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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeron North
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alle ausreisen und wurden so wieder nach vierzehn Jahren mit dem Vater vereint. Das Haus und die Landwirtschaft gingen dadurch natürlich verloren.
       Im Winter 1948 hatte ich einen bösen Unfall. Ich fiel in der Pause mit dem Kopf auf einen Stein im Schulhof und wurde mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung in Begleitung einer Mitschülerin nach Hause geschickt. Eine Krankenschwester wickelte mir einen Verband um den Kopf und ich sollte zwei Wochen im Bett liegen und nicht lesen. Zita und ich tauschten unsere Mäntel, da ihrer eine Kapuze hatte und somit den Verband verdecken konnte. Für mich war das der letzte Schultag, die Verabschiedung habe ich nicht mehr miterlebt. Als ich wieder aufstehen durfte, fragte mich Papa, ob ich Ärztin werden wollte. Ich wusste nicht, ob ich wollte und so sagte er:
    „Lehrerin brauchst du nicht werden und dich mit den Kindern anderer Leute herumärgern.“
    Nur Ärztin hätte gereicht und er fügte hinzu;
    „Wir haben kein Geld für ein Studium, aber wir würden dafür arbeiten, dass du studieren kannst.“
       Meine Zeugnisse waren immer besser geworden, ich hatte nur „sehr gut“ und „gut“ in allen Fächern, kein „befriedigend.“ Für eine Anmeldung hätte es gereicht. Ich wollte nicht, dass alle für mich arbeiten sollten, denn wie sollte ich wissen, ob ich es schaffen könnte?
    In Scherfede konnte man günstig Land kaufen. Das Gebiet hieß „Auf der Walme“ und es handelte sich um jeweils zwei bis drei Morgen. Papa schaute es sich an, hielt es aber für seine Zwecke für unbrauchbar. Auf einem unserer Spaziergänge zeigte ich Papa die Stellen vor dem Weißen Holz, wo wir Bucheckern gesammelt hatten. Papa war noch immer krank und hatte Wasser in den Beinen. Er hielt Ausschau nach geeigneten Räumen für eine Gerberei und fand eine ehemalige Brennerei in Rimbeck. Es gab dort zwei Kellerräume, die er mietete und beim Schreiner Fuest bestellte er zwei sogenannte Haspel, das sind Behälter für die zu gerbende Ware. Aufgrund seiner Schwerbeschädigung durfte er sich nicht selbständig machen und so wurden Mama Komplementärin und Ruth und ich Kommanditisten einer Maiwald KG. So konnten wir einen Aufbaukredit beantragen, um eine Entfleischmaschine anzuschaffen. Zuerst arbeiteten unsere Eltern allein und gerbten Wildware für Kürschner, die sie auch zurichteten. Mama und ich holten Säcke mit Rohfellen mit dem Handwagen vom Güterbahnhof in Scherfede ab. Papa beschloss dann Leder herzustellen, weil es nicht genügend Wildware gab. Er kaufte gebrauchte Nähmaschinen und im ersten Stock des Gebäudes wurde eine Näherei eingerichtet. Bald darauf wurden fünf Näherinnen eingestellt und ich wurde Zuschneiderin. Die Schule musste ich dafür abbrechen, was mir nicht leichtfiel. Aus war der Traum vom Studium. Vikar Weber borgte uns seine kleine Kofferschreibmaschine, auf der Ruth die Korrespondenz erledigte. Sie kümmerte sich auch um die erste Buchführung. Von der Firma Deuter bekam Papa dann noch ein Paar Schuhe, nachdem er sich dort gemeldet hatte. Für Deuter hatte er schon in Heidau gearbeitet.
       Für die Schnitte war Thea zuständig, die eine Gewerbeschule in Kassel besucht hatte. Sie war zehn Jahre älter als ich und hatte während des Krieges bei der Reichsbahn gearbeitet. Als dann die Männer aus der Gefangenschaft zurückkehrten, gab sie ihre Stelle dort freiwillig auf, die dann von einem arbeitslosen Familienvater besetzt wurde. Sie war meine große Freundin und wurde von allen sehr geschätzt. Sie heiratete mit dreißig Jahren, als ihr Verlobter spät aus der Gefangenschaft kam.
       Später erzählte Papa, er wollte Ruth einem jungen Kameraden aus der Gefangenschaft vorstellen, weil er sich als Nachfolger im Betrieb eignen könne. Papa legte diese Idee aber dann zu den Akten, als er sah, dass sich Ruth schon mit Heinz aus Scherfede verloben wollte. Es gab immer noch keine Arbeit für Ruth, sie war inzwischen einundzwanzig Jahre alt und fand nach der Keramikmalerei keine neue Anstellung.
       Ende 1948 bekam ich dann ein paar braune Halbschuhe aus einem Warburger Schuhgeschäft, die mir gut gefielen. Einen ordentlichen Wintermantel hatte ich aber immer noch nicht. Von meinem Taschengeld, das ich als Zuschneiderin verdiente, kaufte ich einen Rest Mantelstoff im Kaufhaus Simon, und Thea nähte mir daraus einen Mantel. Er hatte angeschnittene Ärmel, keinen Kragen und kein Futter, das Material reichte nicht. Zur selben Zeit bekam Elisabeth auch

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