Der 8. Tag
unter dem Arm aus dem Kindergarten
kommt?«
»Stimmt schon«, sie zuckte mit den Schultern. »Außer dass ich der Überzeugung bin Vernunft ist mächtiger als Unvernunft und dass das Gute am Ende über das Schlechte triumphieren wird. Aber vielleicht bin ich auch nur abergläubisch oder etwas altertümlich.«
Clive setzte seinen Teebecher neben dem Computerterminal ab und ging zu ihr hinüber. Als er sich näherte, klingelten in ihr wieder alle Alarmglocken. Eine strenge innere Stimme mahnte, sie solle sich nicht so blöd anstellen.
Er blieb vor ihr stehen und legte seine Hände auf ihre Schultern. Die Berührung war sanft und angenehm. Sie schaute zu ihm hoch und fühlte sich unglaublich schuldig und gleichzeitig unglaublich hilflos.
»Tessa«, begann er und schaute sie mit ernstem Gesicht an,
»bist du sicher, absolut sicher, dass es nicht besser wäre, mit noch jemandem über die Sache zu sprechen? Ich weiß nicht recht, vielleicht mit einer offiziellen Stelle? Jemandem, der Entscheidungen treffen kann.«
Ihr war schlecht. Das Gefühl des Verrats war so intensiv, dass sie einen Moment lang glaubte ohnmächtig zu werden.
»Er ist kein bisschen in mich verliebt«, dachte sie. »Ich bin so ein Idiot. Er denkt, ich bin verrückt… «
Doch man merkte ihr nichts davon an. Nach außen hielt sie ihre Beherrschung aufrecht.
»Ich bin«, erklärte sie mit ruhiger und kontrollierter Stimme, »ziemlich sicher, dass das Ding da draußen ist. Ich habe Beweise dafür. Helen und du, ihr müsst mir vertrauen, zumindest im Moment.«
»Es ist nicht eine Frage, ob wir… « unterbrach er sie, doch Tessa schnitt ihm sofort das Wort ab.
»Ich weiß, ich weiß. Ich will nur sagen, dass es mit denen, denen, du weißt, wen ich meine? Mit denen ist es komplizierter. Das Erste, was sie wollen, ist ein Beweis. Nun, im Moment verhält sich das Ding ruhig, aber wenn sie es zu suchen beginnen, oder noch schlimmer, sie finden es, wird alles, was sie machen, genau denselben Effekt haben, als ob man ein wildes Tier mit einem Stock reizt. Mir schaudert’s, wenn ich mir vorstelle, was dann passieren könnte.«
Er blieb weiter mit den Händen auf ihren Schultern gelegt stehen und blickte sie an. Sie wollte sich losmachen, doch wusste nicht wie, ohne das Risiko einzugehen die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren, die sie jetzt mehr als je zuvor beherrschen musste.
»In Ordnung«, meinte er, »ich bin sicher, du weißt es am besten.« Er ließ sie los um auf seine Uhr zu blicken. »Zeit zu gehen.«
»Tut mir Leid, dass ich dich so lange aufgehalten habe.«
»Es war interessant. Wir sehen uns bald.«
»Ja.«
Seine Hände legten sich wieder leicht auf ihre Schultern.
»Gute Nacht, Tessa.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Sie erwiderte den Kuss. »Gute Nacht. Und nochmals vielen Dank.«
Ein letzter Blickkontakt, dann hatte er den Raum ohne ein weiteres Wort verlassen.
Sie verharrte bewegungslos, wo sie gestanden hatte. Clive gehörte nicht zu ihr. Sie hatte sich das alles nur eingeredet, dass er von ihrer ersten Begegnung an gewusst hätte, was sie für ihn fühlte. Sie hatte sich etwas eingebildet und es für wahr gehalten, was bedeutete, dass sie ihrem eigenen Urteil nicht mehr trauen konnte. Das war schlimm.
Aber egal, wichtig war endgültig damit aufzuhören, an Clive zu denken, und zu erledigen, was getan werden musste.
Es würde jemand anderen geben, irgendwo, irgendwann. Und wenn nicht, dann war das auch nicht so schlimm. Sie würde zurechtkommen, wie es immer der Fall gewesen war.
Das Telefon klingelte. Sie zuckte so heftig zusammen, dass ihr halbvoller Teebecher zu Boden fiel. »Scheiße«, entfuhr es ihr und sie bückte sich instinktiv um die Scherben aufzuheben.
Doch dann richtete sie sich wieder auf und eilte durch den Raum um den Hörer abzunehmen.
»Ja?«
»Tessa?«, war die eindeutig zu identifizierende Stimme zu vernehmen. »Ich bin’s, Ted. Ted Sawyer. Wie geht’s, wie steht’s?«
44
A
BER TESSA, IN Berlin hast du einen Aufstand gemacht,
dass du mit ihm reden wolltest. Ich musste dir sogar versprechen, dafür zu sorgen.«
»Ich weiß, aber die Lage hat sich geändert.«
»Welche Lage?«
»Ich kann wirklich nicht darüber sprechen. Tut mir Leid.«
»Gut, wenn du meinst… «
»Von wo aus rufst du an?«
»Aus Kansas. Warum?«
»Ich wollte nur wissen, ob du noch in Europa steckst… «
»Würde das einen Unterschied machen?«
»Nein. Ja. Nicht wirklich.«
»Warte mal, soll das heißen,
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