Der 8. Tag
war stolz auf ihre Beine. Sie war stolz auf ihren ganzen Körper. Sie trieb jeden Tag Sport, rauchte nicht und nahm auch sonst keine Drogen, außer mit Freunden zusammen einen gelegentlichen Joint oder etwas Koks, und sie trank kaum Alkohol. Sie war zweimal verheiratet gewesen, hatte aber keine Kinder. In jeder Stadt der Welt würden sich die Männer tottrampeln um sich mit ihr zu verabreden, doch hier in Hollywood war die Konkurrenz zwischen den Frauen hart um an die Sorte von Männern ranzukommen, auf die Frauen wie sie es abgesehen hatten. Dazu kam noch, dass sie achtundzwanzig war, was nicht bedeutete, dass sie schon aus dem Rennen war, doch ihr war nur zu deutlich bewusst, dass die neuen Mädchen in der Stadt mit jedem Tag jünger aussahen. Von ihrer Karriere erwartete sie nicht mehr allzu viel. Eine kleine Rolle in einer Fernsehserie war ungefähr das Beste, was sie zur Zeit erwartete, und selbst wenn der Termin an diesem Nachmittag nicht dazu führen würde, dann hätte sie zumindest Jack getroffen. Und Jack, so hatte sie bereits entschieden, würde ihr vollauf genügen.
»Sie haben eine Menge Verehrer in unserem Betrieb«, erklärte Jack. »Diese Szene, die Sie letztes Jahr in dem Fernsehfilm hatten, wie war doch gleich der Titel? Wo Sie die Frau in dem Hotelflur gespielt haben, nachdem die Polizei gesagt hatte, es wäre eine Bombe im Gebäude… «
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Sie waren in dieser Szene große Klasse. Jeder hat das gesagt. Bob Levy, das ist mein Partner, sagte zu mir, ›Jack, wir müssen mit diesem Mädchen etwas machen.‹«
»Nett, dass Sie das sagen, Jack.«
Während sie sprach, bemerkte sie, dass Jack nach rechts abbog anstatt weiter geradeaus zur Fox zu fahren.
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, Ihre Büros befinden sich auf dem Gelände der Fox, Jack«, bemerkte sie.
»Stimmt. Wir erledigen solche Termine lieber im Haus meines Partners in Bel Air am Bellagio Drive. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus?«
»Nun, ich weiß nicht, das war mir nicht bekannt… « Sie verspürte kurz eine leichte Beunruhigung, doch das hielt nicht lange an. Nichts auf der Welt hätte weniger bedrohlich sein können als dieser Porsche und der höfliche, gut gekleidete und gut aussehende junge Mann neben ihr. Und außerdem, wenn sie auch nur das geringste unangenehme Gefühl verspürte, dann wäre nichts leichter als an einer Ampel oder während der quälend langsamen Fahrt durch Beverly Hills aus dem Wagen zu springen. Sie konnte schon auf sich aufpassen.
»Aus diesem Grund sollte meine Assistentin auch die Agentur anrufen, wobei wir dann feststellten, dass Sie die falsche Adresse hatten. Der Grund dafür ist, dass Walter Kessel es nicht mag, mit Leuten in einem Büro zu sprechen. Er meint, es wäre zu förmlich.«
»Walter Kessel, der Regisseur?«
»Ich kenne keinen anderen.«
»Ich treffe Walter Kessel?« Sie konnte den Ausdruck fast kindlicher Freude in ihrer Stimme nicht unterdrücken. Walter Kessel hatte vor kurzem den Sprung vom Autorenfilm in Belgien ins kommerzielle Hollywood geschafft und war zur Zeit einer der zwei, drei heißesten Namen in der Stadt.
»Ihm hat das Material, das wir ihm von Ihnen gezeigt haben, gefallen«, teilte Jack ihr mit. »Lassen Sie mich ein bisschen von dem Film erzählen, den wir drehen wollen, denn ich bin davon überzeugt, auch Bob Levy ist es und, glauben Sie mir, Walter wird auch davon überzeugt sein, dass Sie die perfekte Besetzung für die Rolle sind… «
40
DIE BEDEUTUNGSVERSCHIEBUNG VOM Materiellen
hin zum Deskriptiven ist der Hauptunterschied zwischen der klassischen und der Quantenphysik.«
»Stammt das Zitat von einer bestimmten Person?«, fragte Tessa.
»Es ist die Essenz vieler Aussagen. So zum Beispiel ›Wir sind Wesen, deren Sein dann besteht, nicht zu sein.‹ Das wird Simone de Beauvoir zugeschrieben, aber ich kann unzählige Entsprechungen finden.«
»Es gibt da eine Bemerkung von Sir James Jeans, wie hat er doch gleich gesagt? ›Je genauer wir das Universum studieren, desto mehr erweckt es den Anschein von einem reinen Mathematiker entworfen zu sein… ‹« Sie verstummte und versuchte sich an den Rest zu erinnern.
»… und ähnelt immer weniger einer großen Maschine und immer mehr einem großen Gedanken«, beendete das Programm den Satz für sie.
»Vergiss aber nicht Eddington«, warf Tessa ein. »›Der Stoff des Universums ist der Gedanke.‹ Wir können endlos weitermachen und kommen dabei immer wieder auf denselben Punkt,
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