Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
nicht für euch sprechen, wenn keiner uns versteht«, meinte Haestan leise.
    »Wir werden euch helfen, Binabik«, betonte Simon nachdrücklich, »aber dein Schweigen nützt niemandem.«
    »Dies, wie ich sagte, ist eine Seltsamkeit«, krächzte Binabik. »Man verurteilt mich wegen Ehrlosigkeit, doch um der Ehre willen muss ich meine Untaten für Fremde übersetzen, weil sie geehrte Gäste sind.« Der Anflug eines grimmigen Lächelns umspielte seine Mundwinkel. »Hochgeschätzter Gast, Drachentöter, der sich in anderer Leute Angelegenheiten mischt – irgendwie habe ich das Gefühl, dass du es warst, der seine Finger hier im Spiel hatte, Simon.« Er kniff die Augen zusammen und streckte dann einen kurzen, stämmigen Finger aus, als wollte er Simons Gesicht berühren. »Du trägst eine wackere Narbe, Freund.«
    »Was hast du getan, Binabik? Oder was denken sie, das du getan hast?«
    Das Lächeln des kleinen Mannes verschwand. »Ich habe meinen Eid gebrochen.«
    Nunuuika machte eine scharfe Bemerkung. Binabik sah auf und nickte. »Die Jägerin sagt, ich hätte Zeit genug zum Erklären gehabt. Nun müssen meine Verbrechen ans Licht gezerrt werden, damit jeder sie sehen kann.«
    Nachdem Binabik die Verhandlung in die Westerlingsprache zu übertragen begonnen hatte, schien auf einmal alles viel schneller zu gehen. Manchmal sah es so aus, als wiederhole er alles Gesprochene Wort für Wort, manchmal packte er lange Reden in kurze Zusammenfassungen. Obwohl Binabik beim Übersetzen etwas von seiner vertrauten Energie zurückzugewinnen schien, bestand jedoch kein Zweifel am Ernst seiner Lage.
    »Binabik, Lehrling des Singenden Mannes, des großen Ookequk, man nennt dich einen Eidbrecher.« Uammannaq der Hirte beugte sich vor und zwirbelte verdrießlich den dünnen Bart, als sei ihm das ganze Verfahren unangenehm. »Bestreitest du den Vorwurf?«
    Als Binabik die Frage des Hirten zu Ende übersetzt hatte, trat ein langes Schweigen ein. Schließlich wandte Binabik sich von seinen Freunden ab, um den Herrschern von Yiqanuc in die Augen zu sehen. »Ich bestreite nichts«, sagte er. »Aber ich möchte die volle Wahrheit berichten, wenn Ihr mir zuhören wollt, Scharfäugigster und Zügelsicherster.«
    Nunuuika lehnte sich in den Kissen zurück. »Dafür wird Zeit sein.« Sie sah ihren Gatten an. »Er leugnet nicht.«
    »Das«, erklärte Uammannaq gewichtig, »ist Binabiks Anklage. Du, Crohuck«, er drehte den runden Kopf nach Sludig, »wirst beschuldigt, einem gesetzlosen Volk anzugehören, das seit unvordenklichen Zeiten die unseren überfällt und ihnen Schaden zufügt. Dass du ein Rimmersmann bist, kann niemand bestreiten, darum bleibt die Anklage gegen dich bestehen, wie sie ausgesprochen wurde.«
    Als ihm die Worte des Hirten übersetzt wurden, wollte Sludig zornig etwas erwidern, aber Binabik hob die Hand, damit er schwieg. Erstaunlicherweise gehorchte Sludig.
    »Es kann wohl keine wahre Gerechtigkeit zwischen alten Feinden geben«, murmelte der Nordmann zu Simon. Sein grimmiger Blick machte einem unglücklichen Stirnrunzeln Platz. »Und doch gibt es Trolle, die in den Händen meiner Gesippen weniger Glück gehabt haben als ich hier.«
    »Lasst nun jene sprechen, die zur Anklage Grund haben«, verkündete Uammannaq.
    Eine Art erwartungsvoller Stille erfüllte die Höhle. Mit klappernden und bebenden Halsketten trat der Herold vor. Aus den Augen seines Widderschädels musterte er Binabik mit unverhohlener Verachtung, hob dann die Hand und sprach mit schwerer, rauher Stimme.
    »Qangolik der Geisterrufer erklärt, dass der Singende Mann Ookequk am letzten Tag des Winters nicht im Eishaus erschienenist, wie es bei unserem Volke Gesetz ist, seit Sedda uns diese Berge schenkte«, übersetzte Binabik. Seine Stimme hatte etwas vom abstoßenden Tonfall seines Anklägers angenommen. »Qangolik erklärt, dass auch Binabik, der Schüler des Singenden Mannes, nicht zum Eishaus kam.«
    Simon konnte den Hass zwischen seinem Freund und dem maskierten Troll fast körperlich spüren. Es gab kaum einen Zweifel, dass zwischen den beiden seit langem Rivalitäten oder Streitigkeiten bestanden.
    Der Geisterrufer fuhr fort. »Da nun Ookequks Lehrling nicht da war, um seine Pflicht zu erfüllen – das Ritual des Neuen Lebens zu singen –, ist das Eishaus noch immer nicht geschmolzen. Weil das Eishaus nicht geschmolzen ist, will der Winter nicht aus Yiqanuc weichen. Durch seinen Verrat hat Binabik das Unheil einer bitteren Jahreszeit über sein Volk

Weitere Kostenlose Bücher