Der Adler ist entkommen
Hausmeister mit seiner Frau. Ich habe ihn davon unterrichtet, daß wir in nächster Zukunft das Anwesen übernehmen werden, aber natürlich nicht zu welchem Zweck.«
»Sehr gut. Während der nächsten zwei Wochen brauchen wir uns dort nicht mehr blicken zu lassen. Mit anderen Worten, warten Sie so lange wie möglich, bevor Sie und Ihre Männer im Schloß anrücken. Sie wissen ja, wie die sogenannte französische Resistance arbeitet. Sie besteht nur aus Terroristen. Alles Bombenwerfer und Mörder.« Er rollte den Plan zusammen und gab ihn Berger zurück. »Schließlich sind wir bei dieser Konferenz für den Führer verantwortlich, Major. Es ist eine heilige Aufgabe.«
»Natürlich, mein Reichsführer.«
Berger schlug die Hacken zusammen und ging hinaus. Himmler griff nach seinem Füllfederhalter und begann wieder zu schreiben.
Der Mercedes rollte über den Kurfürstendamm, während es erneut zu schneien anfing. Überall gab es Spuren der Zerstörung, und angesichts der allgemeinen Verdunkelung und der hereinbrechenden Dämmerung war der Anblick ziemlich trostlos.
»Sehen Sie sich ruhig um«, sagte Schellenberg. »Das war mal eine prächtige Stadt. Voller Kunst, Musik, Theater. Und erst die Nachtclubs, Mr. Devlin. Das Paradies und der Blaue Nil. Dort trieben sich die bestangezogensten Transvestiten der Stadt herum.«
»Meine Vorlieben lagen eigentlich nie in dieser Richtung«, sagte Devlin.
»Meine auch nicht«, sagte Schellenberg lachend. »Ihnen entgeht doch etwas ganz Entscheidendes. Aber gehen wir lieber essen. Ich kenne ein kleines Restaurant in einer Seitenstraße nicht weit von hier, wo es gutes Essen gibt. Reinster Schwarzmarkt, aber man kennt mich dort, was manchmal recht nützlich ist.«
Es war ein gemütliches Lokal, das von einem Ehepaar geführt wurde, das Schellenberg gut zu kennen schien. Der General entschuldigte sich, daß er seinem Gast kein CornedbeefSandwich bieten konnte, dafür bestellte er eine Hammelsuppe, Lammrücken, Kartoffeln mit Wirsing und eine Flasche Rheinwein.
Sie saßen in einer Nische, wo sie ungestört waren, und als sie ihre Mahlzeit beendet hatten, fragte Schellenberg: »Meinen Sie wirklich, dieses Unternehmen könnte klappen?«
»Möglich ist alles. Ich erinnere mich an einen Vorfall während der irischen Revolution. Das war im Jahr 1920. Die Schwarzen und die Braunen hatten einen Burschen namens Michael Fitzgerald geschnappt, einen wichtigen Führer der IRA. Sie hielten ihn im Limerick Prison fest. Ein Mann namens Jack O'Malley, der als Hauptmann in der britischen Armee in Flandern gedient hatte, holte seine alte Uniform hervor, staffierte ein halbes Dutzend seiner Männer als Soldaten aus und begab sich mit einem gefälschten Befehl ins Limerick Prison. Der Befehl lautete, Fitzgerald umgehend nach Dublin Castle zu verlegen.«
»Und das funktionierte?«
»Wie geschmiert.« Devlin verteilte den restlichen Wein auf die beiden Gläser. »Bei unserer Sache gibt es nur ein Problem.«
»Und das wäre?«
»Vargas.«
»Aber das ist doch schon erledigt. Wir haben ihm mitgeteilt, daß wir genau wissen müssen, wohin sie Steiner bringen.«
»Sie glauben wirklich, daß sie ihn verlegen?«
»Ich bin mir ganz sicher. Sie können ihn nicht länger im Tower festhalten. Das wäre einfach dumm.«
»Sie meinen also, daß Vargas uns die richtige Information liefert?« Devlin schüttelte den Kopf. »Er muß verdammt gut sein.«
»Bisher ist er es immer gewesen, jedenfalls hat die Abwehr nichts Gegenteiliges feststellen können. Es handelt sich bei ihm um einen spanischen Diplomaten, Mr. Devlin, also um jemanden in einer bevorzugten Position. Er ist kein gewöhnlicher Agent. Ich habe seinen Cousin, diesen Rivera, auf Herz und Nieren überprüfen lassen.«
»Na schön, ich will es glauben. Nehmen wir an, daß Rivera völlig sauber ist, aber wer überprüft dann Vargas? Niemand. Rivera ist lediglich ein Mittelsmann, über den die Informationen hin und her gehen, aber wenn Vargas nun eine ganz andere Rolle spielt?«
»Sie meinen, wenn das Ganze ein Komplott des britischen Geheimdienstes ist, um uns zu einer Aktion zu verführen?«
»Nun, betrachten wir die Angelegenheit doch einmal mit den
Augen der anderen Seite. Wer immer rübergeht, braucht in London Freunde, Helfer, irgendeine Art von Organisation. Wenn ich auf britischer Seite das Kommando hätte, dann würde ich alles ganz locker angehen,
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