Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
wenig von den Komplexitäten des Selbstwählferndienstes, für den seine Vierteldollarmünzen wohl gereicht hätten, aber noch schlimmer war, dass er die Auslandsvorwahlen von Kanada nicht kannte. Also warf er eine Münze ein und fragte nach der Vermittlung.
    »Welche Nummer möchten Sie anrufen?«, fragte die kanadische Telefonistin. Langsam und in stockendem Englisch nannte er die Ziffern, die er sich so gewissenhaft eingeprägt hatte.
    »Das ist eine britische Nummer«, sagte die Vermittlung. »Benutzen Sie amerikanische Vierteldollarmünzen?«
    »Ja.«
    »Das ist zulässig. Werfen Sie acht ein, und ich verbinde Sie. Wenn Sie den Piepton hören, müssen Sie nachwerfen, falls Sie das Gespräch fortsetzen möchten.«
    »Haben Sie das Ziel im Visier?«
    »Ja, Sir.«
    »Schießen Sie.«
    »Er ist in Kanada, Sir.«
    »Schießen Sie, Sergeant.«
    Peter Bearpaw atmete langsam und tief ein und drückte ab.
    Sein Distanzmesser zeigte 2100 Meter bei Windstille, weit über eine Meile.
    Izmat Khan warf Münzen in den Schlitz. Er schaute nicht hoch. Die Glastür der Zelle zerbarst zu nadeldünnen Acrylsplittern, und die Kugel riss ihm den Hinterkopf weg.
    Die Telefonistin war sehr geduldig. Der Mann in dem Holzfällercamp hatte nur zwei Vierteldollarmünzen eingeworfen, dann hatte er anscheinend den Hörer fallen lassen und die Telefonzelle verlassen. Irgendwann blieb ihr nichts anderes übrig, als die Verbindung zu trennen.
    Weil ein Schuss über die Grenze eine heikle Angelegenheit war, wurde nie ein offizieller Bericht abgefasst.
    Captain Linnett erstattete seinem Vorgesetzten Bericht, und der leitete die Information an Marek Gumienny in Washington weiter. Sonst erfuhr niemand etwas.
    Der Leichnam wurde gefunden, als die Holzfäller nach dem Tauwetter zurückkehrten. Der baumelnde Telefonhörer war tot. Der Staatsanwaltschaft blieb nichts anderes übrig, als den Fall ungeklärt zu den Akten zu legen. Der Mann trug amerikanische Kleidung, aber in dieser Grenzregion war das nichts Besonderes. Er hatte keine Papiere bei sich, und in der Gegend kannte ihn niemand.
    Die inoffizielle Vermutung der Staatsanwaltschaft war die, dass der Mann auf tragische Weise der verirrten Kugel eines Jägers zum Opfer gefallen war. Wieder jemand, der durch einen achtlosen Schützen oder einen Querschläger gestorben war. Der Tote wurde in einem namenlosen Grab bestattet.
    Weil niemand südlich der Grenze Aufsehen erregen wollte, kam man nicht erst auf den Gedanken, nachzufragen, welche Nummer der Flüchtige hatte anrufen wollen. Die bloße Nachfrage hätte die Herkunft des Schusses preisgegeben. Also ließ man es bleiben.
    Tatsächlich gehörte die Nummer, die er verlangt hatte, zu einem kleinen Apartment in der Nachbarschaft des Campus der Aston University in Birmingham. Dort wohnte Dr. Ali Aziz al-Khattab, und sein Telefon wurde vom britischen MI5 abgehört. Der Geheimdienst wartete nur auf genügend Beweismaterial, um eine Razzia und eine Festnahme zu rechtfertigen. Man würde es einen Monat später bekommen. Aber an jenem Morgen versuchte der Afghane den einzigen Mann westlich von Suez anzurufen, der den Namen des Geisterschiffs kannte.
     

SECHZEHN
    Nach zwei Wochen begann die Begeisterung für die Jagd nach einem scheinbar unsichtbaren Geisterschiff allmählich abzuflauen, und die neue Stimmung kam aus Washington.
    Wie viel Zeit, Mühe und Geld konnte man auf das unbestimmte Gekritzel auf einer Landing Card verwenden, die jemand auf einer Insel, von der man noch nie gehört hatte, in eine Tauchertasche gesteckt hatte? Marek Gumienny war nach London geflogen, um sich mit Steve Hill zu besprechen, als der Experte für maritimen Terrorismus, Sam Seymour, aus der Zentrale des Lloyd's Register in Ipswich angerufen und alles noch schlimmer gemacht hatte. Er hatte seine Meinung geändert. Hill beorderte ihn nach London, damit er eine Erklärung abgab.
    »Im Rückblick«, sagte Seymour, »war die Möglichkeit, dass al-Qaida versuchen könnte, mit einem großen Schiff eine lebenswichtige Wasserstraße zu blockieren, um den Welthandel zu torpedieren, immer die wahrscheinlichste. Aber sie war nie die einzige.«
    »Wieso glauben Sie jetzt, dass wir auf der falschen Fährte waren?«, fragte Marek Gumienny.
    »Weil inzwischen jedes Schiff auf der Welt, das groß genug ist, um dieses Ziel zu erreichen, überprüft wurde. Und sie sind alle in Ordnung. Damit bleiben die Optionen zwei und drei, die beinahe identisch, aber auf unterschiedliche Ziele

Weitere Kostenlose Bücher