Der 8. Februar (German Edition)
wurden so verschont.
Zu Weihnachten 1949 bekam ich einen Schlafanzug, hellblau mit kleinen Blümchen und ich war sehr glücklich und dankbar. Ein vergessenes Kleidungsstück, denn seit fast fünf Jahren hatte ich keinen mehr angehabt, konnte mich aber schnell daran gewöhnen. Wieder war ein kleiner Schritt weiter in die Normalität getan.
Die Gerberei in Rimbeck
1950 war ich sechzehn Jahre alt und Mama teilte mit Ruth und mir den Lohn für ihre Nebenarbeit. Es war der Gerblohn von Nachbarn für Kaninchenfelle oder auch einmal für ein Rehfell vom Förster. Das war für Jahre unser einziges Einkommen. Davon kauften wir uns unsere Kleidung, das heißt wir mussten lange sparen, ehe wir uns einen Stoff kaufen konnten. Manchmal konnte ich mir dann in der Nähstunde im katholischen Schwesternhaus einen Rock nähen. Einmal nähte ich sogar die erste Hose aus einer getragenen Männerhose für mich. Papa hatte sie geschenkt bekommen, sie war aber zu kurz und zu weit. Den Futterstoff für unsere Motorradhauben, Handschuhe und Jacken holte ich zu Fuß aus Scherfede vom Kaufhaus Simon. Einmal hatte ich wieder nichts im Portemonnaie, als ich dringend Geld für einen Blumenstrauß für meinen Freund Bernhard brauchte, der mit einer Blinddarmoperation im Scherfeder Krankenhaus lag und sich ein paar Schneeglöckchen aus dem Garten gewünscht hatte. Ich konnte keine finden und wusste mir keinen anderen Rat als an unsere Betriebskasse zu gehen und mir achtzig Pfennige zu leihen. Damit ging ich zur Gärtnerei Ortwein und kaufte ein Sträußchen Primeln, das ich Bernhard ins Krankenhaus brachte. Es belastete mich so lange, bis ich das Geld zurückgeben konnte, und ich habe dieses Ereignis bis heute nicht vergessen.
Als die nähere Umgebung mit Lederhosen im bayrischen Design versorgt war, hatten wir keine Aufträge mehr, aber Stapel von fertigen Hosen. Die Sommerferien begannen und ich überlegte mit Thea, wie wir den Verkauf ankurbeln könnten. Wir wollten in die weitere Umgebung von Haus zu Haus gehen, Muster vorlegen und so das Geschäft retten. Papa gab uns zu bedenken, dass man dazu einen Gewerbeschein haben müsste. Ich fragte den Rimbecker Polizisten Herrn Hohenstein danach und er sagte, wenn wir nur einmal probieren wollten, würden wir sicherlich nicht angezeigt werden, wir sollten uns nur nicht auf ihn berufen. Papa fuhr uns bis nach Wethen vor das Dorf und dann marschierten wir los. Wir gingen durch alle Straßen und Gassen, aber es war nur ein kleiner Ort und schnell waren wir mit mäßigem Erfolg am Ende angelangt. Der nächste Ort war Rhoden, von dem wir mehr Aufträge erwarteten. Wir gingen auch hier von Tür zu Tür und priesen unsere Ware an. Es klappte auch ganz gut und gegen vier Uhr nachmittags war unser Auftragsbuch voll. Von Rhoden aus gingen wir zu Fuß nach Hause, nachdem wir am Straßenrand unseren mitgebrachten Proviant verzehrt hatten. Eigentlich hatten Thea, zwei Näherinnen und ich eine Fahrradtour geplant, nur ich hatte kein Rad und die Jugendherbergen waren noch geschlossen. Wir wussten nicht, wie wir die Übernachtungen organisieren sollten. Jeder kramte seine Verwandten und Bekannten zusammen, aber es ließ sich nichts organisieren. Wir hatten nur ganz wenig Geld und konnten so keinen Urlaub machen. Stattdessen fuhren die beiden Elisabeths, Hilde und ich am Sonntag an den Diemelsee. Ich konnte mir ein Rad leihen und nach der Frühmesse ging es los. Wir hatten einen schönen Tag, badeten, aßen unsere Brote und unterhielten uns über alles Mögliche. Auf dem Heimweg hatten wir dann aber Pech mit Elisabeths Fahrrad. Plötzlich verlor das Hinterrad Luft und war sehr schnell platt. Wir befanden uns noch vor Wrexen und die Zeit lief gegen uns. Etwa sieben Kilometer nach Rimbeck waren noch zurückzulegen und Elisabeth musste unbedingt zur Abendandacht zurück sein! Wir konnten den Schlauch nicht reparieren und mussten ganz schnell einen Plan haben. Da wir uns mit dem Schieben des kaputten Rades abwechselten und jeweils so schnell liefen, wie die anderen drei fuhren, kamen wir pünktlich an und Laudages merkten von alledem nichts.
Im November 1950 gingen wir zu Freunden, die eine größere Küche hatten und lernten dort tanzen. Ein paar der Jugendlichen aus dem Dorf zeigten uns die Schritte, und ich meine, wir stellten uns ganz gut an. Es gab nur wenige, die in die Tanzstunde gehen konnten. Wir hatten, wie die meisten Familien, kein Geld für solche Extravaganzen. Es gab einen
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