussten. Dann wurde der schwere Stein mithilfe des Flaschenzuges von der unteren Steinplatte heruntergehoben und vorsichtig auf Holzbalken aufgesetzt.
    Der Steinmetz holte Werkzeug und einen seiner Gesellen. Dann fingen sie an, behutsam vier zusätzliche Zapfenlöcher in den Mühlstein zu schlagen.
     
    Falk beauftragte Medard, die Säcke in der Mühle zu sortieren und anschließend eine kleine Auslieferungsfahrt zu machen. Bis morgen Mittag war an eine Fortsetzung der Arbeit nicht zu denken.
    Quentin musste den Trichter leeren und die gesamte Bühne sowie die untere Steinplatte gründlich säubern. Eine solche – wenn auch unfreiwillige – Gelegenheit zum Aufräumen gab es nicht oft, und sie musste genutzt werden, so gut es ging.
     
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    Amina aß erschöpft einen Apfel. In ihrem Kopf kreisten Ortschaften umeinander wie Planeten um die Sonne. Aber auch etwas anderes ließ sie nicht los. Sie fragte Linnea: „Sag, Linnea, warum habe ich das
Zweite Gesicht
? Warum hat Adina es zum Beispiel nicht? Und warum ist es so selten?“
    Linnea lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. „Eine Menge Fragen, mein Kind. Und kaum gute Erklärungen als Antwort. Ich will Dir erzählen, was ich im Laufe der Jahre herausgefunden habe. Ob das dann alle Deine Fragen beantwortet, musst Du selbst entscheiden.“ Sie nahm sich noch eine Tasse Tee. „Zunächst einmal scheint es so zu sein, dass nur ein Zwilling das
Zweite Gesicht
haben kann. Alle Überlieferungen sind sich hierin einig. Das kann aber nicht der einzige Grund für diese ungewöhnliche Konzentration magischer Begabung sein, denn sonst gäbe es ja viel mehr Zwillinge mit dem
Zweiten Gesicht
.
    Wie Du sicher weißt, unterscheidet man zwischen ‚ungleichen‘ und ‚gleichen Zwillingen‘, also solchen, die nur zur gleichen Zeit geboren werden, und solchen, die man außerdem kaum auseinanderhalten kann. So, wie man auch Dich und Adina ständig verwechselt. Zwar sind beide gleichen Zwillinge auch immer eigenständige Menschen, aber sie sind im Gegensatz zu ungleichen Zwillingen ihr Leben lang irgendwie miteinander verbunden. Sie fühlen ähnlich, wissen, wenn es dem anderen schlecht geht, und so weiter. Außerdem sind beide entweder Jungen oder Mädchen, auch das muss bei den ungleichen Zwillingen nicht so sein. Alle Magier, die in den Aufzeichnungen mit der Gabe des
Zweiten Gesichtes
verzeichnet sind, sind gleiche Zwillinge. Es scheint diese innere Verbindung zu sein, die den Grundstein für die Begabung mit dem
Zweiten Gesicht
legt. Außerdem sind es ausschließlich Hexen. Es gibt keine einzige Aufzeichnung, die einen Zauberer mit dieser besondere Fähigkeit erwähnt.“
    Linnea nahm wieder einen Schluck Tee und wurde nachdenklich. „Das alles reicht aber wohl noch nicht aus. Ich habe viel über das Leben von Hexen mit dem
Zweiten Gesicht
gelesen, und im Laufe der Zeit wuchs in mir die Ahnung, dass die Vorfahren etwas mit dieser Gabe zu tun haben müssen. Nicht, dass es grundsätzlich entscheidend wäre, ob irgendein Vorfahre Magier ist. Du weißt, dass sowohl einfache Menschen als auch Magier Hexen und Zauberer in ihrer Nachkommenschaft haben können. Viel häufiger ist es der Fall, dass die Nachkommen
keine
magischen Fähigkeiten haben. Trotzdem glaube ich,

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