Der Adler ist gelandet
Zigarette an, während sie warteten, daß Radl ausstieg.
»Er hat noch jemanden mitgebracht«, sagte Neumann.
Steiner blickte finster, als Oberst Radl lächelnd auf ihn zukam. »Na, Herr Steiner, wie geht's?« rief er und streckte die Hand aus.
Aber Steiner interessierte sich mehr für den zweiten Ankömmling, einen großen, gutaussehenden jungen Mann mit dem Totenkopf an der Mütze.
»Wer ist das denn?« fragte er leise.
Radls Lächeln war gezwungen, als er die beiden einander vorstellte:
»Oberstleutnant Kurt Steiner, Untersturmführer Harvey Preston vom Britischen Freikorps.«
Steiner hatte den ehemaligen Wohnraum des Bauernhauses zur Kommandozentrale des gesamten Unternehmens umwandeln lassen. In einer Ecke standen zwei Feldbetten für ihn und Neumann, und die beiden großen Tische in der Mitte waren mit Karten und Fotos von Hobs End, Studley Constable und Umgebung bedeckt. Außerdem war ein imposantes, noch nicht ganz fertiges Sandkasten-Modell zu sehen. Radl beugte sich interessiert darüber; in der Hand hielt er ein Glas Cognac. Neumann stand am anderen Ende des Tisches, und Steiner marschierte vor dem Fenster auf und ab und rauchte wütend.
»Das Modell ist wirklich vorzüglich. Wer hat das gebaut?« fragte Radl. »Der Soldat Klugl«, antwortete Neumann. »Er war vor dem Krieg Künstler, soviel ich weiß.«
Steiner wandte sich ungeduldig um. »Bleiben wir doch bei der Sache, Herr Radl. Erwarten Sie allen Ernstes von mir, daß ich den... das Wertobjekt herüberhole?«
»Der Gedanke stammt vom Reichsführer, nicht von mir«, sagte Radl milde. »In solchen Dingen habe ich zu gehorchen, nicht zu befehlen.« »Aber er muß verrückt geworden sein.« Radl nickte. »Dieser Einwand ist nicht neu.«
»Na schön«, sagte Steiner. »Betrachten wir es einmal von der rein praktischen Seite. Wenn diese Sache klappen soll, dann muß sie von einer hochdisziplinierten Gruppe von Männern durchgeführt werden, die wie ein einziger Mann vorgehen können, wie ein einziger denken, wie ein einziger handeln, und das ist bei uns der Fall. Meine Jungens waren mit mir in der Hölle und zurück. Kreta, Leningrad, Stalingrad und einige Zwischenstationen, und ich war auf Schritt und Tritt bei ihnen. Manchmal muß ich einen Befehl gar nicht erst aussprechen, so gut sind wir aufeinander eingespielt.« »Das glaube ich Ihnen.«
»Wie können Sie dann in diesem Stadium einen Außenseiter einschleusen, zumal einen wie diesen Preston, und erwarten, daß es trotzdem klappt?« Er nahm die Akte auf, die Radl ihm zu lesen gegeben hatte, und schüttelte sie. »Ein lausiger kleiner Gauner, ein Komödiant, der sein Leben lang allen etwas vorgespielt hat, sogar sich selbst.« Er warf die Akte angewidert auf den Tisch. »Er hat überhaupt keine Ahnung, was ein richtiger Soldat ist.«
»Und was im Moment noch gravierender ist, nach meiner Meinung jedenfalls«, warf Leutnant Neumann ein, »er ist noch nie aus einem Flugzeug abgesprungen.«
Radl nahm sich eine Zigarette, und Steiner gab ihm Feuer. »Ich frage mich, Herr Steiner, ob Sie sich in diesem Fall nicht allzusehr von Ihren Gefühlen leiten lassen.«
»Ach so?« sagte Steiner. »Meine amerikanische Hälfte haßt seinen traurigen Mut als Verräter und Überläufer, und meine deutsche Hälfte ist auch nicht gerade scharf auf ihn.« Er schüttelte verzweifelt den Kopf. »Haben Sie denn überhaupt eine Ahnung, was alles zur Fallschirmausbildung gehört?« Er wandte sich an Neumann. »Sagen Sie's ihm.« »Sechs Sprünge braucht man zum Fallschirmspringer-Abzeichen, und danach nie weniger als sechs im Jahr, wenn man es behalten will«, sagte Neumann. »Und das gilt für jeden, vom Gemeinen bis zum höchsten Offizier. Löhnung fünfundsechzig bis hundertzwanzig Reichsmark im Monat, je nach Dienstgrad.« »Und?« sagte Radl.
»Für den Anfang heißt's zuerst zwei Monate Bodentraining, dann den ersten Sprung allein aus zweihundert Meter. Danach fünf Sprünge in Gruppen und unter verschiedenen Lichtverhältnissen einschließlich völliger Dunkelheit, wobei die Absprunghöhe ständig gesenkt wird, und dann das große Finale. Neun Flugzeugladungen springen gemeinsam unter Kampfbedingungen und aus einer Höhe von weniger als hundertfünfzig Meter ab.«
»Sehr eindrucksvoll«, sagte Radl. »Andererseits muß Preston nur ein einziges Mal springen, allerdings bei Nacht, aber auf einen weitläufigen und sehr einsamen Strand. Eine ideale Sprungzone, wie Sie selbst zugeben. Es dürfte wohl nicht
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