Der 7. Lehrling (German Edition)
hatte. Was das Mädchen da machte, war lebensgefährlich! Sie versuchte mit aller Kraft, den Gedanken aus ihrem Kopf zu drängen, aber es gelang nicht. Wieder und wieder dröhnte er durch ihren Verstand.
Amina bebte. Speichel lief ihr aus einem Mundwinkel. Ihre Augen waren halb geöffnet, aber nur das Weiße war zu sehen. Sie war vollkommen weggetreten.
Linnea wurde fast verrückt vor Angst.
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Samuel und Korbinian saßen zusammen im Convenium, als sie sich beide gleichzeitig an den Kopf griffen. Aminas Gedanke erwischte sie so laut, dass sie beinahe vor Schmerz und Überraschung aufgeschrien hätten.
„Was macht sie da?“, brüllte Korbinian seinem Freund zu. „Was will sie mit diesem Heilkräuterspruch?“ Samuel hielt sich weiter mit verzerrter Miene den Kopf und zuckte mit den Schultern.
Es hörte und hörte nicht auf.
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Quentin saß vor dem Mörser, den Kopf auf den Händen und weinte. Alles, was er dachte war:
Was fehlt? Was fehlt noch?
Zuerst ganz leise, dann immer lauter stahl sich ein Gedanke in seinen Kopf und ließ ihn aufhorchen.
Die Hand auf den Mörser. Konzentrieren.
Hridæ
lennan
. Die Hand auf den Mörser. Konzentrieren.
Hridæ
lennan
. Die Hand auf den Mörser. Konzentrieren.
Hridæ
lennan
.
Das musste es sein.
Das war's! Ja, das war's bestimmt
, denn es fühlte sich
richtig
an! An irgendeine unsichtbare Macht sandte er ein aus tiefstem Herzen kommendes
DANKE!
Der Gedanke riss fast im selben Moment ab.
Quentin legte die Hand auf den Mörser. Dann konzentrierte er sich und murmelte leise die Worte „
Hridæ
lennan
!“.
Er blickte in den Mörser und sah: nichts. Kein Leuchten, keine Veränderung an dem Kräuterbrei. Aber als er die Hand erneut auf den Mörser legte, um den Spruch zu wiederholen, spürte er, dass es nicht notwendig sein würde. Dieses Mal fühlte es sich
vollständig
an.
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Aminas Kopf schlug ungebremst auf den Tisch und blieb bewegungslos liegen. Blut lief ihr in einem feinen Rinnsal aus der Nase. Linnea taumelte mit einem lauten Pfeifen in den Ohren zu ihr hinüber. Fühlte ihren Herzschlag.
Zum Glück schlägt es noch, wenn auch schwach.
Sie zerrte das Mädchen hoch und hinüber zu ihrem Bett.
Sie muss völlig wahnsinnig sein! Wie kann sie so etwas tun, ohne es zu üben? Wie kann sie das machen?
, dachte sie und merkte dabei nicht, wie ihr dicke Tränen der Sorge die Wangen herunterliefen.
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Korbinian und Samuel sprangen gleichzeitig auf, als es plötzlich vorbei war. „Um der Sonne und des Mondes willen! Hoffentlich hat sie sich nichts getan!“, rief Korbinian und rannte zur Tür. Samuel war direkt hinter ihm.
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Langsam und vorsichtig goss Quentin das heiße Gänseschmalz unter ständigem Rühren in den Kräuterbrei. Wieder kamen ihm Zweifel. Hatte ihm sein übermüdeter Kopf am Ende nur einen Streich gespielt? Vielleicht hatte er es sich so sehr gewünscht, eine Heilsalbe herzustellen, dass er fantasierte?
Als die Salbe im Mörser fertig war, zögerte er noch einmal. Dann gab er sich einen Ruck und trug ihn nach oben zu Finja.
Falk machte ihm Platz. Er griff ihm wieder auf die Schulter und nickte aufmunternd. Quentin nahm ein wenig Salbe mit seinem Finger aus dem Mörser und verstrich sie gleichmäßig auf Finjas Hals. Immer weiter, bis der Mörser leer war. Dann drehte er sich unsicher zu Falk um und nickte. „Fertig.“
„Dann komm.“ Falk ging ihm voran die Treppe hinunter. In der Küche goss er beiden einen Tee ein. Sie setzten sich an den Küchentisch. Keiner von beiden sprach ein Wort. Keiner rührte seinen Becher an. Irgendwann spät in der Nacht lagen beide mit dem Kopf auf den Armen am Tisch und schliefen.
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Finja schlug verwirrt die Augen auf. Draußen begann gerade die Morgendämmerung. Im farblosen Zwielicht des beginnenden Tages stellte sie fest, dass sie sich in ihrer Schlafkammer befand. Falk war nicht im Bett. Er war bestimmt schon aufgestanden, weil ... Ja, warum? Dann fiel es ihr wieder ein. Sie war krank, hatte einen schlimmen Husten gehabt. Und Fieber. Aber nun fühlte sie sich besser.
Sie hatte Durst. Großen Durst! Als sie den Kopf drehte, um auf ihrem Nachttisch nach etwas Tee zu suchen, spürte sie trockene Krümel unter ihrem Hals. Sie tastete mit der Hand danach und nahm etwas zwischen die Finger, um es näher zu betrachten. Im Halbdunkel schien es irgendwie grünlich zu sein, roch nach Kräutern.
Langsam kam die Erinnerung an das Gespräch mit Quentin zurück. Er hatte
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