Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
einem Ballmeister, mehr sich sehen zu lassen als ihnen ihre Künste und Wissenschaften abzulernen; diese waren lauter solche Käuz, die dergleichen neu ausgezogenen Gästen das Ihrig abzulaufen für Meister passierten; sie machten ihn bald beim Frauenzimmer bekannt, da es ohne Spendieren nicht abging, und brachten ihn auch sonst zu allerlei Gesellschaften, da man dem Beutel zu schröpfen pflegte und er allein den Riemen ziehen mußte; denn die Verschwendung hatte bereits die Wollust mit allen ihren Töchtern eingeladen, diesen Julum bestreiten und kaputt machen zu helfen.
Anfänglich zwar ließ er sich nur mit dem Ballschlagen, Ringelrennen, den Komödien, Balletten und dergleichen zulässigen und ehrlichen Übungen, denen er beiwohnet' und selbst mitmachte, genügen; da er aber erwarmet' und bekannt wurde, kam er auch an diejenigen Ort, da man seinem Geld mit Würfeln und Karten zusetzte; bis er endlich auch die vornehmsten Hurenhäuser durchschwärmte; in seinem Losament aber ging es zu, wie bei des Königs Arturi Hofhaltung, da er täglich viel Schmarotzer nicht schlechthinweg mit Kraut oder Rüben, sondern mit teuren französischen Potagen und spanischen Olla Potriden köstlich traktierte; maßen ihn oft ein einziger Imbiß über 25 Pistolen gestund, sonderlich wenn man die Spielleut rechnete, die er gemeiniglich dabei zu haben pflegte; über dieses brachten ihn die neuen Moden der Kleidungen, welche geschwind nacheinander folgten und aufstunden und sich bald wieder veränderten, um ein großes Geld, mit welcher Torheit er desto mehr prangte, weil ihm als einem fremden Kavalier keine Tracht verboten war; da mußte alles mit Gold gestickt und verbrämt sein und verging kein Monat, in dem er nit ein neues Kleid angezogen, und kein Tag, daran er nit seine Perücke etlichmal gepudert hätte; denn wiewohl er von Natur ein schönes Haar hatte, so beredet' ihn die Hoffart doch, daß er solches abschneiden und sich mit fremdem zieren lassen, weil es so der Brauch war; denn sie sagte, die Sonderling, so sich mit ihrem natürlichen Haar behelfen, wenn solches gleichwohl schön sei, geben damit nichts anders zu verstehen, als daß sie arme Schurken seien, die nit so viel vermochten, ein kahl hundert Dukaten an ein paar schöne Perücken zu verwenden. In Summa es mußte alles so kostbarlich hergehen und bestellt sein, als es die Hoffart immermehr ersinnen und ihm die Verschwendung eingeben konnte.
Ob nun zwar dem Geiz, welcher den Avarum schon ganz besaß, ein solche Art zu leben durchaus widerwärtig zu sein schien, so ließ er, Avarus, sich jedoch solche wohlgefallen, weil er sie sich wohl zunutz zu machen gedachte; denn Mammon hatte ihn allbereit bewegt, sich der Untreu zu ergeben, wenn er anders etwas prosperieren wollte; weswegen er denn keine Gelegenheit vorüberlaufen ließ, seinem Herrn, der ohnedas sein Geld so unnützlich hinausschleuderte, abzuzwacken was er konnte; im wenigsten bezahlte er keine Näherin oder Wäscherin, der er ihren gewöhnlichen Lohn nicht ringerte, und was er denen abbrach, heimlich in seine Beutel steckte; kein Kleidflicker- oder Schuhschmiererlohn war so klein den er seinem Herrn nicht vergrößerte und den Überfluß zu sich schob; geschweige wie er in großen Ausgaben per fas & nefas zu sich rappte und sackte, wo er nur konnt und möchte; die Sesselträger, mit denen sein Herr viel Geld hinrichtete, verändert' er gleich, wenn sie ihm nit Part an ihrem Verdienst gaben; der Pastetenbäck, der Garkoch, der Weinschenk, der Holzhändler, der Fischverkäufer, der Bäck und also andere Viktualisten mußten beinahe ihren Gewinn mit ihm teilen, wollten sie anders an dem Julo länger einen guten Kunden behalten; denn er war dergestalt eingenommen, seinem Herrn durch Besitzung vieles Gelds und Guts gleichzuwerden, als etwa hiebevor Luzifer, da er wegen seiner vom Allerhöchsten verliehenen Gaben erkühnete, seinen Stuhl an den mächtigen Thron des großen Gottes zu setzen. Also lebten beide Jüngling ohne alle anderen Anfechtungen zwar dahin, ehe sie wahrnahmen wie sie lebten; denn Julus war an zeitlicher Hab ja so reich als Avarus bedürftig, und deswegen vermeinte jeder er verfahre seinem Stand nach gar recht und wohl, ich will sagen, wie es eines jeden Stand und Gelegenheit erfordere; jener zwar seinem Reichtum gemäß sich herrlich und prächtig zu erzeigen, dieser aber seiner Armut zuhilf zu kommen und etwas zu prosperiern und sich der gegenwärtigen Gelegenheit zu bedienen, die ihm sein
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