Der Afghane
einzelnen Panzers drangen sie in die Festung ein und nahmen die Stellungen der Aufständischen unter Beschuss. Izmat Khan, inzwischen als leitender Kommandant anerkannt, hatte die Verteidigung eines Flügels an der Südfassade übernommen. Als der Panzer das Feuer eröffnete, schickte er seine Leute in die Keller. Als der Beschuss aufhörte, kamen sie wieder herauf.
Er wusste, es war nur eine Frage der Zeit. Einen Weg hinaus gab es nicht, Gnade konnten sie nicht erwarten. Mit neunundzwanzig Jahren hatte er den Ort gefunden, an dem er sterben würde, und dieser Ort war so gut wie jeder andere.
Am Dienstag kam auch die amerikanische Luftunterstützung. Die vier Ledernacken und der Air-Force-Mann lagen an der Außenmauer vor der Brüstung und wählten die Ziele für die Kampfbomber aus. An diesem Tag fanden dreißig Luftschläge statt. Achtundzwanzig davon trafen das Mauerwerk, in dem die Rebellen sich versteckt hielten, und ungefähr hundert von ihnen kamen zu Tode, die meisten durch einstürzendes Gestein. Nur zwei Bomben gingen daneben.
Mike Martin befand sich an der Mauer unterhalb der Ledernacken, ungefähr hundert Meter weit von ihnen entfernt, als die erste Bombe fehlging. Sie schlug mitten in dem Kreis ein, den die fünf Amerikaner bildeten. Wäre es eine Antipersonen-Bombe mit Aufschlagzünder gewesen, wären sie zerfetzt worden. Dass sie alle überlebten, wenn auch mit geplatzten Trommelfellen und ein paar Knochenbrüchen, war an sich schon ein Wunder.
Die Bombe war eine Lenkbombe, ein Bunkerknacker, der tief ins Mauerwerk eindringen konnte, bevor er explodierte. Sie landete mit der Nase voran im Kies und fuhr zwölf Meter tief in die Erde, bevor sie explodierte. Die Amerikaner saßen daher auf einem Erdbeben und wurden wild umhergeschleudert, aber sie überlebten.
Der zweite Fehltreffer war schlimmer. Er zerstörte den Panzer der Usbeken und ihren Kommandoposten dahinter.
Am Mittwoch waren die westlichen Medien am Schauplatz des Geschehens eingetroffen und wimmelten überall um die Festung herum. Ihnen war es vielleicht nicht bewusst, aber ihre Anwesenheit war der einzige Faktor, der die Usbeken daran hinderte, die Rebellen bis auf den letzten Mann auszuschalten.
Im Laufe der nächsten sechs Tage versuchten zwanzig Aufständische ihr Glück: Sie entkamen im Schutz der Nacht und flüchteten zu Fuß über Land. Jeder Einzelne wurde von Bauern aufgegriffen – es waren Hazara, die sich an das Blutbad erinnerten, das die Taliban drei Jahre zuvor unter ihrem Stamm angerichtet hatten – und gelyncht.
Mike Martin lag oben auf der Mauer und spähte über die Brüstung in das Festungsgelände. Die Toten der ersten Tage lagen immer noch da, und der Gestank war abscheulich. Die Amerikaner mit ihren schwarzen Wollmützen hatten ihre Gesichter inzwischen entblößt und sich großzügig von Fotografen und TV-Kameras ablichten lassen. Die sieben Briten zogen es vor, ihre Anonymität zu wahren. Alle trugen sie den shemagh, den um den Kopf gewickelten Baumwollstreifen, der vor Fliegen, Sand, Staub und neugierigen Blicken schützt. Als der Mittwoch kam, erfüllte er noch einen weiteren Zweck: Er diente als Filter gegen den Gestank.
Kurz vor Sonnenuntergang schlich sich der überlebende CIA-Mann, Dave Tyson, der nach einem Tag in Mazar-i-Sharif zurückgekehrt war, mit einem Fernsehteam, das unbedingt einen preisverdächtigen Film drehen wollte, in die Festung. Martin beobachtete, wie sie an der gegenüberliegenden Mauer entlangkrochen. Der Marineinfanterist J lag neben ihm. Plötzlich stürmte ein Greiftrupp der Rebellen aus einer unsichtbaren Tür in der Mauer und schleifte die vier Westler hinein.
»Da sollte sie jemand rausholen«, bemerkte Marine J im Plauderton. Er sah sich um. Sechs Augenpaare starrten ihn wortlos an.
Er sagte nur zwei zutiefst aufrichtige Worte: »O Scheiße!« Dann flankte er über die Mauerbrüstung, lief die Rampe an der Innenseite hinunter und stürmte quer über die freie Fläche. Drei SBS-Männer liefen ihm nach, die beiden anderen und Martin gaben ihnen Scharfschützendeckung. Die Rebellen waren jetzt nur noch in der Südmauer. Die blanke Wahnsinnstat der vier Marines hatte sie völlig überrascht. Kein Schuss fiel, bis die Männer die Tür in der gegenüberliegenden Mauer erreicht hatten.
Marine J stürmte als Erster hinein. Geiselrettungen werden beim SAS und bei der SBS geübt und geübt, bis sie den Männern zur zweiten Natur geworden sind. Das »Todeshaus« des SAS in Hereford
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