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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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mit dem Fuß gegen eine Weinflasche. Sie fiel um, zersprang, und Chianti ergoss sich über den Boden. Web warf die Flasche in den Abfall, holte ein paar Haushaltstücher und wischte die Flüssigkeit auf. Danach waren seine Hände rot vom Wein, und einen benebelten Augenblick lang war sein träger Geist der Überzeugung, dass man auf ihn geschossen hatte, während er schlief.
    Die Geräusche vor dem hinteren Fenster seines Hauses veranlassten ihn, die Treppe hochzustürmen und sich seine Pistole zu schnappen. Web ging zur Vordertür und hatte vor, sich von draußen anzuschleichen, um unbeobachtet festzustellen, was los war. Vielleicht war es nur ein streunender Hund oder ein Eichhörnchen, aber Web glaubte nicht daran. Menschliche Füße, die sich bemühten, möglichst leise aufzutreten, hatten einen ganz bestimmten Klang, wenn man auf solche Dinge zu achten verstand. Und Web verstand es.
    Als er die Tür öffnete, kam der Ansturm der Menschenmenge so überraschend, dass Web beinahe seine Waffe gezogen und geschossen hätte. Die Reporter wedelten mit Mikrofonen und Notizblöcken und riefen ihm so schnell Fragen zu, dass es den Anschein hatte, sie würden Mandarin sprechen. Sie schrien ihm zu, er sollte in diese oder jene Richtung blicken, damit sie ihn fotografieren oder filmen konnten, als wäre er ein prominenter Star - oder wohl eher ein Tier im Zoo. Web blickte über die Menge hinweg auf die Straße, wo die Medienkreuzer mit ihren hohen elektronischen Masten neben seinem bescheidenen Auto vor Anker gegangen waren. Die zwei FBI-Agenten, die man abgestellt hatte, um sein Haus zu bewachen, versuchten die Masse zurückzuhalten, aber gegen diese Übermacht hatten sie nicht die geringste Chance.
    »Was wollen Sie hier?«, schrie Web.
    Eine Frau im beigefarbenen Leinenanzug, das blonde Haar kunstvoll hochgesteckt, schob sich nach vorn und stellte einen Fuß im Stöckelschuh auf die steinerne Schwelle, nur wenige Zentimeter von Webs Fuß entfernt. Als er ihr schweres Parfüm roch, drehte sich ihm der leere Magen um. »Ist es wahr«, fragte sie, »dass Sie behaupten, Sie wären gestürzt, kurz bevor alle übrigen Mitglieder Ihrer Einsatzgruppe getötet wurden, und dass Sie keine Erklärung dafür haben? Und dass das der Grund ist, warum Sie überlebt haben?« Die Bewegung ihrer Augenbrauen verriet ganz genau, was die Frau von dieser absurden Geschichte hielt.
    »Ich... «
    Ein anderer Reporter, ein Mann, hielt Web sein Mikrofon vors Gesicht. 
    »Es gab Berichte, nach denen Sie gar nicht mit Ihrer Waffe geschossen haben sollen, dass das Maschinengewehrfeuer irgendwie von selbst aufhörte und dass Sie in Wirklichkeit niemals in Gefahr waren. Was sagen Sie dazu?«
    Die Masse der Körper bestürmte Web mit weiteren Fragen. »Ist es wahr, dass Sie während Ihrer Zeit im Washington Field Office eine Bewährungstrafe erhielten, weil Sie einen Regelverstoß begingen, der zur Verletzung eines Verdächtigen führte?«
    »Was, zum Teufel, hat das mit...«, sagte Web.
    Eine andere Frau drängte sich von der Seite an ihn heran. »Ich habe aus zuverlässigen Quellen erfahren, dass der Junge, den sie angeblich gerettet haben, in Wirklichkeit ein Komplize bei dieser Aktion war.«
    Web starrte sie an. 
    »Wessen Komplize? Wobei?«
    Die Frau bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick. »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir diese Frage beantworten.«
    Web schlug die Tür zu, lief in die Küche, schnappte sich die Schlüssel des Suburban und ging wieder nach draußen. Er drängte sich durch die Menge und warf seinen Agentenkollegen Hilfe suchende Blicke zu. Sie näherten sich ihm, versuchten ein paar Leute aus dem Weg zu ziehen, aber Web hatte den Eindruck, dass sie nur halbherzig bei der Sache waren. Außerdem wichen sie seinem Blick aus. So läuft der Laden also, dachte Web.
    Plötzlich schob sich die Menge dichter an ihn heran und versperrte ihm den Weg zu seinem Fahrzeug.
    »Gehen Sie beiseite!«, schrie Web. Er sah sich um. Die gesamte Nachbarschaft beobachtete das Geschehen. Männer, Frauen und Kinder, die seine Freunde oder zumindest Bekannte waren, verfolgten dieses Spektakel mit großen Augen und offenen Mündern.
    »Werden Sie auf Mrs Pattersons Anklagepunkte antworten?«
    Web hielt inne und sah sich den Mann an, der diese Frage gestellt hatte. Es war der Reporter vom Trauergottesdienst.
    »Nun?«, drängte er hartnäckig.
    »Ich wusste gar nicht, dass Julie Patterson das Recht hat, Anklage zu erheben«, sagte Web.
    »Sie hat

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