Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
habe. Du bist der Abschaum, den nicht einmal das käufliche Perdruin an seinen Küsten haben will. Jetzt nenn deinen Preis, verdammter Kerl. Ich muss so schnell wie möglich nach Kwanitupul.«
Sinetris schnüffelte noch ein bisschen, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Der normale Fährpreis betrug einen Quinis, aber bei rauhem Wetter – und das hatten sie ja heute wirklich, ohne jede Übertreibung – konnten auch drei oder sogar vier Quinis als angemessen gelten.
»Drei Gold-Imperatoren.« Er wartete auf das Wutgebrüll. Als es nicht kam, dachte er einen wahnwitzigen Augenblick lang, es sei ihm gelungen, in zwei Tagen den Verdienst eines ganzen Sommers zu erzielen.
Dann sah er das rosige Gesicht näher kommen und fühlte den heißen Atem des Mönches auf seinen Wangen.
»Du Wurm«, sagte der Mönch ganz sanft. »Es gibt einen Unterschied zwischen einfachem Raub und Vergewaltigung. Ich glaube, ich sollte dich einfach zusammenfalten wie eine Serviette und selbst mit dem Boot hinausfahren. Ich könnte ja einen Gold-Imperator für deine frei erfundene Witwe und die sieben nicht vorhandenen Bälger zurücklassen – mehr, als das ganze löchrige Ding wert ist.«
»Zwei Gold-Imperatoren, Eure Erhabenheit? Einen für meine frei erf… für meine Witwe und einen, um in der Kirche für meine arme Seele eine Mansa lesen zu lassen?«
»Einen, und du weißt, dass das mehr als genug ist. Nur, weil ich es eilig habe! Und wir fahren jetzt gleich.«
»Jetzt gleich? Aber das Boot ist nicht seeklar!«
»Dann warte ich hier.« Der Mönch ließ Sinetris’ schmerzenden Arm los und kreuzte die Arme über der breiten Brust. »Fang an ! Los! Marsch!«
»Aber, gütiger Vater … was ist mit meinem Goldstück?«
»Wenn wir in Kwanitupul sind. Hab keine Angst, dass ich dich betrüge, wie du andere betrogen hast. Bin ich nicht ein Gottesmann?« Der sonderbare Mönch lachte laut auf.
Sinetris schniefte leise vor sich hin und machte sich auf die Suche nach seinen Rudern.
»Du hast gesagt, du hättest noch mehr Gold!« Charystra, die Inhaberin der unter dem Namen Pelippas Schüssel bekannten Herberge, setzte eine wohlgeübte Miene des Abscheus auf. »Ich habe dich behandelt wie einen Prinzen – dich, einen kleinen Marschmann! –, und du hast mich angelogen. Ich hätte es besser wissen müssen. Mich auf einen dreckigen Wranna zu verlassen!«
Tiamak beherrschte sich nur mühsam. »Ich denke, du hast eine Menge an mir verdient, gute Frau. Als ich kam, bezahlte ich dir zwei Gold-Imperatoren.«
»Na und?«, schnaubte sie. »Die sind verbraucht.«
»In nur zwei Wochen? Du nennst mich einen Lügner, Charystra, aber das hier könnte man auch als Diebstahl bezeichnen.«
»Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen? Du hattest die schönsten Räume und die Dienste des besten Heilers in Kwanitupul.«
Der Schmerz in Tiamaks Wunden machte seinen Zorn nur noch größer. »Wenn du den betrunkenen Kerl meinst, der mir das Bein verdreht und mir nichts als Schmerzen bereitet hat, bin ich überzeugt, dass du ihn höchstens mit ein paar Flaschen Farnbier bezahlt hast. Außerdem schien er sich schon den Lohn von ein paar seiner anderen Opfern einverleibt zu haben, bevor er zu mir kam.«
Welche Ironie! Der Gedanke, dass Tiamak, Verfasser der demnächst vorliegenden, endgültigen Überarbeitung von »Die unfelbarn Heylmittel der Wranna-Heyler«, sich zwangsweise in die Hände eines solchen Metzgers aus den Trockenländern hatte begeben müssen!
»Ich habe noch Glück gehabt, dass ich mein Bein behalten durfte«, knurrte er. »Im Übrigen hast du mich aus deinen besten Räumen sofort wieder hinausgeworfen.« Er deutete mit dem dünnen Arm auf den Deckenhaufen, den er sich jetzt mit Ceallio, dem einfältigen Türhüter, teilte.
Auf dem erbosten Gesicht der Wirtin erschien ein hämisches Grinsen. »Bist du nicht ganz schön hochnäsig und aufgeblasen für einen Marschmann? Scher dich ruhig fort. Du kannst dich ja in einer anderen Herberge umsehen, ob ein Wranna dort so freundlich behandelt wird wie bei Charystra.«
Tiamak verschluckte eine wütende Antwort. Er wusste, dass er sich von seinem Zorn nicht hinreißen lassen durfte. Die Frau betrog ihn nach Strich und Faden, aber so ging es immer, wenn Wranna ihr Geschick in die Hände von Trockenländern legten. Er hatte schon den Männern seines Stammes gegenüber versagt, denen er geschworen hatte, nach Nabban zu gehen und dort ihre Beschwerden gegen den erhöhten Tribut vorzubringen. Wenn man
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