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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ich Euch an gar niemanden verkaufen werde«, erklärte Streáwe. »Bitte, macht Euch also darüber keine Gedanken.«
    Miriamel griff wieder nach der Frucht. Jetzt war es ihre Hand, die zitterte. »Was also wird aus uns?«
    »Vielleicht wird der Graf sich gezwungen sehen, uns zu unserem eigenen Schutz in seinen tiefen, dunklen Weinkeller zu sperren«, bemerkte Cadrach und betrachtete zärtlich den fast leeren Krug. Er schien gänzlich und wundervoll betrunken. »Ach, und wäre das nicht ein grässliches Schicksal?«
    Sie drehte ihm angewidert den Rücken zu. »Nun?«, fragte sie Streáwe.
    Der alte Mann nahm ihr die glitschige Frucht aus der Hand und biss vorsichtig hinein. »Sagt mir etwas«, meinte er. »Wolltet Ihr nach Nabban?«
    Miriamel zögerte. Sie rang mit sich. »Ja«, erwiderte sie schließlich. »Ja, das wollte ich.«
    »Warum?«
    »Und warum sollte ich Euch das sagen? Ihr habt uns nichts getan, aber Ihr habt Euch auch noch nicht als Freund erwiesen.«
    Streáwe betrachtete sie. Langsam breitete sich ein Lächeln über den unteren Teil seines Gesichtes. Die rotumränderten Augen behielten ihre Schärfe. »Ah, ich liebe junge Frauen, die wissen, was sie wollen«, sagte er. »Osten Ard ist randvoll von schwammigen Gefühlen und ungenauen Vorstellungen – es ist nicht die Sünde, wisst Ihr, sondern die Torheit des Herzens, die die Engel vor Verzweiflung aufstöhnen lässt. Ihr aber, Miriamel, saht schon als kleines Kind auswie jemand, der in dieser Welt etwas ausrichten wird.« Er entzog Cadrach den Krug und füllte seinen eigenen Pokal neu. Der Mönch sah traurig hinterher wie ein Hund, dem man den Knochen gestohlen hat.
    »Ich habe gesagt, niemand würde Euch verkaufen«, sprach Graf Streáwe endlich weiter. »Nun, das stimmt nicht ganz – schaut mich doch nicht so giftig an, Herrin! Wartet, bis Ihr alles gehört habt. Ich habe einen … Freund, würdet Ihr wohl sagen, obwohl wir uns nicht persönlich nahestehen. Er ist ein frommer Mann, der sich jedoch auch in anderen Kreisen bewegt – die beste Art Freund, die ich mir wünschen könnte, denn sein Wissen ist groß und sein Einfluss bedeutend. Die einzige Schwierigkeit ist, dass er ein Mann von höchst aufreizender sittlicher Rechtschaffenheit ist. Trotzdem hat er Perdruin und mir viele Male seine Hilfe gewährt, und, um es ganz einfach auszudrücken, ich bin ihm mehr als nur einen Gefallen schuldig.
    Hinzu kommt, dass ich nicht der Einzige bin, der von Eurer Abreise aus Naglimund weiß. Auch dieser Mann, dieser Fromme, hat es aus seinen eigenen privaten Quellen erfahren …«
    »Er auch?«, fragte Miriamel. Wütend drehte sie sich zu Cadrach um. »Was ist, habt Ihr einen Herold ausgesandt, die Neuigkeit zu verkünden?«
    »Kein Wort kam über meine Lippen, Herrin«, verteidigte der Mönch sich undeutlich. Bildete sie es sich nur ein, oder war er gar nicht so betrunken, wie er tat?
    »Bitte, Prinzessin.« Streáwe hob eine zitternde Hand. »Wie ich bereits erwähnte, ist dieser Freund ein Mann von Einfluss. Selbst die Menschen seiner Umgebung ahnen nicht, wie weit sein Arm reicht. Sein Nachrichtendienst, obwohl kleiner als der meine, verfügt über eine Tiefe und Ausdehnung, die mich oft verblüfft den Kopf schütteln lässt.
    Was ich aber sagen wollte, ist Folgendes: Als mir mein Freund seine Botschaft sandte – wir haben jeder einen kleinen Schwarm abgerichteter Vögel, die unsere Briefe hin- und hertragen –, berichtete er mir von Euch. Das war etwas, wovon ich schon wusste. Er wiederum wusste nichts von meinen Plänen für Euch – den Plänen, von denen ich vorhin gesprochen habe.«
    »Mich zu verkaufen, meint Ihr.«
    Streáwe hüstelte entschuldigend. Einen Augenblick wurde ein wirklicher Husten daraus. Als er wieder zu Atem gekommen war, fuhr er fort: »Und, wie gesagt, ich schulde diesem Mann den einen oder anderen Gefallen. Darum hatte ich, als er mich bat, Euch an der Weiterreise nach Nabban zu hindern, wirklich keine andere Wahl …«
    »Worum hat er Euch gebeten?« Miriamel traute ihren Ohren nicht. Würde sie sich der aufdringlichen Einmischung anderer Leute denn überhaupt nicht mehr entziehen können?
    »Er wünscht nicht, dass Ihr nach Nabban segelt. Es ist nicht die rechte Zeit dafür.«
    »Nicht die rechte Zeit? Wer ist dieser ›er‹, und mit welchem Recht…«
    »Er? Er ist ein guter Mensch – einer der wenigen, auf die dieser Begriff anwendbar ist. Ich selbst habe für diese Art Leute wenig übrig. Das ›Recht‹, sagt er, nimmt

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