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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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andere Mittel bedacht sein, wenn wir anders nicht wieder leer heim wollten. Mein Kamerad, ein lateinischer Handwerksgesell, der erst kürzlich aus der Schul entlaufen und sich unterhalten lassen, seufzete vergeblich nach den Gerstensuppen, die ihm hiebevor seine Eltern zum Besten verordnet, er aber verschmähet und verlassen hatte, und als er so an seine vorigen Speisen gedachte, erinnert' er sich auch seines Schulsacks, bei welchem er solche genossen: »Ach Bruder«, sagte er zu mir, »ists nicht eine- Schand, daß ich nicht so viel Künste erstudiert haben soll, vermittelst deren ich mich jetzund füttern könnte, Bruder, ich weiß re vera, wenn ich nur zum Pfaffen in jenes Dorf gehen dürfte, daß es ein trefflich Convivium bei ihm setzen sollte!« Ich überlief diese Wort ein wenig und ermaß unsern Zustand, und weil diejenigen so Weg und Steg wußten, nicht hinausdurften, denn sie wären sonst erkannt worden, die Unbekannten aber keine Gelegenheit wußten, etwas heimlich zu stehlen oder zu kaufen, also machte ich meinen Anschlag auf unsern Studenten und hielt die Sach dem Hauptmann vor, wiewohl nun dasselbige Gefahr auf sich hatte, so war doch sein Vertrauen so gut zu mir und unsere Sach so schlecht bestellt, daß er darein konsentierte.
    Ich verwechselte meine Kleider mit einem andern und zottelt mit meinem Studenten besagtem Dorf zu durch einen weiten Umschweif, wiewohl es nur eine halbe Stund von uns lag, in demselben erkannten wir das nächste Haus bei der Kirch für des Pfarrers Wohnung, weil es auf städtisch gebaut war und an einer Mauer stund, die um den ganzen Pfarrhof ging: Ich hatte meinen Kameraden schon instruiert, was er reden sollte, denn er hatte sein abgeschabt Studentenkleidlein noch an, ich aber gab mich für einen Malergesellen aus, denn ich gedachte, ich würde dieselbe Kunst im Dorf nicht üben dürfen, weil die Bauren nicht bald gemalte Häuser haben. Der geistliche Herr war höflich, als ihm mein Gesell ein tiefe lateinische Reverenz gemacht und einen Haufen dahergelogen hatte, wasgestalt ihn die Soldaten auf der Reis geplündert und aller seiner Zehrung beraubt hätten, bot er ihm selbst ein Stück Butter und Brot neben einem Trunk Bier an, ich aber stellte mich, als ob ich nicht zu ihm gehörte, und sagte, ich wollte im Wirtshaus etwas essen und ihm alsdann rufen, damit wir noch denselben Tag ein Stück Wegs hinter uns legen könnten: Also ging ich dem Wirtshaus zu, mehr auszuspähen was ich dieselbe Nacht holen wollte als meinen Hunger zu stillen, hatte auch das Glück, daß ich unterwegs einen Bauren antraf, der seinen Backofen zukleibte, welcher große Pumpernickel darinnen hatte, die vierundzwanzig Stund da sitzen und ausbacken sollten. Ich machts beim Wirt kurz, weil ich schon wußte wo Brot zu bekommen war, kaufte etliche Stuten (das ist ein so genanntes weiß Brot), solche meinem Hauptmann zu bringen, und da ich in Pfarrhof kam, meinen Kameraden zu mahnen, daß er gehen sollte, hatte er sich auch schon gekröpft und dem Pfarrer gesagt, daß ich ein Maler sei und nach Holland zu wandern vorhabens wäre, meine Kunst daselbsten vollends zu perfektionieren; der Pfarrherr hieß mich sehr willkomm sein und bat mich, mit ihm in die Kirch zu gehen, da er mir etliche Stück weisen wollte, die zu reparieren wären. Damit ich nun das Spiel nicht verderbte, mußte ich folgen: Er führte uns durch die Küchen, und als er das Nachtschloß an der starken eichenen Tür' aufmachte, die auf den Kirchhof ging, o mirum! da sah ich, daß der schwarze Himmel auch schwarz voller Lauten, Flöten und Geigen hing, ich vermeine aber die Schinken, Knackwürst und Speckseiten, die sich im Kamin befanden; diese blickte ich trostmütig an, weil mich bedünkte, als ob sie mit mir lachten, und wünschte sie, aber vergeblich, meinen Kameraden in Wald, denn sie waren so hartnäckig, daß sie mir zu Trotz hangen blieben, da gedachte ich auf Mittel, wie ich sie obgedachtem Backofen voll Brot zugesellen möchte, konnte aber so leicht keines ersinnen, weil, wie obgemeldt, der Pfarrhof ummauret und alle Fenster mit eisernen Gittern genugsam verwahret waren, so lagen auch zween ungeheure große Hund im Hof, welche, wie ich sorgte, bei Nacht gewißlich nicht schlafen würden, wenn man dasjenige hätte stehlen wollen, daran ihnen auch zu Belohnung ihrer getreuen Hut zu nagen gebührte.
    Wie wir nun in die Kirch kamen, von den Gemälden allerhand diskurrierten und mir der Pfarrer etliche Stück auszubessern verdingen

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