Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
mit finsterer Miene zu.
»Was setzt du, Kleiner?«, schrie ein Stammeskrieger aus den vordersten Reihen.
»Alles, was mir noch bleibt: meine Ehre und die meines Volkes.« Josua zog Naidel aus der Scheide und hob es über den Kopf. Sein Hemdsärmel fiel zurück. Elias’ verrostete Handschelle, die er noch immer am linken Gelenk trug, wurde vom Morgenlicht blutrot gefärbt. »Ich bin Priester Johans Sohn, des Hochkönigs, an den auch ihr euch noch gut erinnert. Fikolmij kannte ihn von euch allen am besten.« Die Menge murmelte. Knurrend brachte der Mark-Than sein Missfallen über diesen Auftritt zum Ausdruck.
»Das ist meine Wette!«, rief Josua. »Wenn ich durch UtvartsSchwert falle, dann schwöre ich, dass dies der Beweis dafür sein soll, dass unser Gott, Usires Ädon, schwach ist und Fikolmij die Wahrheit spricht, wenn er sich stärker als die Steinhäusler nennt. Dann werdet ihr wissen, dass der Hengst eures Mark-Thans mächtiger ist als Drachen und Baum vom Hause Johans, dem größten aller Häuser in den Stadtländern von Osten Ard.«
Ein Chor schreiender Stimmen erhob sich. Josua blickte ruhig auf die Menge. »Was wettet Fikolmij?«, rief endlich jemand. Utvart, nur wenige Ellen von Josua entfernt, starrte ihn grimmig an, sichtlich erbost darüber, dass sich Josua so in den Vordergrund gespielt hatte, zugleich unsicher, ob nicht Josuas Wette auch ihm mehr Glanz verleihen könnte, wenn er den verkrüppelten Steinhäusler erschlug.
»So viele Pferde wie Varas Brautpreis und freien, ungehinderten Abzug für mich und meine Leute«, erklärte Josua. »Nicht viel als Gegenwert für die Ehre eines Prinzen von Erkynland.«
»Eines Prinzen ohne Haus!«, höhnte jemand, aber eine Vielzahl anderer Stimmen übertönte den Spötter und forderte Fikolmij auf, die Wette anzunehmen. Ein Narr wäre er, schrien sie, ließe er zu, dass dieser Steinhäusler ihn beschämte. Der Mark-Than, das Gesicht vor Wut verzerrt, wurde vom Drängen der Menge überspült wie von einem Regenguss. Er sah aus, als würde er Josua am liebsten alle zehn Finger um den Hals legen und den Prinzen eigenhändig erdrosseln.
»Also gut. Es soll so sein!«, fauchte er endlich und hob mit einwilligender Gebärde den Arm. Die Zuschauer jubelten. »Beim Grasdonnerer, ihr habt ihn gehört. Die Wette gilt. Meine Pferde gegen seine leeren Worte. Nun aber soll dieser Torheit ein schnelles Ende beschieden sein.«
Dem Mark-Than schien das Vergnügen weitgehend vergangen zu sein. Er neigte sich vor und sagte so leise, dass nur Josua es hören konnte: »Wenn du tot bist, werde ich deine Frauen und das Kind mit eigenen Händen umbringen. Kein Mann macht mich vor meinem ganzen Stamm zur Zielscheibe seiner Witze und stiehlt Pferde, die mein rechtmäßiges Eigentum sind.« Damit drehte er sich um, schritt zu seinem Hocker zurück und blickte finster in die Richtung einiger Randwächter, die sich erdreistet hatten, einen Scherz zu machen.
Josua schnallte den Schwertgurt ab und warf ihn beiseite. Utvarttrat vor. Seine sehnigen Arme glänzten, als er die schwere Klinge hob.
»Du faselst und faselst und faselst, kleiner Mann«, knurrte der Grasländer. »Du redest zu viel.«
Eine Sekunde später setzte er in drei langen Sprüngen über den Erdstreifen, der die beiden trennte, und schwang in gewaltigem Bogen sein Schwert. Naidel blitzte auf und lenkte den Hieb klirrend ab. Aber bevor Josua seinerseits mit der schlanken Klinge ausholen konnte, hatte Utvart kehrtgemacht und einen weiteren kraftvollen, beidhändigen Streich geführt. Wieder gelang es Josua, dem Angriff auszuweichen, aber diesmal traf das Krummschwert so hart auf das Stichblatt des Prinzen, dass ihm Naidel um ein Haar aus der Hand geflogen wäre. Er stolperte ein paar Schritte rückwärts über die schlammige Wiese, bis er das Gleichgewicht wiederfand. Utvart begann ihn mit wildem Grinsen zu umkreisen. Er zwang Josua zu schnellen Drehungen; denn nur so konnte der Prinz dem Thrithingmann stets die linke Schulter zuwenden. Plötzlich machte Utvart eine Finte, dann einen Ausfall. Josua rutschte mit dem Stiefelabsatz auf dem von Hufen zertrampelten Boden aus und musste sich mit dem Knie abfangen. Zwar gelang es ihm auch diesmal, Utvarts Stoß abzulenken, aber als der Hüne seine Klinge zurückriss, streifte sie Josuas Schwertarm und überzog ihn mit einem blutigen Striemen.
Vorsichtig stand der Prinz auf. Utvart fletschte die Zähne und setzte sein Umkreisen fort. Von Josuas Handrücken tropfte es rot.
Weitere Kostenlose Bücher