Der 8. Tag
absolut schleierhaft.«
Jonathan nahm einen schmalen, silbernen Brieföffner und drehte ihn langsam zwischen seinen Fingern. »Müssen wir annehmen, dass sie vermutet von uns abgehört zu werden oder jemand anderem?«
Ein leichtes Verengen der Augen und ein kaum wahrnehmbares Zusammenziehen seiner Mundwinkel war der Gesichtsausdruck, den man bei dem Major wohl am ehesten als Lächeln bezeichnen konnte. Jonathan beobachtete wie dies genau in diesem Augenblick geschah. Der Major war anscheinend freudig berührt ihm bei der Sache eine Nasenlänge voraus zu sein.
»Wir haben das so weit wie möglich überprüft, ohne allerdings in ihr Haus oder ihr Büro einzudringen. Ganz sicher ist die Leitung nicht direkt angezapft. Was bedeutet, dass jede andere Methode ziemlich aufwendig sein müsste. Die Frage ist nun, wer hat so viel Interesse an ihr und ist sie es wert?«
»Sie scheint es zu glauben«, meinte Jonathan, lehnte sich zurück und zog sein Hosenbein gerade, als er seine Beine übereinander schlug. »Und offen gesagt, ich bin geneigt ihr zuzustimmen. Schließlich hören wir sie ab.«
45
HIER IST DER Anschluss von Tessa Lambert. Bitte hinterlassen Sie nach dem Pfeifton eine Nachricht.«
»Dr. Lambert, hier spricht Specialagent Tim Kelly vom FBI in Los Angeles. Ich würde gerne mit Ihnen sprechen. Ich gebe Ihnen meine Nummer, aber ich werde versuchen Sie später noch einmal zu erreichen.«
Als er aufgelegt hatte, schaute er über seine Füße hinweg, die auf der Kante des Schreibtisches lagen, zu Jack Fischl, der müde auf einem Sofa lungerte und Rauchringe an die Decke blies.
»Das ist jetzt die fünfte Nachricht, die ich ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen habe, und immer noch keine Antwort. Jetzt weiß ich, dass sie mir aus dem Weg geht.«
»Vielleicht ist sie verreist.«
»Gestern hatte ich einen Assistenten in dem Institut, wo sie arbeitet, am Telefon, er sagte mir, sie wäre da, würde aber keine Anrufe entgegennehmen.«
»Was denkst du also?«
»Ich denke, ich werde mal rübergehen.«
»Nach Oxford?«
Jack richtete sich auf und schaute Tim entgeistert an, als ob der gerade erklärt hätte, er würde zum Mond fliegen. »Mein Gott, das liegt doch in diesem verdammten Europa!« So als wollte er seinen Ausbruch noch bestärken, stieß er seine halb gerauchte Zigarette heftig in den übervollen Aschenbecher neben seinem Ellenbogen.
»Ich weiß, wo es liegt. Ich habe schließlich einen Atlas.«
»Warst du schon mal in Europa?«
»Ich war einmal drüben mit dem Rucksack unterwegs.
Zuerst England, dann nach Frankreich und weiter nach Italien.
War eine schöne Zeit. Und wie steht es mit dir?«
Jack schüttelte den Kopf, so als ob ihn der bloße Gedanke daran mit einer Art urtümlicher Angst erfüllen würde. »Ein Cousin von mir hat vor ein paar Jahren eine Bustour gemacht.
Der meinte, das wäre nichts anderes als ein Museum, das von Taschendieben geführt wird.«
»So kann man es auch sehen.« Tim lächelte.
Obwohl der Zigarettenqualm dicht im Zimmer hing, holte Jack eine weitere aus dem Päckchen und zündete sie sich an.
Tim schob sich in seinem Stuhl vom Schreibtisch weg, stand auf und öffnete ein Fenster.
»Stört es dich?«, wollte Jack wissen, wobei er einen Hustenanfall genau so lange unterdrückte um die Worte herauszubringen.
»Nicht mehr als dich. Ich kann es ertragen.«
Beruhigt nahm Jack einen tiefen Zug und atmete dann befreit aus. »Wird das FBI den Flug bezahlen?«
»Wenn nicht, dann fliege ich trotzdem.«
»Vielleicht ist es nur eine eierköpfige alte Jungfer, die nicht weiß, wie man einen Anrufbeantworter bedient. Ich meine, die Frau da in Oxford. Es wird sich als die nutzloseste Sache deines Lebens erweisen.«
»Wenn man Joshs Freund in Kansas glauben kann, dann ist sie einer der klügsten Köpfe auf ihrem Gebiet. Und wenn sie nicht mit mir reden will, dann möchte ich wissen, warum.«
»Vielleicht weiß sie gar nicht, um was es geht, und hält dich für verrückt.«
»Dann kann sie mir das ins Gesicht sagen.«
»Dann hat sich deine Reise aber gelohnt.«
»Um wieder Joshs Freund zu zitieren, der einen gewissen Ruf in Bezug auf Frauen hat, sie ist neunundzwanzig und eine Augenweide. So viel zu deiner eierköpfigen alten Jungfer.«
»Ah, jetzt verstehe ich. Du hoffst auf ein Abenteuer auf Staatskosten.«
»Gut, gut. Aber erzähl es niemanden.«
»Ich werde es meinem Kongressabgeordneten schreiben.«
»Wozu? Die machen das doch dauernd.«
»Nun mal ernsthaft,
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