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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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ist für Lou.« Sie spuckte noch einmal. »Das ist für mein Baby. Fahr zur Hölle! Du wirst zur Hölle fahren, Web London.« Dann gab sie ihm eine Ohrfeige. Der Schlag traf ihn genau auf seine wiederhergestellte Wange. Diese Anstrengung hätte sie beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht. »Und das ist für mich, du Scheißkerl! Du... du...!«
    Julie hatte sich völlig verausgabt, und Bates musste sie auffangen, bevor sie zusammengebrochen wäre. Er und seine Leute brachten sie hinaus, und die aufgeregte Menge zog sich zurück, um kleine Diskussionsgruppen zu bilden. Viele warfen Web wütende Blicke zu.
    Web rührte sich nicht. Er hatte sich nicht einmal Julies Speichel abgewischt. Sein Gesicht war gerötet, wo sie ihn geschlagen hatte. Er war soeben als Missgeburt, als Feigling und als Verräter bezeichnet worden. Julie Patterson hätte ihm genauso gut den Kopf abschneiden und auch den mitnehmen können. Web hätte jeden Mann, der so etwas zu ihm gesagt hätte, zu Tode geprügelt. Aber von einer trauernden Witwe und Mutter musste er sich diese Worte gefallen lassen. Er hätte seine Wut über diese Ungerechtigkeit am liebsten gegen sich selbst gerichtet. Kein Wort von dem, was sie gesagt hatte, stimmte, aber wie konnte Web ihr in irgendeinem Punkt widersprechen?
    »Entschuldigung, Sie sind Web London, nicht wahr?«, sagte der Reporter, der schräg hinter ihm stand. »Ich weiß, dass jetzt wahrscheinlich ein ungünstiger Augenblick ist, aber die Nachrichten warten nicht. Wären Sie bereit, mit uns zu reden?« Web antwortete nicht. »Kommen Sie«, sagte der Reporter. »Nur eine Minute. Nur ein paar Fragen.«
    »Nein«, sagte Web und machte sich auf den Weg nach draußen. Bis zu diesem Moment war er sich gar nicht sicher, ob er wirklich noch zum Gehen imstande war.
    »Hören Sie, wir werden auch mit der Dame sprechen. Und Sie möchten bestimmt nicht, dass die Öffentlichkeit nur von Mrs Pattersons Seite erfährt. Ich gebe Ihnen die Gelegenheit, Ihre Version der Geschichte zu erzählen. Schließlich wollen wir nicht ungerecht sein.«
    Web drehte sich um und packte den Mann am Arm. »Es gibt keine >Seiten< oder >Versionen<. Und Sie werden die Frau in Ruhe lassen. Sie hat schon genug gelitten. Für den Rest ihres Lebens. Lassen Sie sie zufrieden! Haben Sie mich verstanden?«
    »Ich mache nur meinen Job.« Der Reporter löste behutsam Webs Hand von seinem Arm und blickte sich zum Kameramann um. Ausgezeichnet, lautete der unausgesprochene Gedanke, den die beiden stumm austauschten.
    Web ging zur Tür hinaus und entfernte sich mit schnellen Schritten von der Kirche der Berühmten und Betuchten. Er stieg in den Mach, startete den Motor und fuhr los. Er riss sich die Krawatte ab und schaute in seine Brieftasche, um sich zu vergewissern, dass er genügend Bargeld dabeihatte. Dann hielt er an einem Getränkeladen und kaufte sich zwei Flaschen billigen Chianti und ein Sechserpack Negra Modelo.
    Er fuhr nach Hause, verschloss alle Türen und ließ vor allen Fenstern die Jalousien herunter. Er ging ins Bad, schaltete das Licht ein und betrachtete sich im Spiegel. Die Haut auf seiner rechten Gesichtshälfte war leicht gebräunt, relativ glatt, mit Ausnahme einiger Barthaare, die er nicht mit dem Rasierapparat erwischt hatte. Ein gutes Stück Haut, völlig in Ordnung. »Ein Stück Haut.« So musste er es heutzutage ausdrücken. Die Zeiten waren lange vorbei, in denen die Leute manchmal gesagt hatten, wie gut er aussah. Julie Patterson jedoch hatte keine Schwierigkeiten gehabt, eine Bemerkung zu seiner Visage zu machen. Aber Frankenstein? So hat mich noch niemand genannt, Julie. Wenn er länger darüber nachdachte, konnte er nicht mehr so viel Verständnis für diese Frau aufbringen. Du hättest Lou schon vor langer Zeit verloren, wenn Frankenstein nicht getan hätte, was ihn eine verdammte Hälfte seines Gesichts gekostet hatte. Hast du das schon vergessen? Ich habe es nicht vergessen, Julie. Ich sehe es jeden Tag im Spiegel.
    Er drehte sich ein wenig, um seine linke Gesichtshälfte betrachten zu können. Dort wuchsen überhaupt keine Barthaare. Und die Haut wurde niemals braun. Die Ärzte hatten gesagt, dass so etwas geschehen konnte. Und es schien nicht genügend Haut zu sein, denn sie war sehr straff gespannt. Manchmal, wenn er lachen oder grinsen wollte, konnte er es nicht, weil diese Gesichtshälfte nicht mitmachen wollte, als wollte sie ihm sagen: Nicht mit mir, Kumpel! Schau, was du mir angetan hast! Die Verletzung reichte bis

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