Der Adler ist gelandet
meine, William heißt doch fast jeder.«
Devlin behielt das Buch in der linken Hand und faßte mit der rechten ihr Haar im Nacken. »Jesus, Maria und Joseph steht mir bei.« »Und was soll das wieder bedeuten?« fragte sie in aller Unschuld. »Es bedeutet, Mädchen, wenn du nicht augenblicklich die Pastete aus dem Ofen holst und hier auf den Teller legst, dann garantiere ich für nichts.«
Sie lachte plötzlich, tief und kehlig, und beugte sich hinüber, so daß ihr Kopf auf seinem Knie lag. »Ach, ich mag Sie«, sagte sie. »Wissen Sie das? Vom ersten Augenblick an, als ich Sie sah, Mr. Devlin, Sir, auf dem Motorrad vor dem Gasthaus, hab' ich Sie gemocht.«
Er stöhnte wieder und schloß die Augen, und sie stand auf, glättete den Rock über ihren Hüften und holte seine Pastete aus dem Ofen.
Als er sie über die Felder nach Hause begleitete, hatte es zu regnen aufgehört, die Wolken waren weggeweht, und der Himmel funkelte von Sternen. Der Wind war kalt und raschelte in den Bäumen über ihnen, während sie dem Pfad folgten, und streute Mengen von Blättern auf sie herunter. Devlin hatte das Gewehr über der Schulter hängen, und das Mädchen klammerte sich an seinen linken Arm.
Sie hatten nach dem Essen nicht viel gesprochen. Er mußte Molly noch ein paar Gedichte vorlesen, während sie sich mit hochgezogenen Knien an ihn lehnte. Es war sehr viel schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte. Paßte überhaupt nicht in sein Konzept. Er hatte drei Wochen vor sich, mehr nicht, und in dieser Zeit unendlich viel zu tun, und Vergnügungen dieser Art waren überhaupt nicht in seinem Plan vorgesehen. Sie kamen zur Hofmauer und blieben vor dem Tor stehen. »Eine Frage. Mittwoch nachmittag, wenn Sie nichts vorhaben, könnte ich in der Scheune Hilfe gebrauchen. Ein paar Maschinen müssen zum Überwintern fertiggemacht werden. Sie sind ziemlich schwer für Mam und mich. Dafür könnten Sie bei uns zum Abendessen bleiben.« Eine Ablehnung wäre unfreundlich gewesen. »Warum nicht?« sagte er. Sie hob eine Hand zu seinem Nacken, zog sein Gesicht herunter und küßte ihn mit wilder, leidenschaftlicher, unerfahrener Heftigkeit, die unglaublich rührend war. Er roch viel zu süßes Lavendelparfüm, wahrscheinlich das Äußerste, was sie sich leisten konnte. Er sollte sich sein ganzes Leben lang daran erinnern.
Sie lehnte sich an ihn, und er flüsterte ihr behutsam ins Ohr: »Sie sind achtzehn, und ich bin ein sehr alter Fünfunddreißiger. Haben Sie das schon bedacht?«
Sie blickte mit blinden Augen zu ihm auf. »Ach, Sie sind süß«, sagte sie. »So süß.«
Ein alberner, banaler Satz, lächerlich zu jeder anderen Zeit, aber nicht jetzt. Er küßte sie, ganz zart, auf den Mund. »Rein jetzt!« Sie ging widerstandslos und weckte nur die Hühner, als sie den Wirtschaftshof durchquerte. Irgendwo auf der anderen Seite des Hauses bellte hohl ein Hund, eine Tür schlug zu. Devlin machte kehrt und ging zurück.
Als er an der letzten Wiese über der Hauptstraße entlangging, begann es wieder zu regnen. Er wechselte hinüber zum Deichweg mit dem alten hölzernen Wegweiser »Hobs End Farm«, den niemand für wichtig genug gehalten hatte, um ihn abzumontieren. Devlin stapfte mit gesenktem Kopf durch den Regen dahin. Plötzlich raschelte etwas im Schilf zu seiner Rechten, und eine Gestalt sprang vor ihm auf den Weg. Obwohl es inzwischen wieder regnete, war die Wolkenschicht nur dünn, und im Licht des Viertelmonds sah er geduckt Arthur Seymour vor sich stehen. »Ich hab's Ihnen gesagt«, sagte er. »Ich hab' Sie gewarnt, aber Sie wollten nicht hören. Jetzt kriegen Sie's zu fühlen.« Devlin hatte im Handumdrehen das Gewehr im Anschlag. Es war nicht geladen, aber das machte nichts. Er spannte beide Hände mit hörbarem Klicken und rammte Seymour den Lauf unters Kinn. »Nehmen Sie sich bloß in acht«, sagte er. »Weil ich nämlich von Sir Willoughby persönlich Auftrag habe, jeden Wilderer zu erschießen, und Sie sind auf seinem Grund und Boden.«
Seymour sprang zurück. »Ich krieg Sie schon noch, früher oder später. Und die dreckige kleine Schlampe dazu. Ich zahl's euch beiden heim.« Er drehte sich um und rannte in die Nacht. Devlin schulterte sein Gewehr und ging auf sein Haus zu, mit gesenktem Kopf, denn der Regen wurde immer heftiger. Seymour war verrückt - nein, nicht ganz -, aber doch nicht zurechnungsfähig. Die Drohungen beeindruckten Devlin nicht
im geringsten, aber dann dachte er an Molly, und sein Gemüt geriet in
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