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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Flugtraum. In Flugträumen hatte man einen Körper, aber in diesem Fall war das nicht so. Ihr Körper lag da unten und wurde von Ärzten und Schwestern mit Gesichtsmasken und Operationskitteln versorgt. Sie war hier oben, außerhalb ihres Körpers, körperlos.
    Seltsam ruhig beobachtete sie, wie man ihr Blut entnahm, sie analysierte und überprüfte und dann eine Transfusion vorbereitete. Ihr fiel auf, dass sie die ganze Zeit nicht blinzelte.
    Aber natürlich konnte man nicht blinzeln, wenn man zusah ohne Augen zu haben.
    Jemand da unten gab ihr eine Spritze. Sie konnte nicht genau hören, was da gesagt wurde, und als sie es hörte, verstand sie es nicht. Plötzlich wusste sie, für was die Spritze gut war.
    Sie sollte bewirken, dass sich ihre Gebärmutter zusammenzog.
    Ihr Körper musste ihr das gesagt haben, obwohl sie ihn nicht spürte. Sie spürte überhaupt nichts. Es passierte alles dort unten.
    Dort unten krümmte und wand sich ihr Körper. Sie meinte, ihr müsste von der ganzen Sache eigentlich schlecht werden, aber dem war nicht so. Es war hässlich und blutig und wenn da jemand anderer liegen würde, dann hätte sie sich sicher übergeben. Aber es war niemand anderer, es passierte mit ihr.
    Und es berührte sie nicht.
    Dann, als die ganze Sache schon langweilig und ermüdend wurde und sie fühlte, wie sie in eine seltsame apathische Leere abglitt, sah sie etwas, das sie mit einem Ruck wieder aufleben und begreifen ließ, was da unten vorging.
    Sie sah das Kind. Ihr Kind. Darauf war sie nicht vorbereitet.
    Wie weit es schon ausgebildet war. Wie ein Mensch. Viel grö
    ßer als sie gefühlsmäßig erwartet hätte, obwohl sie rein vom Verstand her natürlich gewusst hatte, dass es diese Größe haben musste, zwanzig, fünfundzwanzig Zentimeter. Ihr totes Kind. Ohne weitere Beachtung in eine Plastikschüssel gelegt.
    Für den Abfall.
    Das Schlimmste war, dass sie nicht wegsehen konnte.
    Wie kann man von etwas wegsehen, das sich im eigenen Kopf abspielt. Es gibt kein Versteck.
    Irgendwie verging die Zeit. Oder sie entglitt ihr unbeachtet, denn auf einmal wurde sie einen Gang hinuntergeschoben in ein Wachzimmer. Sie schaute zu, wie sie von der Tragbahre ins Bett gelegt wurde. Neben dem Bett standen Kontrollgeräte, die aber nicht angeschlossen wurden. In einer Ecke stand etwas, das sie für ein Reanimierungsgerät hielt. Es herrschte Stille in dem Raum.
    Jetzt war alles vorbei, dachte sie. Man hatte alles in Ordnung gebracht und ein Arzt und eine Schwester beugten sich über sie und flüsterten. Beim Hinuntersehen bemerkte sie, dass deren Gesichter Vertrauen erweckend aussahen.
    Der Arzt war mit etwas nicht zufrieden. Es folgte eine weitere, kurze Untersuchung, dann murmelte er etwas zu der Schwester.
    Auf einmal, Tessa wusste nicht, warum, verstand sie, was gesprochen wurde. Sie sprach nicht die Sprache, also wie konnte sie es in allen Einzelheiten verstehen?
    Die Antwort darauf war wieder die, dass alles sich in ihrem Kopf abspielte. Es war ihre Furcht, die zu ihr sprach, ihre beständige, nicht auszuräumende Furcht, dass man ihr das Medikament gäbe, das sie umbringen würde.
    Davon sprach der Arzt in diesem Moment. Penizillin. Der Arzt meinte, dass er ihr zur Sicherheit eine größere Dosis Penizillin geben wollte. Sehen Sie ihr Krankenblatt durch, ob es da Schwierigkeiten geben kann.
    Das Krankenblatt? Was bedeutete das? Die Aufzeichnungen, die sie im Verlauf ihres Aufenthalts gemacht hatten, gaben keinen Hinweis auf Penizillin, wie konnten sie auch? Und sie trug kein Notfallarmband und führte keinen anderen Hinweis darauf bei sich. Man hatte ihr gesagt, dass die meisten Leute mit ihrer Art von Allergie es nicht taten, obwohl es eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme war. Doch sie hatte die Vorstellung wie ein Invalide gebrandmarkt herumzulaufen nicht gemocht. Außerdem war sie in der neuen Datenbank der Europäischen Union erfasst. Wenn man Helen glauben durfte, deren Praxis seit sechs Monaten daran angeschlossen war, dann war dies die erste sinnvolle Sache, die aus Brüssel gekommen war. Sie erinnerte sich noch daran, dass Helen ein paar schräge Scherze über den Umstand gemacht hatte, dass die Unterlagen all ihrer Patienten in aller Welt mit einem einfachen Telefonanruf abgerufen werden konnten, und darüber, dass sie nun schließlich doch noch ihrer Freundin ins Computerzeitalter gefolgt war.
    Als sie jetzt genauer hinhörte, weniger hörte als sich darauf konzentrierte, bemerkte Tessa, dass die Leute, die

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