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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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das nutzlose Anrennen gegen unüberwindliche Hindernisse, die panische und unsinnige Flucht vor dem unausweichlichen Sieg des Todes?
    Aufgeben … einfach nicht weiterkämpfen …
    Es hatte einen besänftigenden Klang, wie ein trauriges, aber schönes Lied. Wie ein sanftes Versprechen war es, ein Kuss vor dem Einschlafen …
    Simon kippte nach vorn. Vor Schreck wurde er hellwach. Seine Hand schoss vor und stützte sich gegen den Stamm einer kahlen Birke. Sein Herz jagte.
    Verblüfft sah er, dass seine Schultern und Stiefel mit dichtem Schnee bedeckt waren, als hätte er schon lange so dagestanden – dabei war es ihm wie ein ganz kurzer Augenblick vorgekommen! Er schüttelte den Kopf und ohrfeigte sich, bis der brennende Schmerz das Leben in seinen Körper zurücktrieb. Im Stehen einzuschlafen! Auf den Füßen zu erfrieren! Was für ein Mondkalb war er bloß!
    Nein. Wieder schüttelte er knurrend den Kopf. Binabik und Sludig hatten gesagt, er sei beinah ein Mann – so leicht durfte er sie nicht Lügen strafen. Es war kalt, und er hatte Hunger, sonst nichts. Er würde nicht flennen und einfach aufgeben wie ein jämmerlicher Küchenjunge, den man aus der Küche geworfen hatte. Simon hatte viel gesehen und geleistet. Er hatte schon Schlimmeres überstanden.
    Aber was sollte er tun?
    Den Mangel an Nahrung konnte er nicht sofort beseitigen, das wusste er, aber das war auch nicht das Ärgste. An etwas, das Binabik gesagt hatte, erinnerte sich Simon sehr gut, nämlich, dass man es sehr lange ohne Essen aushalten, aber in der Kälte keine einzige Nacht überleben konnte, wenn man keinen Unterschlupf fand. Darum, hatte der Troll immer wiederholt, wäre ein Feuer das Allerwichtigste.
    Aber Simon hatte kein Feuer und konnte auch keines anzünden.
    Während er über diese unbarmherzige Tatsache nachgrübelte, marschierte er weiter. Trotz der schnell zunehmenden Dunkelheit hoffte er immer noch, einen erträglichen Lagerplatz zu finden. Der Schnee fiel jetzt immer dichter. Simons Weg führte ihn durch eine lange, nicht allzu tiefe Schlucht. Er suchte nach einer höher gelegenen Stelle, einem Ort, an dem er sich, sofern er die Nacht überlebte, nicht erst morgens einen Weg freigraben musste. Beim Gedankendaran verzogen sich seine aufgesprungenen Lippen zu einem schmerzhaften Lächeln. Er hatte in letzter Zeit so viel Pech, dass die Stelle weiter oben, die er sich aussuchte, wahrscheinlich vom Blitz getroffen werden würde.
    Er lachte heiser. Für einen Moment machte ihm der Klang seiner eigenen Belustigung Mut, aber der Wind riss ihn fort, bevor Simon das Gefühl recht genießen konnte.
    Der Platz, den er wählte, bestand aus einer Gruppe Schierlingstannen, die sich auf einem niedrigen Hügel aneinanderdrängten wie Wachposten in weißen Umhängen. Der Schutz einiger großer Steine oder noch besser einer Höhle wäre ihm lieber gewesen, aber so viel Glück war ihm nicht beschieden. Er verdrängte das Gurgeln seines leeren Magens und sah sich kurz in dem kleinen Gehölz um, bevor er sich daran machte, Schnee zu harten Klumpen zu pressen. Diese schichtete er auf der dem Wind zugekehrten Seite zwischen den Bäumen auf, drückte sie aneinander und strich sie glatt, bis er eine kleine Mauer errichtet hatte, etwas höher als seine Knie.
    Als das letzte, blutrote Licht vom Himmel herunterzusickern begann, riss Simon von den umstehenden Tannen Zweige ab und häufte sie hinter seinem Schneebollwerk auf, bis er ein Bett aus elastischen Nadeln hatte, das fast die Höhe der Mauer erreichte. Damit nicht zufrieden, umkreiste er weiter die Lichtung und schnitt mit seinem Qanucmesser Hände voller Äste ab, bis ein zweiter, ebenso großer Haufen neben dem ersten lag. Einen Moment hielt er schwer atmend inne und spürte, wie die kalte Luft die Wärme so rasch von seinem entblößten Gesicht saugte, als hätte man ihm eine Maske aus Schnee aufgesetzt.
    Jäh kam ihm zu Bewusstsein, wie ungeheuerlich sein Versuch war, sich in der vor ihm liegenden Winternacht warm zu halten – und dass er, wenn seine Maßnahmen falsch waren, am nächsten Morgen vielleicht nicht wieder aufwachen würde. Das spornte ihn zu neuen fieberhaften Anstrengungen an. Er verstärkte die Schneemauer, indem er sie noch etwas höher und erheblich dicker machte, und baute dann auf der anderen Seite der aufgestapelten Äste einen zweiten, von Baumstämmen gestützten, niedrigeren Windfang. Errannte kreuz und quer durch das Gehölz und schnitt noch mehr Zweige ab – seine

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