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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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solcher Torheit ging ich um, und ließ mit der Zeit zugleich Arbeiten und Beten bleiben, wodurch sich hiebevor die alten ägyptischen Einsiedel beides leib- und geistlicherweis erhalten. Anfänglich als ich noch neu war, ging ich von Haus zu Haus in den nächsten Tälern herum und suchte zu Aufenthaltung meines Lebens das Almosen, nahm auch nit mehr, als was ich blößlich bedurfte, und sonderlich verachtet ich das Geld, welches die umliegenden Nachbarn für ein groß Wunder: ja für ein sonderbare apostolische Heiligkeit an mir schätzten; sobald aber meine Wohnung bekannt wurde, kam kein Waldgenoß mehr in Wald, der mir nit etwas von Essenspeisen mit sich gebracht hätte; diese rühmten meine Heiligkeit und ungewöhnliches einsiedlerisches Leben auch anderwärts, also daß auch die etwas weiters wohnenden Leut entweder aus Vorwitz oder Andacht getrieben mit großer Mühe zu mir kamen und mich mit ihren Verehrungen besuchten; da hatte ich an Brot, Butter, Salz, Käs, Speck, Eiern und dergleichen nit allein keinen Mangel, sondern auch einen Überfluß; wurde aber darum nit desto gottseliger, sondern je länger je kälter, saumseliger und schlimmer, also daß man mich beinahe einen Heuchler oder heiligen Schalk hätt nennen mögen; doch unterließ ich nicht, die Tugenden und Laster zu betrachten und zu gedenken, was mir zu tun sein möchte, wenn ich in Himmel wollte; es geschah aber alles unordentlich, ohne rechtschaffenen Rat und einen festen Vorsatz, hierzu einen Ernst anzulegen, welchen mein Stand und dessen Verbesserung von mir erforderte.

Das 2. Kapitel
    Wie sich Luzifer verhielt, als er frische Zeitung vom geschloßnen Teutschen Frieden kriegte
    Wir lesen, daß vorzeiten bei den Gott ergebenen heiligen Gliedern der christlichen Kirche die Mortifikation oder Abtötung des Fleisches vornehmlich in Beten, Fasten und Wachen bestanden; gleichwie nun aber ich mich der ersten beiden Stück wenig befliß, also ließ ich mich auch durch die süße Betöberung des Schlafs stracks überwinden, sooft mir nur zugemutet ward, solche Schuldigkeit (das wir denn mit allen Tieren gemein haben) der Natur abzulegen; einsmals faulenzte ich unter einer Tannen im Schatten und gab meinen unnützen Gedanken Gehör, die mich fragten, ob der Geiz oder die Verschwendung das größte oder ärgste Laster sei? ich habe gesagt meinen unnützen Gedanken! und das sag ich noch! denn Lieber, was hatte ich mich um die Verschwendung zu bekümmern, da ich doch nichts zu verschwenden vermochte? und was ging mich der Geiz an, indem mein Stand, den ich mir selbst freiwillig erwählet, von mir erfordert', in Armut und Dürftigkeit zu leben? aber o Torheit, ich war dennoch so hart verbeißt, solches zu wissen, daß ich mir dieselbigen Gedanken nicht mehr ausschlagen konnte, sondern darüber einschlummerte! Womit einer wachend hantiert, damit pflegt einer gemeiniglich auch träumend vexiert zu werden, und solches widerfuhr mir damals auch. Denn sobald ich die Augen zugetan hatte, sah ich in einer tiefen abscheulichen Klingen den höllischen Großfürsten Luciferum zwar auf seinem Regimentsstuhl sitzen, aber mit einer Ketten angebunden, daß er seines Gefallens in der Welt nicht wüten könnte; die vielen der höllischen Geister mit denen er umgeben, begnügten durch ihr fleißiges Aufwarten die Größe seiner höllischen Macht; als ich nun dieses Hofgesind betrachtete, kam ohnversehens ein schneller Postillion durch die Luft geflogen, der ließ sich vorm Luzifer nieder und sagte: »O großer Fürst, der geschlossene Teutsche Frieden hat beinahe ganz Europam wiederum in Ruhe gesetzt; das ›Gloria in excelsis‹ und ›Te Deum laudamus‹ erschallet aller Orten gen Himmel, und jedermann wird sich befleißen unter seinem Weinstock und Feigenbaum hinfürder Gott zu dienen.« Sobald Luzifer diese Zeitung kriegte, erschrak er anfänglich ja so sehr, als heftig er den Menschen solche Glückseligkeit mißgönnet; indem er sich aber wieder ein wenig erholete und bei sich selbst ermaß, was für Nachteil und Schaden sein höllisches Reich am bishero gewohnten Interesse leiden müßte, griesgramet' er schrecklich! er knarpelt' mit den Zähnen so greulich, daß er weit und breit fürchterlich zu hören war, und seine Augen funkelten so grausam vor Zorn und Ungeduld, daß ihm schwefelichte Feurflammen gleichsam wie der Blitz herausschlugen und sein ganze Wohnung erfülleten; also daß sich nicht allein die armen verdammten Menschen und geringen höllischen Geister,

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