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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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sein«, sagte sie. »Mich würde interessieren, ob Sie vorher irgendwelche Anzeichen bemerkt haben, bevor es Sie mit voller Wucht traf.
    Eine plötzliche Veränderung der Pulsschlagfrequenz, schnellerer Atem, Angstgefühle, kalter Schweiß, trockener Mund.«
    Web dachte darüber nach, während er im Geist noch einmal jeden Schritt durchging. Er setzte zu einem Kopfschütteln an und wollte die Frage verneinen, doch dann sagte er: »In der Straße war ein Kind.« Er wollte Claire Daniels nicht offenbaren, welche bedeutende Rolle Kevin Westbrook in diesem Fall spielte, aber es gab da etwas, das er ihr verraten konnte. »Als wir an ihm vorbeikamen, sagte der Junge etwas. Etwas sehr Merkwürdiges. Ich erinnere mich, dass er in gewisser Hinsicht wie ein alter Mann sprach. Man konnte ihm ansehen, dass das Leben nicht gerade freundlich zu ihm gewesen war.«
    »Sie erinnern sich nicht, was er gesagt hat?«
    Web schüttelte den Kopf. »Da muss ich leider passen, aber ich weiß, dass es etwas Unheimliches war.«
    »Und das gab Ihnen ein merkwürdiges Gefühl, das nichts mit gewöhnlichem Mitleid zu tun hatte?«
    »Hören Sie, Dr. Daniels...«
    »Bitte nennen Sie mich Claire.«
    »Okay, Claire. Ich will mich nicht zu einem Heiligen machen. Bei meiner Arbeit erlebe ich immer wieder die Hölle. Ich versuche, alles andere auszublenden, nicht daran zu denken, zum Beispiel an Kinder.«
    »Es klingt, als wären Sie der Meinung, Sie könnten sonst Ihre Arbeit nicht erledigen.«
    Web warf ihr einen knappen Blick zu. »Glauben Sie, dass so etwas mit mir passiert sein könnte? Dass ich den Jungen sah und in meinem Gehirn etwas aussetzte?«
    »Das ist durchaus möglich, Web. Ein Schock, ein posttraumatisches Stresssyndrom, das einen Schwächeanfall auslöste, mit einer ganzen Reihe weiterer körperlicher Lähmungserscheinungen. So etwas geschieht häufiger, als man gemeinhin denkt. Ein Kampfeinsatz ist eine außerordentliche Stresssituation.«
    »Aber es war noch gar nichts passiert. Niemand hatte einen einzigen Schuss abgegeben.«
    »Sie sind schon seit vielen Jahren im Einsatz, Web. So etwas kann sich ansammeln, und die Auswirkung dieser Akkumulation kann sich im ungeeignetsten Moment und auf die unangenehmste Weise manifestieren. Sie sind nicht der Erste, der in einen Kampf zieht und plötzlich solche Symptome entwickelt.«
    »Jedenfalls war es das erste Mal, dass mir so etwas passiert ist«, sagte Web mit leichter Schroffheit. »Und mein Team hat genau dasselbe durchgemacht wie ich, und von ihnen ist keiner ausgerastet.«
    »Auch wenn Ihnen so etwas zum ersten Mal zugestoßen ist, Web, müssen Sie verstehen, dass jeder von uns unterschiedlich reagiert. Sie können sich nicht mit allen anderen vergleichen. Damit werden Sie sich selbst nicht gerecht.«
    Er zeigte mit einem Finger auf sie. »Ich werde Ihnen sagen, was gerecht ist. Es wäre gerecht gewesen, wenn ich in jener Nacht etwas hätte unternehmen können. Wenn ich etwas gesehen und die anderen gewarnt hätte. Dann wären sie vielleicht noch am Leben, und ich würde nicht hier herumsitzen und mit Ihnen darüber reden, warum sie nicht mehr am Leben sind.«
    »Ich verstehe, dass Sie wütend sind und dass das Leben oft ungerecht ist. Sie haben zweifellos zahlreiche Beispiele dafür erlebt. Die Frage ist, wie Sie am besten mit dieser Tatsache umgehen.«
    »Wie soll ich Ihrer Meinung nach mit so etwas umgehen? Ich kann mir nicht vorstellen, wie es noch schlimmer kommen könnte.«
    »Ich glaube Ihnen, dass die Sache im Augenblick hoffnungslos erscheint, aber es wäre noch viel schlimmer, wenn Sie damit nicht zurechtkommen und Ihr Leben nicht fortsetzen können.«
    »Mein Leben? Ja, richtig, es sieht tatsächlich so aus, als hätte ich noch ein Leben vor mir. Möchten Sie mit mir tauschen? Ich würde Ihnen ein supergünstiges Angebot machen.«
    »Möchten Sie wieder für die Geiselrettung arbeiten?«, fragte sie unumwunden.
    »Ja«, antwortete er prompt.
    »Sind Sie sich sicher?«
    »Ich bin mir absolut sicher.«
    »Dann wäre das ein Ziel, auf das wir gemeinsam hinarbeiten könnten.«
    Web strich mit der Hand an seinem Schenkel entlang und legte sie auf die Beule, unter der sich seine Pistole verbarg. »Halten Sie das wirklich für möglich? Ich meine, im HRT kann man sich keine Schwächen erlauben, dann ist man sofort draußen.« Draußen, ausgestoßen von der einzigen Gemeinschaft, in der er sich jemals richtig zu Hause gefühlt hatte.
    »Wir können es versuchen, Web, mehr kann ich

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