Der 7. Lehrling (German Edition)
auf.
Mearas Mund war völlig ausgetrocknet. Sie trank hastig einen Schluck Wasser. Als sie wieder aufblickte, um sich zu verabschieden, war der Magier wie vom Erdboden verschluckt. Die Kugel leuchtete sanft zwischen ihren Fingern.
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Meara war die Lust an Gesellschaft vergangen. Sie saß in ihrer Kammer auf der Bettkante und dachte nach. Wer war dieser Magier? Warum war er nicht zusammen mit allen anderen auf der Suche? Wieso konnte sie ihn nicht früher spüren, wo er doch im selben Raum mit ihr war? Und immer wieder: Woher kannte er ihren Namen?
Meara fand keine Antworten. Sie wusste nur eins: Der Magier war ihr unheimlich. Sie würde sich in Acht nehmen, solange sie vermuten musste, dass er in der Nähe war.
So lag Meara noch lange Zeit auf ihrem Bett und grübelte. Erst als irgendwann nach Mitternacht der Regen leise an ihr Fenster klopfte, fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
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Kurz nach Sonnenaufgang war Adina beim Frühstück. Auch sie hatte in einer Herberge geschlafen und nun ihren Rucksack schon neben sich stehen. Alles bereit zum Aufbruch.
Sie schaute sich um, ob auch niemand herübersah, dann wagte sie schnell einen Blick auf ihre Karte. Zufrieden stellte sie fest, dass von Filitosa aus noch weitere rote Punkte auf allen
Speichen
auf dem Weg waren. Das konnte nur bedeuten, das die Nachzügler aufgebrochen waren. Welcher rote Punkt war wohl Amina?
Sechs anstrengende Wochen lagen vor ihr, es sei denn, der siebte Lehrling würde früher gefunden. Jeden einzelnen Tag im Durchschnitt zwei Dörfer oder eine Stadt erwandern, in der Hoffnung auf das Spüren einer Präsenz durchstreifen, weiterziehen. Sie hatte neunundsechzig Dörfer und fünf Städte auf ihrer Karte gezählt, das war ihre Aufgabe. Im Moment erschien sie ihr riesig, aber sie wusste, dass es keine andere Möglichkeit gab – und schließlich: Sie war es selbst, die die Idee gehabt hatte, oder?
Je näher die Suchkette Filitosa war, umso weiter war sie auseinandergezogen. Auf diese Weise hatte jeder in etwa das gleiche Pensum zu bewältigen. Verlief ihr eigener Weg in etwa bogenförmig, so stellten sich die Suchlinien der weiter innen eingesetzten Magier eher wie ein Stickmuster dar, hin und her und hin und her. Da war sie mit ihrer Position gar nicht unzufrieden, auch wenn sie auf einer der äußeren Bahnen insgesamt weiter zu marschieren hatte.
Beim nächsten Blick auf die Karte fiel ihr auf, dass viele der bisher grünen Punkte grau geworden waren und sich die roten Punkte bereits auf dem Weg zu ihrem nächsten Ziel befanden. Fast alle waren schon aufgebrochen! Jetzt aber los!
Sie raffte ihre Sachen zusammen, warf dem Wirt ein paar Münzen und einen herzlichen Abschiedsgruß zu und stürmte aus der Herberge nach draußen – und anschließend sofort wieder hinein, weil sie vergessen hatte, ihren Regenumhang überzuwerfen. Der Wirt bog sich vor Lachen, als sich Adina verlegen grinsend gegen das schlechte Wetter wappnete.
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Samuel machte seinen täglichen Rundgang durch die Werkstätten. Hier und da gab er ein paar kleine Hinweise oder unterhielt sich mit den älteren Magiern, die für die leitenden Lehrlinge eingesprungen waren. Insgesamt war alles in Ordnung. Als er mit seiner Runde fertig war, ging er ins Convenium zu Korbinian. Er schaute auf die große Karte an der Wand.
„So, die Suche hat also begonnen. Wie weit sind die Nachzügler?“
Korbinian deutete auf die roten Punkte, die noch auf den ursprünglichen
drei Speichen
unterwegs waren. „Hier, siehst Du die kleinen Punkte, die noch nicht in die Suchrichtung eingeschwenkt haben? Das sind sie. Ich denke, morgen abend oder übermorgen werden auch sie alle ihren Ausgangspunkt erreicht haben. Es sieht gut aus. Jetzt muss die Saat nur noch Früchte tragen.“ Er wandte sich zu Samuel um. „Wir haben zwar gerade erst angefangen, aber eines weiß ich jetzt schon: Die Warterei wird mir einige weitere graue Haare bescheren ...“
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Für den heutigen Tag war der letzte Sack Mehl gemahlen. Es regnete und regnete. „Der einzige Vorteil bei so einem Wetter ist, dass sich der Staub in Grenzen hält“, hatte Falk irgendwann gegen Mittag gesagt. Medard war noch schweigsamer als sonst. Quentin glaubte, dass der erste Geselle heute noch keine zwei zusammenhängenden Sätze von sich gegeben hatte.
Als sie alles aufgeräumt hatten, schaute Falk noch einmal in den Himmel. „Das sieht nicht danach aus, als könnten wir uns in den nächsten Tagen auf anderes
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