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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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verfügbaren Gliedmaßen – die Münzen abstoppte, die ihm ab und zu scheppernd auf die Bühne geworfen wurden.
    »Wünscht Ihr etwas zu essen, holde Dame?«, fragte Aspitis. Als Miriamel schüchtern nickte, schickte er zwei seiner Männer fort. Die anderen Soldaten entfernten ohne weitere Umstände eine große Familie von einem der zerschrammten Tische. Bald kehrten die beiden mit einer knusprigen Lammkeule, Brot, Zwiebeln und einem reichlichen Gefäß Wein zurück.
    Eine gut gefüllte Schüssel half Miriamel recht schnell, sich wieder aufzuwärmen. Sie stellte fest, dass der Morgenspaziergang ihr ordentlich Appetit gemacht hatte. Die Mittagsglocke hatte kaum geläutet, als ihre Schüssel auch schon leer war. Sie setzte sich bequemer hin und versuchte, ein undamenhaftes Rülpsen zu unterdrücken.
    »Seht«, sagte sie, »das Puppenspiel fängt an. Wollen wir zuschauen?«
    »Natürlich«, erwiderte Aspitis mit großzügiger Geste. »Selbstverständlich. Ihr werdet mir vergeben, wenn ich mich nicht anschließe; ich habe meine Mahlzeit noch nicht beendet. Außerdem sieht es nach einem Usires-Spiel aus. Ihr dürft mich nicht für respektlos halten, wenn ich Euch sage, dass ich, der ich im Schoße der Mutter Kirche lebe, sie oft genug sehe, in allen Variationen – von der großartigsten bis hinab zur übelsten.« Er winkte einem seiner Männer, sie zu begleiten. »Es ziemt sich nicht für eine wohlgekleidete Edelfrau wie Euch, sich schutzlos ins Getümmel der Menge zu begeben.«
    »Ich bin fertig«, erklärte Cadrach und stand auf. »Ich werde mit Euch kommen, Herrin Marya.« Er folgte dem Wachsoldaten des Grafen.
    Das Spiel war schon in vollem Gange. Die Zuschauer, vor allem die Kinder, kreischten vor Entzücken, wenn die Puppen ihre Sprünge machten und mit den Ruten aufeinander einprügelten. Auch Miriamel lachte, als Usires Crexis dazu überredete, sich zu bücken, unddann dem bösen Imperator kräftig in den Hosenboden trat. Aber ihr Gelächter verstummte schnell. Statt der sonst üblichen Hörner trug dieser Crexis eine Art Hirschgeweih. Sie wusste selbst nicht, warum ihr das so unheimlich war. Es lag auch etwas Verzweifeltes in Usires’ schriller Stimme, und die gemalten, nach oben gerichteten Augen der Puppe schienen ihr unaussprechlich traurig. Sie drehte sich zu Cadrach um, der sie düster betrachtete.
    »So mühen wir uns mit dem Bau unserer kleinen Dämme ab«, sagte der Mönch, im Lärm der Menge kaum hörbar, »während auf allen Seiten die Flut steigt.« Er schlug das Zeichen des Baumes über seiner grauen Kleidung.
    Bevor sie ihn noch fragen konnte, was er meinte, lenkte ein aus der Menge aufsteigendes Heulen ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Bühne; Usires war inzwischen gefangen und hing kopfüber am Richtbaum. Das hölzerne Haupt baumelte nach unten. Während Crexis der Ziegenbock den hilflosen Erlöser mit dem Fuß anstieß, tauchte hinter ihm aus dem Dunkel eine andere Puppe auf. Sie war über und über mit orangefarbenen und roten Stofffetzen behängt und schwankte in gespenstischem Tanz, von ihren Lumpen umwirbelt, als züngelten Flammen an ihr empor. Ihr Kopf war ein schwarzer, gesichtsloser Klumpen, und sie trug ein kleines, lehmfarbenes Holzschwert.
    » Hier kommt der Feuertänzer, der dich in die dunkle Erde schleudern wird!« , quiekte Crexis und führte einen kleinen Freudentanz auf.
    »Ich lebe nicht durch das Schwert«, erwiderte die Usires-Puppe. » Kein Schwert kann verletzen, was göttlich in mir ist, was Stille ist und Frieden.« Miriamel glaubte fast zu sehen, wie die reglosen Lippen die Worte formten.
    » Dann sei für immer still und bete deinen Gott in kleinen Stücken an!«, rief der Imperator triumphierend, und der gesichtslose Feuertänzer begann mit seinem Schwert auf Usires einzuhacken. Die lachende Menge johlte immer lauter, heulende Jagdhunde, die ihre Beute zerreißen. Miriamel wurde schwindlig, als erfasse sie ein jähes Fieber. Furcht stieg in ihr auf, und sie trat von der Bühne zurück.
    Cadrach stand nicht mehr neben ihr.
    Miriamel drehte sich zu dem Wachsoldaten auf ihrer anderenSeite um. Er sah ihren fragenden Blick und fuhr herum. Wo steckte der Mönch? Aber Cadrach war verschwunden.
    Eine Durchsuchung der Halle durch Aspitis und seine Männer erbrachte keine Spur des Hernystiri. Der Graf trieb seine Schar durch die windigen Gassen zur Eadne-Wolke zurück, und seine Wut war ein getreues Abbild des zornigen Himmels. Den ganzen langen Weg zurück zum Schiff sagte er

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