Der Adler ist gelandet
braune Eier. »Heilige Mutter Gottes«, sagte er leise. »Jetzt sieh dir das an.«
Er berührte die Schüssel sanft mit einem Finger, aber als er sich schließlich abwandte, um den Mantel auszuziehen, war sein Gesicht todernst geworden.
Sieben
Durch die Straßen von Birmingham fegte ein kalter Wind und wirbelte Regengüsse an die Fensterscheiben von Ben Garvalds Wohnung über der Garage in Saltley. Der Mann im seidenen Morgenrock, einen Schal um den Hals, das dunkle, gewellte Haar sorgfältig frisiert, sah gut aus; die gebrochene Nase verlieh ihm ein gewisses sportliches Flair. Nähere Betrachtung allerdings tat dem vorteilhaften Bild einigen Abbruch, denn die Folgen eines allzu üppigen Lebens zeigten sich deutlich auf dem arroganten Gesicht.
An diesem Morgen trug er noch mehr zur Schau - einen beträchtlichen Überdruß an der Welt im allgemeinen. Um elf Uhr dreißig in der vergangenen Nacht hatte die Polizei in einem seiner zahlreichen Unternehmen, einem kleinen illegalen Spielklub in einem scheinbar anständigen Haus in Aston, eine Razzia abgehalten. Nicht, daß Garvald persönlich Gefahr gelaufen wäre, festgenommen zu werden. Dafür wurde der Strohmann bezahlt, und auch ihm würde nicht viel passieren. Viel unangenehmer waren die dreieinhalbtausend Pfund, die von der Polizei auf den Spieltischen beschlagnahmt worden waren.
Die Küchentür ging auf, und ein Mädchen von etwa siebzehn, achtzehn Jahren betrat das Zimmer. Sie trug ein Negligee aus rosa Spitze, das wasserstoffblonde Haar war zerzaust, das Gesicht fleckig, und die Augen waren vom Weinen verschwollen. »Kann ich noch irgendwas für Sie tun, Mr. Garvald?« fragte sie leise.
»Noch was für mich tun?« sagte er. »Das ist gut. Wirklich gelungen ist das, wenn man bedenkt, daß du bis jetzt verdammt gar nichts für mich getan hast.«
Er sprach, ohne sich umzudrehen. Seine Aufmerksamkeit wurde von einem Mann gefesselt, der gerade auf seinem Motorrad drunten in den Hof eingefahren war und das Rad neben einem der Lastwagen abgestellt hatte.
Das Mädchen, das sich in der vergangenen Nacht außerstande gesehen hatte, einigen von Mr. Garvalds ausgefalleneren Ansprüchen gerecht zu werden, sagte schluchzend: »Es tut mir leid, Mr. Garvald.« Der Mann unten hatte den Hof überquert und war jetzt verschwunden. Garvald drehte sich um und sagte zu dem Mädchen: »Los, zieh dich an und hau ab.« Sie zitterte vor Furcht und starrte ihn wie gebannt an. Ein köstliches, in seiner Intensität fast sexuelles Machtgefühl durchströmte ihn. Er packte das Mädchen grob bei den Haaren und zog daran. »Und nächstes Mal tust du, was man dir sagt. Verstanden?« Als das Mädchen floh, öffnete sich die Tür zum Korridor, und Reuben Garvald, Bens jüngerer Bruder, trat ein. Er war klein und wirkte kränklich, eine Schulter war höher als die andere, aber den schwarzen Augen in dem blassen Gesicht, die ständig in Bewegung waren, entging nichts. Diese Augen folgten mißbilligend dem Mädchen, das ins Schlafzimmer verschwand. »So was sollst du nicht machen, Ben. Ein schmutziger Trampel wie die da. Du könntest dir was holen.«
»Dafür ist das Penizillin erfunden worden«, sagte Garvald. »Willst du sonst noch etwas?«
»Unten ist so ein Kerl, der zu dir will. Ist auf einem Motorrad gekommen.«
»Habe ich gesehen. Und was will er?«
»Sagt er nicht. Ein unverschämter mickriger Ire, der hat nicht alle Tassen im Schrank.« Reuben hielt eine zerrissene FünfPfund-Note hoch. »Sagt, ich soll dir das geben. Die andere Hälfte kriegst du, wenn du ihn reinläßt.«
Garvald mußte wider Willen lachen und schnappte sich den halben Schein. »Das gefällt mir, das macht mir richtigen Spaß.« Er ging mit dem Schein ans Fenster und prüfte ihn eingehend. »Sieht sogar koscher aus.« Grinsend drehte er sich um. »Ob er wohl noch mehr von der Sorte hat, Reuben? Wir wollen doch mal sehen.«
Reuben ging hinaus, und Garvald holte sich ein Glas Whisky von der Anrichte. Vielleicht würde dieser Vormittag doch nicht ganz so unerfreulich enden, wie er begonnen hatte. Könnte sogar noch ganz unterhaltsam werden. Er setzte sich in einen Polstersessel am Fenster. Die Tür ging auf, und Reuben führte Devlin herein. Devlin war völlig durchnäßt, sein Regenmantel troff, und er nahm die Tweedmütze ab und wrang sie über einer chinesischen Porzellanschale aus. »Na, gibt's denn so was?«
»All right«, sagte Garvald. »Ich weiß schon, daß ihr verdammten Iren allesamt meschugge seid.
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