Der Adler ist gelandet
Aber er wurde schnell ernst, als er aus dem Schatten einer Säule im anderen Seitengang Arthur Seymours irre Augen auf das Mädchen gerichtet sah.
Als der Gottesdienst vorüber war, beeilte Devlin sich, als erster aus der Kirche zu kommen. Er saß bereits auf seinem Motorrad und war startbereit, als er sie rufen hörte: »Mr. Devlin, warten Sie noch.« Er drehte sich um und sah sie mit aufgespanntem Regenschirm herbeieilen, die Mutter ein paar Meter hinter ihr. »Warum haben Sie's denn so eilig, wegzukommen?« sagte Molly. »Schämen Sie sich, oder was ist?« »Bin verdammt froh, daß ich gekommen bin«, erwiderte Devlin. Es war nicht festzustellen, ob sie errötete oder nicht, denn die Beleuchtung war schlecht. Ohnehin kam in diesem Moment auch die Mutter heran. »Das ist meine Mam«, sagte Molly, »und das ist Mr. Devlin.« »Ich weiß alles über Sie«, sagte Mrs. Prior. »Wenn wir Ihnen helfen können, Sie brauchen's nur zu sagen. Schwierig für einen Mann, ganz allein.«
»Wir haben gedacht, Sie möchten vielleicht mitkommen und bei uns Tee trinken«, sagte Molly.
Hinter ihnen sah er Arthur Seymour am Tor stehen und lauern. Devlin sagte: »Schrecklich nett von Ihnen, aber ehrlich gesagt, ich bin ziemlich durchgeweicht.«
Mrs. Prior streckte die Hand aus und berührte seine Kleider. »Um Gottes willen, Junge, Sie sind ja klatschnaß. Sehen Sie zu, daß Sie heimkommen und dann sofort in ein heißes Bad. Sie könnten sich den Tod holen.«
»Mam hat recht«, wetterte Molly. »Sehen Sie zu, daß Sie weiterkommen, und tun Sie gefälligst, was sie gesagt hat.«
Devlin trat den Starter. »Gott behüte mich vor diesem fürchterlichen Weiberregiment«, murmelte er und fuhr ab.
Aus dem Bad wurde nichts. Es hätte zu lang gedauert, den Kupferkessel in der Waschküche zu heizen. Statt dessen zündete er ein gewaltiges Holzfeuer in dem riesigen Steinkamin an, zog sich davor aus, rubbelte sich von Kopf bis Fuß ab und zog ein marineblaues Flanellhemd und eine dunkle Kammgarnhose an.
Er war hungrig, aber zu müde, um große Geschichten zu machen, also nahm er ein Glas und die Flasche Bushmills, die Garvald ihm mitgegeben hatte, setzte sich mit einem Buch in den alten Schaukelstuhl am Kamin, wärmte sich die Füße und las beim Schein des Feuers. Er hatte vielleicht eine Stunde so gesessen, als ein kalter Luftzug kurz seinen Nacken streifte. Er hatte das Türschloß nicht gehört, aber sie war da, das wußte er sofort. »Wo bleiben Sie denn so lange?« sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Sehr witzig. Ich hätte mir einen besseren Empfang vorstellen können, nachdem ich fast zwei Kilometer im Dunkeln querfeldein durch die Nässe gelaufen bin, um Ihnen Ihr Abendessen hierher zu bringen.« Sie kam herüber zum Feuer. Sie trug den alten Regenmantel, Gummistiefel und einen Schal um den Kopf. In einer Hand hielt sie einen Korb. »Eine Fleischpastete aus Kartoffelteig, aber wahrscheinlich haben Sie schon zu Abend gegessen?«
Er stöhnte laut. »Kein Wort weiter. Schieben Sie's in den Ofen, so schnell Sie können.«
Sie stellte den Korb ab, zog die Stiefel aus und knöpfte den Regenmantel auf. Darunter trug sie das geblümte Kleid. Sie nahm den Schal ab und schüttelte ihr Haar. »So. Was lesen Sie denn da?« Er reichte ihr das Buch. »Gedichte«, sagte er. »Von einem blinden Iren namens Raftery, der vor langer Zeit gelebt hat.« Beim Feuerschein betrachtete sie die Seite. »Aber das kann ich nicht lesen«, sagte sie. »Es ist in einer fremden Sprache geschrieben.« »Irisch«, sagte er. »Die Sprache der Könige.« Er nahm ihr das Buch aus der Hand und las:
»Anois, teacht an Earraigh, beidh an la dul chun sineadh
is tar eis feile Bride, ardochaidh me mo sheol...
tar eis feile Bride, ardochaidh me mo sheol...
...Jetzt, im Frühjahr, werden die Tage länger,
Am Birgittentag wird mein Segel gesetzt,
Meine Reise ist beschlossen, mein Schritt wird stetig sein,
Bis ich wieder stehe in den Ebenen von Mayo...«
»Schön ist das«, sagte sie. »Wirklich schön.« Sie ließ sich auf die Binsenmatte neben ihm fallen und lehnte sich an den Stuhl, ihre linke Hand berührte seinen Arm. »Stammen Sie daher, aus diesem Mayo?« »Nein«, sagte er und hatte Mühe, das Lachen zu unterdrücken, »von viel weiter nördlich, aber Raftery hat trotzdem recht.« »Liam«, sagte sie. »Ist das auch irisch?« »Ja, Ma'am.« »Was bedeutet es?« »Die Abkürzung für William.«
Sie dachte angestrengt nach. »Nein, Liam gefällt mir besser. Ich
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