Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
was ihm trotz der fehlenden Hand geschickt gelang.
Als er die Schnalle geschlossen hatte, zog Josua Naidel heraus und hielt die schlanke Klinge ins Morgenlicht. Hotvig trat respektvoll zurück. »Würdet Ihr mir einen Wetzstein geben?«, fragte Josua. »Die Schneide ist stumpf.«
Der Mark-Than lachte und holte aus einem Beutel an seinem breiten Gürtel sein eigenes Gerät. »Wetz sie, Steinhäusler, wetz sie! Wir wollen einen guten Kampf sehen, ganz wie ihr bei euren Turnieren in der Stadt. Allerdings wird es etwas anders zugehen als bei euren Schlossspielen, denke ich.«
Josua zuckte die Achseln und strich einen Ölfilm auf Naidels Schneide. »Daraus habe ich mir ohnehin nie viel gemacht.«
Fikolmijs Augen wurden schmal. »Du wirkst erstaunlich kräftig, wenn man die Lehre berücksichtigt, die ich dir gestern erteilt habe. Hat die Hexe einen Zauber über dich gelegt? Das wäre unehrenhaft.«
Wieder hob Josua die Schultern, um anzudeuten, wie wenig ihn Fikolmijs Anschauung von Ehre kümmerte. Aber Geloë trat vor. »Es gibt hier weder Zaubermittel noch magische Sprüche.«
Fikolmij musterte sie misstrauisch und wandte sich dann noch einmal an Josua. »Also gut. Wenn du bereit bist, werden meine Männer dich holen. Ich freue mich, dich auf den Beinen zu sehen. So verspricht es ein besserer Kampf zu werden.« Dicht gefolgt von drei seiner Wachen stapfte der Mark-Than von der Koppel.
Deornoth, der dem Wortwechsel gelauscht hatte, fluchte leise vor sich hin. Er wusste, welche Anstrengung es den Prinzen gekostet hatte, sich so kaltblütig zu geben. Zusammen mit Isorn hatte er Josua unmittelbar vor dem ersten Morgengrauen beim Aufstehen geholfen. Trotz des Heiltranks, den Geloë ihm eingeflößt hatte – ein gewiss nicht zauberkräftiges Gebräu, das seine Kräfte stärken sollte; Geloë hatte beklagt, dass ihr das Hohnblatt abging, das den Trank erst richtig wirksam gemacht hätte –, war es dem Prinzen schwergefallen, sich allein anzuziehen. Fikolmijs Prügel hatten seinem schlecht ernährten Körper schlimm zugesetzt. Deornoth zweifelte insgeheim sogar daran, dass Josua, sobald er ein paar Minuten das Schwert geschwungen hatte, überhaupt noch aufrecht stehen könnte.
Jetzt näherte sich Vater Strangyeard dem Prinzen. »Eure Hoheit, gibt es denn wirklich keinen anderen Weg? Ich weiß, dass die Thrithingmänner Barbaren sind, aber Gott achtet nichts in seiner Schöpfung gering. Er hat in jede Brust den Funken der Barmherzigkeit gelegt. Vielleicht …«
»Es sind nicht die Thrithingmänner, die meinen Tod wollen«, erklärte Josua dem einäugigen Priester freundlich. »Es ist Fikolmij. Er hegt einen uralten Hass gegen mich und mein Haus, einen Hass, den er nicht einmal sich selbst wirklich eingesteht.«
»Aber ich dachte, der Stamm des Hengstes hätte im Krieg für Euren Vater gekämpft«, warf Isorn ein . »Warum sollte er Euch hassen?«
»Eben weil es mein Vater war, mit dessen Hilfe er Than der Hoch-Thrithinge geworden ist. Er kann uns die Tatsache nicht verzeihen, dass es wir Steinhäusler waren, die ihm zu der Macht verhalfen, die sein eigenes Volk ihm nicht geben wollte. Dann lief ihm seine Tochter fort, und ich nahm sie mit mir, sodass ihm ein Brautpreis an Pferden verlorenging. Das ist für den Mark-Than eine große Schande. Nein, es gibt keine Worte, priesterliche oder andere, die Fikolmij das vergessen lassen könnten.«
Josua warf einen letzten Blick auf Naidels scharfe Klinge und ließ es dann in die Scheide zurückgleiten. Er sah seine versammelten Gefährten nacheinander an, »Kopf hoch«, mahnte er. Der Prinz machte einen erstaunlich klaräugigen und heiteren Eindruck. »DerTod ist kein Feind. Ich bin sicher, dass Gott für uns alle einen Platz bereithält.« Er ging auf das Tor im Zaun zu. Fikolmijs Wachen öffneten es und formierten sich zu einer speerbewehrten Eskorte, in deren Mitte Josua durch die Wagenstadt schritt. Die anderen folgten bekümmert.
Eine frische, kühle Brise wehte über das Grasland, summte in den Zeltschnüren und zauste mit unsichtbarer Hand die Wiesen. Die flachen Hügel waren übersät mit weidendem Vieh. Dutzende schmuddliger Kinder, die zwischen den Wagen hin- und herliefen, unterbrachen ihre Spiele, um Josua und seinem schäbigen Hofstaat nachzulaufen, während sie sich auf dem Weg zum Weidegrund des Mark-Thans befanden.
Deornoth musterte die Gesichter der Kinder und ihrer Eltern, die sich der immer größer werdenden Prozession anschlossen. Wo er Hass und
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