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Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Hesse
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Amina innerhalb der wenigen Wochen, die ihnen zur Verfügung standen, möglich sein würde, wirklich alle Orte auswendig zu lernen.
    So quälten sich beide Stunde um Stunde. Immerhin machte es Amina etwas Mut, dass es für Linnea genauso anstrengend zu sein schien wie für sie selbst.
     
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    Die Schmiedelehrlinge halfen heute in der Metzgerei aus, da geschlachtet wurde. So war Milan allein in der Werkstatt. Er hatte das Feuer in der Esse geschürt und setzte nun vorsichtig einen kleinen Schmelztiegel hinein. In dem Tiegel befand sich seine Halskette aus reinem Silber.
    Bevor er die Temperatur in der Esse auf Höchstleistung brachte, hatte er eine Gießform mit Gips ausgefüllt und darin ein kleines Wachsherz eingebettet.
    Nun sah er zu, wie sich die Glieder seiner Kette in der Hitze langsam verbogen und zusammensackten. Noch einmal betätigte er den Blasebalg, der Luft in die Kohle jagte und die Glut erhitzte.
    Das Silber durfte nicht kochen, weil sonst Lufteinschlüsse die Qualität des Materials verschlechtert hätten. Genauso wenig durfte es zu kalt sein, weil es sonst nicht richtig in die Form floss. Es musste auf den Punkt genau aus dem Feuer. Also beobachtete Milan den Tiegel mit voller Konzentration.
    Als die Oberfläche des geschmolzenen Silbers ihre stumpfe Farbe verlor, hell und blank leuchtete, in der Mitte absackte und scheinbar an der Wand des Tiegels emporsteigen wollte, war es so weit. Mit dicken Lederhandschuhen und einer Zange nahm Milan den Schmelztiegel aus der Glut und ging hinüber zur Gussform.
    Zügig, damit die Temperatur nicht absackte, aber trotzdem vorsichtig, leerte er den Inhalt des Tiegels in die Form. Das Wachs verdampfte unter der enormen Hitze und gab seinen Platz für das Silber frei.
    Jetzt musste die Form abkühlen. Milan nutzte die Zeit, um sich zu waschen und zum Mittagessen zu gehen, aber er brachte kaum etwas hinunter. Zu groß war die Sorge, dass er einen Fehler gemacht hatte und die ganze Prozedur wieder von vorn beginnen müsste.

Quentins Idee
    Quentin stand neben dem Mühlstein und kontrollierte den Sitz des halbvollen Mehlsackes, als er aus Richtung des Antriebsrades ein knackendes Geräusch hörte. „Meister, hier stimmt etwas nicht!“, brüllte er nach oben, wo Falk gerade einen neuen Sack Getreide in den Trichter füllen wollte. Es knackte noch einmal, diesmal wesentlich lauter.
    „Medard! Halt das Wasserrad an!“, schrie Falk zu seinem Gesellen hinüber, der draußen von einem Wagen Kornsäcke ablud. Medard ließ den Sack fallen, den er gerade in den Händen hielt, und stürzte zu dem Hebel, der das Wasserrad arretierte, aber es war bereits zu spät.
    Mit lautem Krachen gaben die hölzernen Zapfen, die von oben in den Mühlstein griffen und die Kraft aus dem Antrieb übertrugen, dem Druck nach und zerbarsten. Der Mühlstein hörte sofort auf, sich zu drehen. Das Antriebsrad holperte noch eine Umdrehung weiter, dann hatte Medard das Schaufelrad blockiert.
    In einem einzigen Satz und laut fluchend sprang Falk von der Bühne herunter. Er rammte den Schieber in den Korntrichter, damit kein Getreide mehr nachlaufen konnte. Nochmals fluchte er laut und anhaltend.
    Finja kam vom Wohnhaus herübergerannt. Da sie den Mühlstein plötzlich nicht mehr hörte, ahnte sie, dass etwas geschehen war. Sie trat neben ihren Mann und legte ihm eine Hand auf die staubige Schulter. „Was ist passiert?“
    „Die Zapfen sind wieder abgerissen“, seufzte Falk. „Das ist nun schon das dritte Mal in diesem Jahr. Hoffentlich hat das Antriebsrad keinen Schaden genommen, sonst steht die Mühle über eine Woche still.“
    Seine praktische Veranlagung siegte über den Schrecken, der ihm in die Glieder gefahren war. „Medard, hol den Flaschenzug und zieh die Welle hoch. Ich werde sie mit einem Balken abstützen. Quentin, Du machst den Mehlsack los und stellst ihn zur Seite. Pass auf, dass keine Holzsplitter hineinfallen. Wenn schon welche hineingefallen sind, such sie vorsichtig heraus. Anschließend läufst Du hinüber zur Baustelle und holst einen Zimmermann. Aber lass Dich nicht abwimmeln, schließlich haben wir ihnen unsere lange Leiter geliehen. Mir scheint, dass es an der Zeit ist, die Leihgebühr einzufordern.“
    Als Quentin mit dem Zimmermann zusammen zur Mühle zurückkam, baumelte das Antriebsrad bereits am Flaschenzug in der Mitte des Raumes, wo Falk es eingehend untersuchte. Die beiden Handwerker begrüßten sich, dann kam Falk zur Sache. „Es scheinen nur die Zapfen

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