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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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vorbringen würde, daß mir nit allein das ganze höllische Reich den Vorzug vor der Verschwendung zusprechen, sondern noch dazu die Ehr und den Sitz des alten abgangnen Plutonis, unter welchem Namen ich ehemalen für das höchste Oberhaupt allhier respektiert worden, wiederum gönnen und einräumen werde, als welcher Stand mir billig gebührt. Zwar will ich nit rühmen, daß mich die Menschen selbst die Wurzel alles Übels, das ist einen Ursprung, Kloak und Grundsuppe nennen alles desjenigen, was ihnen an Leib und Seel schädlich und hingegen unserem höllischen Reich nutz sein mag, denn solches sind nun allbereit so bekannte Sachen, daß sie auch bereits die Kinder wissen! will auch nit herausstreichen, wie mich deswegen die, so dem großen Numen beigetan sind, täglich loben und wie das saure Bier ausschreien, mich bei allen Menschen verhaßt zu machen; wiewohl mirs zu nicht geringer Ehr gereicht, wenn hieraus erscheinet, daß ich ohnangesehen aller solchen numinalischen Verfolgungen dennoch bei den Menschen meinen Zugang erpraktiziere, mir ein festen Sitz stelle und auch endlich wider alle solchen Sturmwinde behaupte; wäre mir dieses allein nit Ehr genug, daß ich diejenigen gleichwohl beherrsche, denen das Numen selbst treuherziger Warnungsweis sagte, sie könnten ihm und mir nit zugleich dienen, und daß sein Wort unter mir wie der gute Samen unter den Dornen erstickt; hiervon aber will ich durchaus stillschweigen, weil es wie gemeldt schon so alte Possen sind, die bereits gar zu bekannt! Aber dessen, dessen, sage ich, will ich mich rühmen, daß keiner unter allen Geistern und Mitgliedern des höllischen Reichs die Intention unsers Großfürsten besser ins Werk setze als eben ich; denn derselbe will und wünscht nichts anders, als daß die Menschen sowohl in ihrer Zeitlichkeit kein geruhiges, vergnügsames und friedliches, als auch in der Ewigkeit kein seliges Leben haben und genießen sollen.
    Sehet doch alle euren blauen Wunder! wie sich diejenigen anfangen zu quälen, bei denen ich nur einen geringen Zutritt bekomme; wie unablässig sich diejenigen ängstigen, die mir ihr Herz zum Quartier beginnen einzuräumen; und betrachtet nur ein wenig die Wege dessen, den ich ganz besitze und eingenommen; danach sagt mir, ob auch ein elendere Kreatur auf Erden lebe, oder ob jemalen ein einziger höllischer Geist einen größern oder standhaftigern Märtyrer vermocht und zugerichtet habe als eben derselbig einer ist, den ich zu unserem Reich ziehe. Ich benehme ihm kontinuierlich den Schlaf, welchen doch sein eigne Natur selbst so ernstlich von ihm erfordert, und wenn er gleich solche Schuldigkeit nach Notdurft abzulegen gezwungen wird, so tribuliere und vexiere ich ihn jedoch hingegen dergestalt mit allerhand sorgsamen und beschwerlichen Träumen, daß er nit allein nit ruhen kann, sondern auch schlafend viel mehr als mancher wachend sündigt; mit Speis und Trank, auch allen andern angenehmen Leibsverpflegungen traktiere ich die Wohlhäbigen viel schmäler, als andere Dürftigste zu genießen pflegen; und wenn ich der Hoffart zu Gefallen nit bisweilen ein Aug zutäte, so müßten sie sich auch elender bekleiden als die allerarmseligsten Bettler; ich gönne ihnen keine Freud, keine Ruhe, keinen Fried, keine Lust und in Summa nichts das gut genannt und ihren Leibern geschweige den Seelen zum besten gedeihen mag; ja auch aufs äußerst diejenigen Wollüste nit, die andere Weltkinder suchen und sich dadurch zu uns stürzen; die fleischlichen Wollüste selbst, denen doch alles von Natur nachhängt, was sich nur auf Erden regt, versalze ich ihnen mit Bitterkeit; indem ich die blühenden Jüngling mit alten abgelebten, unfruchtbaren, garstigen Vetteln, die allerholdseligsten Jungfrauen aber mit eisgrauen, eifersüchtigen Hahnreiern verkuppele und beunselige; ihr größte Ergötzung muß sein, sich mit Sorg und Bekümmernis zu grämen, und ihr höchstes Contentament, wenn sie ihr Leben mit schwerer saurer Mühe und Arbeit verschleißen, sich um ein wenig roter Erden, die sie doch nicht mitnehmen können, die Höll härtiglich zu erarnen.
    Ich gestatte ihnen kein rechtschaffenes Gebet, noch weniger daß sie aus guter Meinung Almosen geben, und ob sie zwar oft fasten oder besser zu reden Hunger leiden, so geschiehet jedoch solches nit Andacht halber, sondern mir zu Gefallen etwas zu ersparen; ich jage sie in Gefährlichkeit Leibs und Lebens, nit allein mit Schiffen über Meer, sondern auch gar unter die Wellen in desselbigen

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