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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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aufhörst und ordentlich arbeitest, kannst du heute Nacht in einem Bett schlafen.«
    »Bitte, heiliger Bruder!« Sinetris kreischte fast. »Zwingt mich nicht, im Finstern zu rudern! Wir werden auf ein Riff laufen! Unsere einzigen Betten werden unten bei den Kilpa auf uns warten!«
    »Verschone mich mit diesem abergläubischen Unsinn. Ich bezahle dich gut und habe es eilig. Wenn du zu schwach bist oder dir die Hände weh tun, kann ich ja eine Weile die Paddel nehmen.«
    Der Ruderer, durchnässt und frierend, schaffte es trotzdem, so etwas wie verletzten Stolz in seine Miene zu legen. »Ihr! Ihr hättet uns in einer Minute unter Wasser! Nein, grausamer Mönch, wenn Sinetris schon sterben muss, dann mit dem Ruder in der Hand, wie es sich für einen Bootsführer von Firannos geziemt! Wenn Sinetris sich von seiner Heimat und dem Schoß seiner Familie losreißen muss und den Launen eines Ungeheuers im Priestergewand zum Opfer fällt, wenn er denn sterben muss – dann als Mann seiner Gilde!«
    Isgrimnur stöhnte. »Aber bitte mit geschlossenem Mund – zur Abwechslung. Und vergiss das Paddeln nicht.«
    »Rudern«, versetzte Sinetris eisig und brach von neuem in Tränen aus.Es war nach Mitternacht, als die ersten Pfahlbauten von Kwanitupul in Sicht kamen. Sinetris, dessen Gejammer zu einem leisen Gemurmel des Selbstmitleids herabgesunken war, lenkte das Boot vorsichtig in das ausgedehnte Netz der Kanäle. Isgrimnur hatte ein wenig geschlafen. Jetzt rieb er sich die Augen und reckte den Hals nach allen Seiten. Auf den schäbigen Lagerhäusern und Herbergen von Kwanitupul lag eine dünne Schneeschicht.
    Wenn ich noch daran gezweifelt hätte, dass die Welt auf dem Kopf steht, dachte Isgrimnur benommen, dann brauchte ich keinen weiteren Beweis: ein Rimmersmann, der bei Sturm in einem lecken Boot aufs Meer hinausfährt, und Schnee im Südland mitten im Hochsommer. Kann wirklich noch jemand daran zweifeln, dass die Welt wahnsinnig geworden ist?
    Wahnsinn. Er dachte an das grausige Ende des Lektors und fühlte, wie sich sein Magen umstülpte. Wahnsinn – oder etwas anderes? Es war ein eigenartiger Zufall, dass sich in dieser furchtbaren Nacht auch Pryrates und Benigaris im Hause der Mutter Kirche aufgehalten hatten. Nur großes Glück hatte Isgrimnur so rechtzeitig zu Dinivan geführt, dass er die letzten Worte des Priesters noch gehört hatte und jetzt noch versuchen konnte, zu retten, was zu retten war.
    Es war ihm gelungen, aus der Sancellanischen Ädonitis zu fliehen – nur Minuten, bevor Herzog Benigaris seinen Wachen befohlen hatte, alle Tore zu schließen. Isgrimnur hätte nicht wagen können, sich ergreifen zu lassen; selbst wenn man ihn nicht sofort erkannt hätte, würde man seiner Geschichte keinen Glauben geschenkt haben. Der Abend vor Hlafmansa, an dem man den Lektor ermordet hatte, war keine gute Zeit für fremde Gäste im Sancellanischen Palast.
    »Kennst du hier einen Gasthof, den man Pelippas Schüssel nennt?«, fragte er laut. »Ich glaube, es ist eine Herberge.«
    »Diesen Namen habe ich nie gehört, Meister Mönch«, erwiderte Sinetris förmlich. »Er klingt nach einem Haus minderer Güte, in dem Sinetris sich niemals sehen lassen würde.« Nachdem sie in die vergleichsweise stillen Gewässer der Kanäle gelangt waren, hatte der Bootsführer einen Großteil seiner Würde zurückgewonnen. Isgrimnur fand, dass er ihm besser gefiel, wenn er jammerte.
    »Beim Baum, nachts werden wir es ohnehin nicht finden. Bringmich zu irgendeiner Herberge, die du kennst. Ich brauche unbedingt etwas zwischen die Rippen.«
    Sinetris steuerte das kleine Boot durch eine Reihe sich kreuzender Kanäle nach dem Schenkenviertel der Stadt. Hier schien es trotz der späten Stunde noch recht munter zuzugehen. Grelle Stofflaternen, die im Wind schaukelten, säumten die Holzstege, und die Gassen waren voll angeheiterter Nachtschwärmer.
    »Das hier ist eine vorzügliche Herberge, heiliger Bruder«, erklärte Sinetris, während sie auf die Landetreppe eines hell erleuchteten Gasthofs zuglitten. »Dort gibt es Wein und Speisen.« Sinetris, jetzt, da die Reise überstanden war, kühn geworden, schenkte Isgrimnur ein kameradschaftliches, zahnlückiges Lächeln. »Und Frauen.« Als er Isgrimnurs Gesicht sah, wurde das Lächeln unsicher. »Äh … oder Knaben, falls Euch das besser zusagt?«
    Der Herzog stieß tief und zischend den Atem aus. Er griff in den Mantel und zog einen Gold-Imperator hervor, den er sanft neben Sinetris’ dürres Bein

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