Der 8. Tag
ernst miteinander reden sah –, man konnte fast sagen, sie stritten sich – und wollte wissen, was los war. Als sie ihn kommen sahen, verstummten sie und gingen schnell den Korridor hinunter in Richtung Kontrollzentrale. Keiner von beiden war über dreißig und sie waren als die Programmiergenies bekannt. Sie waren genauso ungeduldig mit Chapmans steinzeitlichem Unwissen in Bezug auf Computer, wie er mit ihrer von Technoslang geprägten Wunderkinderarroganz. Die Beziehung zwischen ihnen war bestenfalls als kühl zu bezeichnen. Trotzdem gelang es ihm, sie aufzuhalten und zu fragen, ob es Probleme gäbe.
Fulton sagte, es gäbe keine Probleme, überhaupt keine, und Tate nickte heftig, wobei er ›überhaupt keine‹ wiederholte, was für Walter Chapmans Gefühl einmal zu viel war. Sein Blick glitt zu den zerknüllten Blättern in Fultons Hand. Dann schaute er beide an und wartete auf eine bessere Antwort.
»Eine technische Sache«, erklärte Fulton.
»Kleine Teufelchen«, fügte Tate hinzu.
Sie starrten auf Chapman, als wollten sie ihn förmlich dazu zwingen, sein Glück zu versuchen, damit sie ihn unter einem Wust von technischen Details begraben konnten, den sie über ihn ausschütten würden, sollte er wirklich fragen.
»Leute, sagt mir einfach, was los ist, okay? Es ist mein Job, das zu wissen, also weicht mir nicht aus.«
Fulton zuckte mit den Schultern. »Der Computer arbeitet etwas langsam, das ist alles, Walter. Keine große Sache.«
»Etwas frisst uns die Speicherkapazität weg«, fügte Tate hinzu, »aber wir kommen im Moment nicht dahinter, was es ist.«
»Alle Kontrollmeldungen sind normal, aber der Computer ist ganz offensichtlich mit irgendetwas beschäftigt.«
Chapman blickte von einem zum anderen. Wenn sie erst einmal in Fahrt waren, dann ratterten sie wie ein Maschinengewehr, was sie auch wussten und absichtlich machten um Außenseitern zu zeigen, wo sie hingehörten.
»Es ist möglicherweise einfach nur ein Wurm in der Konfiguration«, meinte Tate. »Etwas bringt das OS dazu, zu glauben, es hätte nicht genug Speicher um die Anwendungen zu fahren, und nun ist es damit beschäftigt, die Programme hinaus- und hineinzuladen… «
»… und schickt alles andere zum Teufel… «
»… zumindest sieht es so aus.«
Stille. Beide richteten ihren starren, eulengleichen Blick auf Chapman um ihm zu zeigen, dass er jetzt am Zug wäre.
»Aber gibt es etwas… «, setzte er an, überlegte es sich dann aber anders. »Ich meine, sind Sie beunruhigt?«
»Beunruhigt. Zum Teufel, nein.«
»Solange nichts zusammenbricht, machen wir uns keine Sorgen.«
»Aber Sie wissen doch, wie es hier ist, Walter. Wenn nicht alles in dreifacher Ausfertigung vorhanden und bis auf ein Prozent Restrisiko heruntergedrückt ist, dann scheißt sich jeder wegen eines neuen Tschernobyls in die Hosen.«
»Wie?«
»Beruhigen Sie sich, Walter. Wir wollen nur sagen, dass es nichts gibt, nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«
»Wir kriegen das schon in den Griff.«
»Wir sehen uns später.«
Sie gaben ihm einen Klaps auf die Schulter, jeder auf eine, und dann waren sie weg. Chapman hasste das. Er schaute ihnen nach und versuchte aus ganzem Herzen zu glauben, dass sie ihm die Wahrheit gesagt hatten.
Denn heute war der Tag, an dem es den Fernsehleuten erlaubt war, das Gebäude zu betreten. Sie durften sich frei bewegen, mit jedem sprechen und alles, was einigermaßen vernünftig erschien, filmen. Offenheit war ein wesentlicher Bestandteil von Chapmans PR-Strategie und es hatte ihn viel Zeit und Mühe gekostet, die Betreiber des Kraftwerks davon zu überzeugen. Aber die Sache konnte auch nach hinten losgehen, wenn die Kameras einen Streit zwischen den beiden obersten Technikern einfangen würden. Oder auch nur besorgte Blicke und versteckte Gespräche in irgendeiner Ecke. Das käme bei den Zuschauern nicht gut an. Denn das würde bei weitem nicht dem Image von sicherer, müheloser Handhabung entsprechen, das er vermitteln wollte.
Er beschloss, bevor das Fernsehteam ankommen würde, ein ernstes Gespräch am richtigen Ort mit den beiden zu führen.
Er nahm den Lift zu seinem Büro im ersten Stock. Wenn es da irgendein Problem gab, dann sollte er besser davon wissen.
58
ES WAR EIN frischer und wolkenloser Morgen in Oxford, von der Art, wie er normalerweise nur auf den Postkarten, die die verträumten Türme der Stadt zeigten, zu sehen war.
Die ganze Szene bekam noch einen zauberhaften Anstrich durch den weißen
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