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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Wachen.
    Im Morgengrauen begannen die Durchsuchungen. Die Gefangenen waren immer noch erschöpft vom Kampf und ließen daher friedlich zu, dass man ihnen die Hände auf den Rücken fesselte. Da es keine Stricke gab, benutzten die Usbeken dazu die Turbane der Gefangenen. Aber Turbane sind keine Stricke.
    Einer nach dem andern wurden die Gefangenen auf die Beine gezogen und durchsucht. Man fand Faustfeuerwaffen, Handgranaten – und Geld. Der wachsende Geldhaufen wurde von Sayid Kamel und seinem Stellvertreter in einen Nebenraum geschafft. Ein usbekischer Soldat, der wenig später durch das Fenster hineinschaute, sah, wie die beiden Männer das Geld in ihre Taschen steckten. Als er protestierte, befahlen sie ihm unmissverständlich, zu verschwinden. Aber er kam mit einem Gewehr zurück.
    Zwei Gefangene sahen das und befreiten ihre Hände von den Fesseln. Sie folgten dem Soldaten in den Nebenraum, nahmen ihm das Gewehr ab und schlugen alle drei Usbeken mit dem Kolben tot. Da kein Schuss gefallen war, bemerkte niemand etwas davon, aber jetzt war die Festung zu einem Pulverfass geworden.
    Inzwischen waren die amerikanischen CIA-Agenten Johnny »Mike« Spann und Dave Tyson eingetroffen, und Mike Spann begann unter freiem Himmel mit einer Serie von Verhören. Dabei war er umgeben von sechshundert Fanatikern, deren einziger Ehrgeiz darin bestand, einen Amerikaner zu töten, ehe sie vor Allah traten. Dann sah ein usbekischer Posten den bewaffneten Araber und stieß einen Warnruf aus. Der Araber erschoss ihn. Das Pulverfass explodierte.
    Izmat Khan hockte auf dem Lehmboden und wartete, dass er an die Reihe kam. Wie andere hatte er seine Hände inzwischen befreit. Als der erschossene Usbeke fiel, eröffneten dessen Kameraden auf den Mauern das Feuer mit Maschinengewehren. Das Gemetzel hatte begonnen.
    Über hundert Gefangene starben mit gefesselten Händen im Staub und wurden so gefunden, als die ersten UN-Beobachter endlich ungefährdet hereinkommen konnten. Andere banden ihren Nachbarn die Hände los, damit sie kämpfen konnten. Izmat Khan führte eine Gruppe von Leuten, darunter die anderen Afghanen, geduckt und im Zickzacklauf zwischen den Bäumen hindurch zur Südmauer. Er wusste von dem Waffenlager, weil er schon einmal in der Festung gewesen war, als sie sich noch in der Hand der Taliban befand.
    Zwanzig Araber fielen über Mike Spann her und töteten ihn mit Faustschlägen und Fußtritten. Dave Tyson feuerte mit seiner Pistole in die Meute und erschoss drei, bevor der Schlagbolzen auf einer leeren Kammer klickte. Mit großem Glück konnte er durch das Haupttor entkommen.
    Nach zehn Minuten gab es im offenen Gelände innerhalb der Festung nur noch Tote und Verwundete, die schrien, bis auch sie tot waren. Die Usbeken waren vor die Mauern geflohen und hatten das Haupttor verrammelt, und die Gefangenen saßen in der Festung. Die Belagerung hatte begonnen; sie sollte sieben Tage dauern, und niemand war daran interessiert, Gefangene zu machen. Jede Seite war davon überzeugt, dass die andere die Kapitulationsvereinbarungen gebrochen hatte, aber inzwischen kam es darauf nicht mehr an.
    Die Tür zur Waffenkammer war rasch eingeschlagen, ihre Schätze wurden verteilt. Es gab genug für eine kleine Armee, und für nur fünfhundert Mann war überreichlich Nachschub vorhanden. Sie hatten Gewehre, Handgranaten, Granat- und Raketenwerfer und Mörser. Sie nahmen, was sie tragen konnten, und schwärmten durch Tunnel und Gänge aus, bis sie die ganze Festung in Besitz genommen hatten. Wenn ein Usbeke den Kopf über die Mauerbrüstung schob, schoss ein Araber durch eine Schießscharte quer durch die Festung auf ihn,
    Dostums Leuten blieb nichts anderes übrig, als nachdrücklich um Hilfe zu rufen. General Dostum entsandte ein paar hundert Usbeken, die in aller Eile nach Qala-i-Jangi zogen. Amerikaner waren ebenfalls unterwegs: vier Ledernacken aus Fort Campbell, Kentucky, ein Mann von der U. S. Air Force, der die Luftkoordination übernehmen sollte, und sechs Gebirgsjäger von der 10th Mountain Division. Sie sollten beobachten, berichten und dann Luftunterstützung anfordern, um den Widerstand zu brechen.
    Am Vormittag erschienen zwei Landrover aus dem Stützpunkt Bagram im Norden der kürzlich eroberten Hauptstadt Kabul. Darin saßen sechs britische Kommandosoldaten von der Special Boat Squadron und ein Dolmetscher, Lieutenant Colonel Mike Martin vom SAS.
    Am Dienstag nahm der usbekische Gegenangriff Gestalt an. In der Deckung eines

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