Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
ich lag ihnen mit geringen Parteien bald hier bald dort schier täglich vor den Toren und erhaschte manche gute Beut, und weil ich überall glücklich durchkam, hielten die Leut von mir, ich könnte mich unsichtbar machen und wäre so fest wie Eisen und Stahl, davon wurde ich gefürcht wie die Pest und schämten sich dreißig Mann vom Gegenteil nicht, vor mir durchzugehen, wenn sie mich nur mit fünfzehn in der Nähe wußten. Zuletzt kam es dahin, wo nur ein Ort in Kontribution zu setzen war, daß ich solches alles verrichten mußte, davon wurde mein Beutel so groß als mein Nam, meine Offizier und Kameraden liebten ihren Jäger, die vornehmsten Parteigänger vom Gegenteil entsetzten sich und den Landmann hielt ich durch Furcht und Liebe auf meiner Seiten, denn ich wußte meine Widerwärtigen zu strafen, und die so mir nur den geringsten Dienst taten reichlich zu belohnen, allermaßen ich beinahe die Hälfte meiner Beuten wieder verspendierte und auf Kundschaften auslegte. Solcher Ursachen halber ging keine Partei, kein Convoi noch keine Reis aus des Gegenteils Posten, deren Ausfahrt mir nicht zu wissen ward getan, alsdann konjekturiert ich ihr Vorhaben und macht meine Anschläg darauf, und weil ich solche mehrenteils durch Beistand des Glücks wohl ins Werk setzte, verwunderte sich jedweder über meine Jugend, so gar, daß mich auch viel Offizier und brave Soldaten vom Gegenteil nur zu sehen wünschten; daneben erzeigte ich mich gegen meine Gefangenen überaus diskret, also daß sie mich oft mehr kosteten als meine Beuten wert waren, und wenn ich einem vom Gegenteil, sonderlich den Offiziern, ob ich sie schon nicht kannte, ohne Verletzung meiner Pflicht und Herrndienst eine Courtoisie tun konnte, unterließ ichs nicht.
Durch solch mein Verhalten wäre ich zeitlich zu Offizien befördert worden, wenns meine Jugend nicht verhindert hätte; denn welcher in solchem Alter, als ich trug, ein Fähnlein haben wollte, mußte ein guter von Adel sein, zudem konnte mich mein Hauptmann nicht befördern, weil keine ledigen Stellen bei seiner Kompagnie waren, und keinem andern mochte er mich gönnen, weil er an mir mehr als eine melkende Kuh verloren hätte, doch wurde ich ein Gefreiter. Diese Ehr, daß ich alten Soldaten vorgezogen wurde, wiewohl es ein geringe Sach war, und das Lob, das man mir täglich verlieh, waren gleichsam wie Sporn, die mich zu höhern Dingen antrieben: Ich spekulierte Tag und Nacht, wie ich etwas anstellen möchte, mich noch größer zu machen, ja ich konnte vor solchem närrischen Nachsinnen oft nicht schlafen: und weil ich sah, daß es mir an Gelegenheit manglete, im Werk zu erweisen was ich für einen Mut trüge, bekümmerte ich mich, daß ich nicht täglich Gelegenheit haben sollte, mich mit dem Gegenteil in Wagen zu üben, ich wünschte mir oft den Trojanischen Krieg oder eine Belagerung wie zu Ostende, und ich Narr gedachte nicht, daß der Krug so lang zum Brunnen gehet, bis er einmal zerbricht. Es gehet aber nicht anders, wenn ein junger unbesonnener Soldat Geld, Glück und Courage hat, denn da folget Übermut und Hoffart, und aus solcher Hoffart hielt ich anstatt eines jungen zween Knecht, die ich trefflich herausstaffierte und beritten machte, womit ich mir aller Offizierer Neid aufbürdete.
Das 31. Kapitel
Wie der Teufel dem Pfaffen seinen Speck gestohlen und sich der Jäger selbst fängt
Ich muß ein Stücklein oder etliche erzählen, die mir hin und wieder begegnet, ehe ich wieder von meinen Dragonern kam; und ob sie schon nicht von Importanz sein, sind sie doch lustig zu hören, denn ich nahm nicht allein große Ding vor, sondern verschmähet auch die geringen nicht, wenn ich nur mutmaßete, daß ich Ruhm bei den Leuten dadurch erwecken möchte. Mein Hauptmann wurde mit etlich und fünfzig Mann zu Fuß in das Vest von Recklinghausen kommandiert, einen Anschlag daselbst zu verrichten, und weil wir gedachten, wir würden, ehe wir solchen ins Werk setzen könnten, einen Tag oder etlich uns in den Büschen heimlich halten müssen, nahm jeder auf acht Tag Proviant zu sich; demnach aber die reiche Caravana, der wir aufpaßten, die bestimmte Zeit nicht ankam, ging uns das Brot aus, welches wir nicht rauben durften, wir hätten uns denn selbst verraten und unser Vorhaben zu nichts werden lassen wollen, dahero uns der Hunger gewaltig preßte; so hatte ich auch dies Orts keine Kunden wie anderswo, die mir und den Meinigen etwas heimlich zutrugen, derowegen mußten wir, Fütterung zu bekommen, auf
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