Der 8. Tag
ins Gefängnis. Ich denke, ich war zu jung um ins Gefängnis zu kommen.
Das Krankenhaus war in Ordnung, das Beste daran war, dass ich nach drei Jahren herauskam. Ein paar Jahre stand ich noch unter Aufsicht, danach war ich wieder mein eigener Herr.
Damals habe ich mich auch wieder für Computer interessiert.
Wenn man alles in Betracht zieht, dann habe ich mich nicht schlecht gehalten.«
»Du hast dich sehr gut gehalten.«
»Verstehst du, sie hatte mich seit der Geburt nicht mehr gesehen. Mein Gott, seit der Geburt! Sie ließ mich bei ihren Leuten und dann: auf Wiedersehen. Doch das nahm ich ihr nie übel. Ich konnte mir vorstellen, wie es für sie gewesen sein musste; für eine junge, schöne Frau wie sie. Das letzte, was man da will, ist ein Kind, das einem am Rockzipfel hängt. Ich hätte mir nur gewünscht, dass sie mich nicht bei ihren Eltern gelassen hätte. Ihr Vater und ihre Mutter waren schreckliche Menschen. Mann, wie ich verstehe, dass sie unter allen Umständen da weg wollte. Als ich älter geworden bin, haben sie mir gesagt, sie wäre tot. Erst als ich diese Schachtel mit alten offiziellen Schriftstücken auf dem Boden fand, erkannte ich die Wahrheit. Eines war über die Änderung ihres Testaments, sodass dieser Fernsehprediger, dem sie verfallen waren, alles erbte statt ihrer. Sie schauten sich diesen Kerl die ganze Zeit an, morgens, mittags, abends. Sie bestellten dauernd Bibeln mit persönlicher Widmung, geweihte Gebetbücher und eine ganze Menge anderen Plunder. Und die ganze Zeit lang schickten sie ihm Geld. Ich habe mich gewundert, dass überhaupt noch etwas zum Vererben da war, denn mein Großvater war nur ein Fahrkartenverkäufer bei der Eisenbahn. Egal, darum ging’s nicht. Es ging darum, dass sie bestimmt hatten, dass ihre Tochter bei ihrem Tod nichts bekommen würde.
Auch sollte der Sohn ihrer Tochter, das war ich, nichts bekommen. Sie behaupteten, dass sie ihre Pflicht gegenüber Gott schon damit erfüllt hätten, dass sie mir ein Zuhause gegeben hatten. Ein Zuhause.«
»Das muss schrecklich gewesen sein.«
»Für meine Mutter muss es noch schlimmer als für mich gewesen sein. Als sie noch ein Kind war, mussten ihre Eltern ja noch jünger gewesen sein, aber schon genauso beschränkt.
Ich glaube, junge beschränkte Menschen sind schlimmer als alte, was meinst du?«
»Ist möglich.«
»Sie spielten verrückt, als sie herausfanden, dass ich diese Schriftstücke gelesen hatte. Sie haben mir auch dann nichts gesagt, außer dass es schlimmer sei, als wenn sie tot wäre. Da begann ich nachzudenken. Was könnte schlimmer sein als tot?
Das fragte ich mich wirklich, also versuchte ich herauszufinden, wo sie war. Alles, was ich von ihr hatte, war ihre Sozialversicherungsnummer, die in einem der Briefe stand, die ich gefunden hatte. Es war nicht einfach.«
»Aber du hattest Erfolg.«
»Da war dieser ehemalige Hippietyp, der uns an der Schule an Computern unterrichtete. Die meisten waren nicht sonderlich interessiert, aber ich hängte mich wirklich rein. Vorläufer des Internet gab es schon in den Sechzigern, doch nur eine Hand voll Leute wussten, wie man sie nutzen konnte. Und natürlich waren bei weitem nicht die Mengen an Informationen verfügbar wie heute. Als ich anfing, waren wir in den späten Siebzigern, verstehst du?«
»Ich verstehe.«
»Auf der anderen Seite waren die Daten aber wesentlich weniger geschützt als heute. Am einfachsten kam man an Adressenlisten. Weißt du, jede Bank und jedes Kreditkartenunternehmen, einfach alle, verkauften ihre Kundenlisten an Agenturen, die sie wieder zu Werbezwecken weiterverkauften. Man konnte eine Menge herausbekommen, wenn man sich durch dieses Zeug wühlte. Aber egal, ich fand ihre Adresse in San Francisco heraus. Meinen Großeltern habe ich gesagt, ich ginge in ein Sommerlager, und sie waren froh mich für eine Weile los zu sein. Dann machte ich mich nach San Francisco auf.
Ganz alleine. Ich kann dir sagen, ich hatte eine ganz schöne Angst.«
»Du warst sehr mutig.«
»Ein paar Tage trieb ich mich nur herum, beobachtete sie und folgte ihr. Dann fand ich heraus, was sie machte, und alles lief schief.«
»Aber am Ende war doch alles gut.«
»Sicher, seit langer Zeit läuft jetzt schon alles gut. Eine Zeit lang habe ich wieder versucht sie ausfindig zu machen, was wohl etwas merkwürdig war, wo sie doch tot war und so.
Doch dein Verstand kann dir schon seltsame Streiche spielen.«
»Das ist wahr.«
»Ich habe festgestellt, dass all
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