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Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Titel: Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noel Hardy
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von uns zugeteilt sind? Unser Tag hat auch nur vierundzwanzig Stunden, und Sie brauchen ja bloß den Fernseher anzumachen, dann sehen Sie selbst, was auf der Welt los ist.« Er schwieg und hörte wieder zu. »Ja. Gut. Bis später.« Er betrachtete das Handy, als wüsste er nicht, was man damit machte, wenn es nicht mehr mit einem redete. Dann hielt er es Emma hin. »Er will noch mal mit Ihnen sprechen.«
    Â»Ja?«, fragte Emma.
    Â»Emma, hören Sie, ich kenne den Kerl nicht«, sagte Julian. »Sie dürfen auf keinen Fall allein mit ihm sprechen, ehe ich ihm auf den Zahn gefühlt habe. Vielleicht will uns da jemand reinlegen. Wahrscheinlich sogar. Wir treffen uns später im Amor Club .«
    Â»An Heiligabend? Haben Sie keine Familie, zu der Sie …«
    Â»Nein. Sie?«
    Â»Mein Vater, aber zu dem kann ich danach noch.«
    Â»Also dann, um fünf in der Bar.«
    Â»Warum da?«
    Â»Erstens«, sagte Julian, »brauche ich dort nicht zu bezahlen. Zweitens habe ich da Kumpels, die ihn im Auge behalten können, falls was mit ihm nicht stimmt. Drittens sieht uns da niemand.«
    Â»Aber wenn er ein echter Engel ist, dann fühlt er sich da bestimmt nicht …«
    Â»Wenn er ein echter Engel ist?«, fragte Julian.

E mma wusste nicht, was sie glauben sollte. Sie zweifelte nicht daran, dass es Engel gab. Sie zweifelte auch nicht daran, daß jeder einen Schutzengel hatte. Wenn sie daran gezweifelt hätte, wäre sie nicht auf den Gedanken gekom men, ihren zu verklagen. Trotzdem war ihr erster Gedanke: Engel kommen nicht auf die Erde zu den Menschen, nicht, wenn sie echte Engel sind. Dann dachte sie, dass ja sogar Jesus Christus auf die Erde herabgestiegen war, und der war immerhin Gottes Sohn gewesen.
    Aber Christus war als Mensch geboren worden. Er hatte nicht auf einmal mitten unter den Menschen gestanden und gesagt: »Hallo, ich bin’s, der Sohn Gottes, und ich bin hier, um für eure Sünden zu sterben.«
    Ihr zweiter Gedanke war, wie wohl Monsignore Wenzel an ihrer Stelle reagieren würde. Was würde er sagen, wenn plötzlich ein Engel vor ihm stünde? Würde er Murat Honigfels glauben?
    Ja. Die Antwort lautete eindeutig: Ja. Der Monsignore glaubte an Wunder. Und wann sollte ein Wunder schon passieren, wenn nicht an Weihnachten?
    Das muss ich ihm erzählen!, dachte sie. Ein Engel kommt zur Erde, am Heiligabend – was konnte es für einen Mann der Kirche Aufregenderes geben? Der Monsignore hatte seine Hand über sie gehalten, war immer für sie da gewesen, selbst wenn alle anderen sie gemieden hatten wie eine ansteckende Krankheit. Monsignore, stellen Sie sich vor, Gott hat einen Engel geschickt, weil ich ihn verklagt habe!
    Es war kalt geworden. Geh erst mal ein paar Schritte, dachte sie. Bevor sie irgendetwas unternahm, musste sie einen klaren Kopf kriegen. Nichts überstürzen. Falls Murat Honigfels doch ein Betrüger war, stellte sie Monsignore Wenzels Geduld auf eine harte Probe – eine weitere harte Probe. Sie versuchte, den jungen Mann in der Kirche mit Wenzels Augen zu betrachten. Sah so ein Engel aus?
    In der gesamten Malerei gab es keine einzige Darstellung eines Engels, die ihm auch nur im Entferntesten ähnelte. Keine Skulptur, keine Holzschnitzerei. Aber bestimmt gab es eine ganze Menge Betrüger, die genau so aussahen wie er.
    Emma ging durch die Kälte, benommen, ohne Ziel und ohne auf die anderen Passanten zu achten, die um sie herum eilig ihre letzten Weihnachtseinkäufe erledigten. Sie hatte den jungen Mann mit der Fliegerjacke und den unwirklich blauen Augen in Sankt Michael zurückge lassen, um ihm eine Chance zu geben, sich alles noch mal zu überlegen. Sie hatte ihm den Weg zum Amor Club beschrieben und gesagt: »Da treffen wir uns am späten Nachmittag. Wenn Sie nicht hinkommen, weil Sie mich auf den Arm nehmen wollten, vergessen wir die ganze Sache. Ich bin Julian nicht böse, ich bin Ihnen nicht böse. Ist schließlich Weihnachten. Aber wenn Sie auftauchen, will ich eine gute Geschichte hören. Wissen Sie, was eine gute Geschichte ist? Eine, die ich noch nie gehört habe. Eine, die mich umhaut, weil sie unglaublich ist. Und eine, die ich trotzdem glauben kann.« Eine Geschichte, die ich Mon signore Wenzel erzählen kann, hatte sie gedacht. »Haben Sie so was auf Lager?«
    Â»Ja.«
    Â»Sagen Sie nicht Ja. Erzählen Sie sie mir. Heute abend.«
    Er

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