Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Abgrund hinunter, ja sie müssen mir das innerste Eingeweid der Erden durchwühlen, und wenn etwas in der Luft zu fischen wär, so müßten sie mir auch fischen lernen; ich will nit sagen von den Kriegen die ich anstifte, noch von dem Übel das daraus entstehet, denn solches ist aller Welt bekannt! will auch nicht erzählen, wieviel Wucherer, Beutelschneider, Dieb, Räuber und Mörder ich mache; weil ich mich dessen zum höchsten rühme, daß sich alles was mir beigetan ist, mit bittrer Sorg, Angst, Not, Mühe, und Arbeit schleppen muß; und gleichwie ich sie an Leib so greulich martere, daß sie keines andern Henkers bedürfen, also peinige ich sie auch in ihrem Gemüt, daß kein anderer höllischer Geist weiters vonnöten, sie den Vorgeschmack der Höllen empfinden zu lassen, geschweige in unserer Andacht zu behalten; ich ängstige den Reichen! ich unterdrücke den Armen! ich verblende die Justitiam, ich verjage die christliche Liebe, ohne welche niemand selig wird, die Barmherzigkeit findt bei mir keine Statt!«
Das 5. Kapitel
Der Einsiedel wird aus seiner Wildnis zwischen Engeland und Frankreich auf das Meer in ein Schiff versetzt
Indem der Geiz so daherplauderte, sich selbst zu loben und der Verschwendung vorzuziehen, kam ein höllischer Geist dahergeflattert, der vor Alter gleichsam hinfällig, ausgemergelt, lahm und bucklet zu sein schien, er schnaufte wie ein Bär oder wenn er ein Hasen erlaufen hätte; weswegen denn alle Anwesenden die Ohren spitzten, zu vernehmen was er Neus brächte oder für ein Wildbret gefangen hätte, denn er hatte hierzu vor andern Geistern den Ruhm einer sonderbaren Dexterität; da sie es aber beim Licht besahen, war es nihil und ein nisi dahinter, das ihn an seiner Verrichtung verhindert, denn da ihm stattgeben ward Relation zu tun, verstund man gleich, daß er Julo, einem Edelmann aus England, und seinem Diener Avaro (die miteinander aus ihrem Vaterland nach Frankreich reisten) vergeblich aufgewartet, entweder beide oder einen allein zu berücken; dem ersten hätte er wegen seiner edlen Art und tugendlichen Auferziehung, dem andern aber wegen seiner einfältig Frommkeit nicht beikommen mögen, bat derowegen den Luzifer, daß er ihm mehr Sukkurs zuordnen wollte.
Eben damals hatte es das Ansehen, als wenn Mammon seinen Diskurs beschließen, und die Verschwendung den ihrigen hätte anfangen wollen; aber Luzifer sagte: »Es bedarf nicht vieler Wort, das Werk lobt den Meister, einem jeden von euch beiden Gegenteilen sei auferlegt, einen von diesen Engländern vor die Hand zu nehmen, ihn anzuwenden, zu versuchen, zu hetzen, und durch seine Kunst und Geschicklichkeit anzufechten, so lang und so viel, bis daß ein oder ander Teil den seinigen angefesselt, in seine Strick gebracht und unserem höllischen Reich einverleibt habe; und welches Teil den seinigen alsdann am gewissesten und festesten herschafft oder heimbringt, der soll den Preis gewonnen und die Präminenz vor dem andern haben.« Diesen Bescheid lobten alle höllischen Geister, und die beiden streitigen Parteien verglichen sich selbst gütlich, aus Rat der Hoffart, daß Mammon den Avarum und die Verschwendung den Julum vor die Hand nehmen sollten, mit dem ausdrücklichen Geding und Vorbehalt, daß kein Teil dem andern bei dem seinigen den geringsten Eintrag nicht tun, noch sich unterstehen sollte, solchen auf seine anderwärtige Art zu neigen, es sei denn Sach, daß des höllisch Reichs Interesse dasselbig ausdrücklich erfordere. Da sollte man wunder gesehen haben, wie die anderen Laster diesen beiden Glück wünschten und ihnen ihrer Gesellschaft Hilf und Dienst anboten; mithin schied die ganze höllische Versammlung voneinander, worauf sich ein starker Wind erhub, der mich mitsamt der Verschwendung und dem Geiz samt ihren Anhängern und Beiständern in einem Nun zwischen Engeland und Frankreich führet' und in dasjenige Schiff niederließ, worin beide Engländer überfuhren und gleich aussteigen wollten.
Die Hoffart machte sich den geraden Weg zum Julo und sagte: »Tapferer Kavalier, ich bin die Reputation, und weil Ihr jetzt ein fremd Land betretet, wird mir nicht übel anstehen, wenn Ihr mich zur Hofmeisterin behaltet; hier könnt Ihr die Einwohner durch eine sonderbare Pereleganz sehen lassen, daß Ihr kein schlechter Edelmann, sondern aus dem Stamm der alten König entsprossen seid! und wenngleich solches nicht wäre, so würde Euch jedoch gebühren, Eurer Nation zu Ehren den Franzosen zu weisen, was Engeland für
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