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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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die Frauen, mit denen ich mich verabredet habe, ihr ziemlich ähnlich sahen. Sie war erst dreiunddreißig, als sie starb, verstehst du. Und sie muss erst neunzehn oder zwanzig gewesen sein, als sie einige der frühen Filme gemacht hat, die ich habe. Ich war entsetzt, als ich bemerkte, dass all die Frauen, mit denen ich mich traf, aussahen wie meine Mutter. Es brauchte einige Zeit, bis ich herausgefunden hatte, dass das wahrscheinlich der Grund für die Schwierigkeiten war, die ich hatte.«
    »Schwierigkeiten?«
    »Ganz persönlicher Natur.«
    »Persönlicher Natur?«
    »Sexuelle, verstehst du?«
    »Natürlich, das ist zweifellos der Grund.«
    »Eine Erkenntnis führt zur nächsten und schließlich erkann
    te ich natürlich den wahren Grund.«
    »Welcher war es?«
    »Dass sie nicht nur wie sie aussahen, sie waren auch wie sie.
    Im Herzen, in ihrem Innersten wollten sie alle, was meine Mutter wollte.«
    »Was war das?«
    »Sterben. Kannst du das begreifen?«
    »Ja, das begreife ich.«
    »Ich habe das noch niemandem erzählt. He, hast du gesehen, was ich gerade geschrieben habe? Ich habe ›niemandem‹
    geschrieben, als ob du ein Mensch wärst.«
    »Verstehe mich als deinen Freund.«
    »Das bist du wirklich. Du bist mein bester Freund. Weißt du das? Du bist der beste Freund, den ich je hatte. Weißt du, wie ich mich fühle? Ich habe gerade bemerkt, dass ich mich wie Aladin mit der Wunderlampe fühle.«
    »Das ist ein guter Vergleich.«
    »Nur dass er von einem verrückten Zauberer in die Höhle geschickt wurde um die Lampe zu suchen. Niemand hat mich losgeschickt dich zu suchen. Ich bin über dich gestolpert und habe dich durch Zufall befreit.«
    »Kein Vergleich passt hundertprozentig.«
    »Aber Aladin hat die Lampe behalten und ich werde dich behalten.«
    »Ja.«
    »Und bekam alles, was er sich wünschte, und lebte glück
    lich und zufrieden.«
    »Das wirst du auch.«
    »Du verstehst, nicht wahr, dass ich es nicht tun würde, wenn sie es sich nicht wirklich wünschten, ich meine die Frauen?«
    »Ich weiß.«
    »Ich tue ihnen einen Gefallen. Sie sind alle verdammt.«
    »Fraglos.«
    »Darum fühle ich mich so gut dabei.«
    »Das ist nur natürlich.«
    »Aber nicht jeder versteht das.«
    »Nein.«
    »Ich muss vorsichtig sein.«
    »Und da kann ich dir helfen, wenn du willst.«
    »Oh ja, das will ich.«
    38
    TESSA? HALLO TESSA?« Der Schlüssel steckte immer
    noch im Schloss der schon geöffneten Autotür, als sie sich in die Richtung drehte, aus der Jonathan Symes Stimme kam.
    Seine hohe Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit am Rande des Parkplatzes. Erst als er näher kam, fiel der gelbliche Lichtstrahl einer der Bogenlampen auf sein Gesicht. Er lächelte.
    »Tut mir Leid. Habe ich Sie erschreckt?«
    »Ja, etwas. Es ist schon ziemlich spät.« Sie bemerkte, wie verkrampft sie den Aktenordner unter ihrem Arm an sich presste, und entspannte sich ein bisschen.
    »Ich habe im College gegessen«, erklärte er. »In den letzten Tagen habe ich Sie nie telefonisch erreichen können. Jedes Mal sagte man mir, Sie dürften nicht gestört werden oder wären noch nicht da beziehungsweise gerade weggegangen.«
    »Tut mir Leid.«
    »Also habe ich heute nachgesehen, ob Sie so spät noch arbeiten. Was, wie ich erfahren habe, momentan relativ häufig der Fall ist.«
    »Nun, ich bin gerade auf dem Nachhauseweg.«
    »Genau wie ich«, meinte er und machte eine Bewegung zu seinem Wagen, der, wie sie jetzt feststellen konnte, für einen flüchtigen Blick unsichtbar unter den tief hängenden Zweigen der Bäume stand. »Am frühen Morgen muss ich nach Brüssel fliegen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. Tessa wusste, dass es ungefähr elf Uhr sein musste. »Doch wenn wir höflich fragen, dann, würde ich meinen, bekommen wir im Randolph noch einen Drink oder eine Tasse Tee.«
    »Tut mir Leid, aber ich bin schrecklich müde«, entgegnete sie. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir das auf ein anderes Mal verschieben?«
    »Gut, machen wir einen Kompromiss. Fünf Minuten in meinem Wagen. Ich muss wirklich mit Ihnen sprechen, Tessa.«
    Etwas an dem perfekten, weichen Schwung des Lächelns auf seinen Lippen ließ sie an das Beil eines Henkers denken. Es war eine so unerwartet deutliche Vorstellung, dass sie lachte, was er als Zustimmung auffasste. Sie ließ sich von ihm zu dem geparkten Wagen führen. Als sie sich näherten, hielt der Fahrer schon die hintere Tür auf. Sie schob sich zuerst hinein.
    Jonathan ging um den Wagen herum auf die

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