Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
ich nicht versagen darf?«
Der Graf von Utanyeat stand langsam auf. Seine Kleidung war schmutzig. Wortlos kehrte er seinem Lehnsherrn den Rücken und stolperte quer durch den Thronsaal, schob sich zur Tür hinaus und trat in die Vorhalle, ohne sich ein einziges Mal umzusehen.
»Verstehst du nun?«, schrie Elias ihm nach.
Drei Raben flatterten auf das Fensterbrett. Mit gelben, wachsamen Augen standen sie dort, einer dicht neben dem anderen. »Guthwulf?« Elias schrie nicht mehr, und trotzdem dröhnte seine Stimme durch den stillen Raum wie Glockenschlag. »Komm zurück, alter Freund.«
»Sieh nur, Binabik!«, rief Simon. »Was tun diese Vögel da?«
Der Blick des Trolls folgte Simons Zeigefinger. Am Himmel tobten die Raben und zogen lange, verschlungene Kreise.
»Vielleicht beunruhigt sie etwas.« Binabik zuckte die Achseln. »Ich habe nicht viel Wissen über solche Tiere….«
»Nein, sie suchen etwas!«, sagte Simon erregt. »Sie suchen etwas! Ich weiß es! Sieh doch nur!«
»Aber sie bleiben immer über uns.« Binabik sprach lauter, als dieRaben aufeinander einzuschreien begannen. Ihre krächzenden Stimmen hallten messerscharf durch die stille Luft.
Sludig hatte jetzt auch sein Pferd gezügelt und betrachtete das merkwürdige Schauspiel. »Wenn das nicht irgendein Teufelswerk ist«, erklärte er, »will ich kein Ädoniter sein. Der Rabe war Alt-Einaugs Vogel, damals in den dunklen Tagen …«
Er verstummte, als ihm etwas Neues auffiel. »Dort!«, rief er und deutete mit dem Finger. »Jagen sie nicht einen anderen Vogel?«
Jetzt konnte Simon es auch sehen: etwas viel Kleineres, Graues, das wild zwischen den Schwarzen herumflatterte und jäh nach allen Seiten schoss, einmal hierhin, einmal dorthin. Überall schien einer der größeren Vögel bereits zu warten. Simon konnte klar erkennen, dass der Graue ermattete. Seine Sturzflüge wurden immer zielloser, er entkam mit jedem Mal knapper.
»Es ist ein Sperling!«, rief Simon. »Wie die von Morgenes! Sie werden ihn töten!«
Noch während er das sagte, schien der sausende Ring der Räuber zu spüren, dass seine Beute am Ende ihrer Kräfte war. Der wirbelnde Trichter zog sich zusammen, und die krächzenden Stimmen erhoben sich zu einem triumphalen Kreischen. Aber gerade als es aussah, als sei die Jagd beendet, fand der Sperling ein Schlupfloch und brach aus dem schwarzen Ring hervor. Schwankend schoss er auf eine Fichtengruppe zu, die etwa eine halbe Achtelmeile vor ihnen stand. Die Raben schrien und brausten hinter ihm her.
»Ich halte es nicht für einen Zufall, dass dieser Vogel sich hier aufhält«, sagte Binabik und schraubte seinen Wanderstab auseinander, um den Beutel mit den Dornen herauszuschütteln. »Oder dass die Raben mit solcher Geduldigkeit gerade hier gewartet haben.« Er packte Qantaqa beim Nackenhaar. »Chok, Qantaqa!«, schrie er. »Ummu chok!«
Die Wölfin rannte davon, dass der Schnee unter ihren breiten Pfoten knirschte. Sludig rammte seinem Pferd die Absätze in die Flanken und eilte ihr nach. Simon fluchte wortlos, weil er Heimfinders Zügel durcheinandergebracht hatte. Bis er sie wieder ordnen konnte, war die Stute Sludigs Pferd von allein gefolgt. Simon umklammerte ihren Hals, während sie über den unebenen Schneebodengaloppierten. Der von den Hufen aufgewirbelte Matsch brannte ihm in den Augen.
Die Raben kreisten um das Gehölz wie ein schwarzer Bienenschwarm. Vorne verschwand Binabik bereits unter den dichtstehenden Stämmen. Sludig, gleich dahinter, hatte den Speer in der Hand. Simon konnte sich gerade noch den Kopf zerbrechen, wie der Rimmersmann mit seinem schweren Speer Vögel töten wollte, dann ragte auch vor ihm die Reihe der Bäume auf. Er zog die Zügel an, damit das Pferd langsamer lief, und duckte sich unter einem niedrig hängenden Ast weg, allerdings nicht schnell genug, um einem Klumpen Schnee zu entgehen, der in die Kapuze seines Mantels fiel und ihm in den Hals rutschte.
Im Mittelpunkt des Gehölzes stand Binabik neben Qantaqa und hatte das Blasrohr am Mund. Die Wangen des Trolls blähten sich. Gleich darauf plumpste ein großes, schwarzes Bündel aus den Zweigen und flatterte in einem langsamen Bogen zu Boden und starb. »Dort!«, sagte Binabik und zeigte mit dem Finger. Sludig stocherte mit dem Speer nach oben und schlug mit der Spitze an die Äste. Qantaqa stieß ein scharfes, erregtes Gebell aus.
An Simons Gesicht schoss ein schwarzer Flügel vorbei. Der Rabe hackte auf Sludigs Hinterkopf ein. Seine
Weitere Kostenlose Bücher