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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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der Anführer der Mission aber er war nicht anwesend. Sie alle würden ihn erst später kennen lernen.
    Am Vormittag erhielt der stellvertretende Anführer Lampong einen Anruf auf seinem Satellitentelefon. Das Gespräch war kurz und zurückhaltend, doch es genügte. Die Countess of Richmond hatte Kota Kinabalu verlassen und war auf See. Etwa bei Sonnenuntergang würde sie zwischen Tawitawi und den Joloinseln durchfahren. Die Schnellboote, die sie abfangen würden, hatten noch vier Stunden Zeit, ehe sie ablegen müssten. Suleiman und Martin hatten die westlichen Anzüge abgelegt und trugen die ortsübliche Kleidung: Hosen, geblümte Hemden und Sandalen, die man ihnen gegeben hatte. Man ließ sie über eine Treppe ins flache Wasser des Flüsschens hinuntersteigen, damit sie sich vor den Gebeten und einer Mahlzeit aus Reis und Fisch waschen konnten.
    Martin konnte nur zuschauen, ohne viel zu verstehen, und abwarten.
     
    Die beiden Taucher hatten Glück. Die meisten anderen Passagiere waren aus Malaysia und mussten an der Passkontrolle in der Schlange für Nichtbriten anstehen, während die wenigen Briten schnell abgefertigt wurden. Sie waren unter den Ersten am Gepäckband, konnten ihre Koffer nehmen und zur Zollschranke für anmeldefreie Waren gehen.
    Vielleicht lag es an ihren rasierten Schädeln und den Sechstagebärten, vielleicht an den muskulösen Armen in den kurzärmeligen, geblümten Hemden an einem eisigen englischen Märzmorgen – jedenfalls winkte sie ein Zollbeamter an die Kontrollbank.
    »Darf ich bitte Ihre Pässe sehen?«
    Eine Formalität. Sie waren in Ordnung.
    »Und woher kommen Sie?«
    »Aus Malaysia.«
    »Zweck Ihres Besuches dort?«
    Einer der beiden jungen Männer deutete auf seine Tauchertasche. Sein Gesichtsausdruck ließ erkennen, dass er die Frage ziemlich dämlich fand, denn die Taschen trugen das Logo einer bekannten Taucherausrüstungsfirma. Aber es ist immer ein Fehler, sich über einen Zollbeamten lustig zu machen. Dessen Miene blieb ungerührt, doch in seiner langen Laufbahn hatte er Unmengen von exotischem Raucherbedarf und Injektionsmitteln aus dem Fernen Osten abgefangen. Er zeigte auf die eine der beiden Taschen.
    Sie enthielt nichts als die übliche Taucherausrüstung. Er zog den Reißverschluss zu und schob die Hände in die Seitentaschen. Aus einer zog er eine gefaltete Karte hervor, sah sie an und las sie.
    »Woher haben Sie die, Sir?«
    Der Taucher war ehrlich verblüfft.
    »Das weiß ich nicht. Nie gesehen.«
    Ein paar Schritte weiter bemerkte ein zweiter Zollbeamter die wachsende Anspannung, die an der beispielhaften Höflichkeit des Tons zu erkennen war, und kam dazu.
    »Würden Sie bitte hier warten?«, sagte der erste und verschwand durch eine Tür hinter ihm. Die großen Spiegel an der Zollabfertigung sind nicht dazu da, dass eitle Reisende ihr Makeup auffrischen können. Es sind Einwegspiegel, und dahinter sitzen die diensthabenden Beamten der Inneren Sicherheit – in diesem Fall von Scotland Yards Special Branch.
    Wenige Minuten später saßen die beiden Taucher mit ihrem Gepäck in separaten Vernehmungszimmern. Die Zollbeamten durchsuchten Koffer und Taschen, Flosse für Flosse, Maske für Maske, Hemd für Hemd. Sie fanden nichts Illegales.
    Der Mann in Zivil studierte die gefaltete Karte.
    »Jemand muss sie da hineingesteckt haben, aber ich war es nicht«, beteuerte der Taucher.
    Inzwischen war es halb zehn geworden. Steve Hill saß an seinem Schreibtisch in Vauxhall Cross, als sein privates, nirgends registriertes Telefon klingelte.
    »Mit wem spreche ich?«, fragte eine Stimme. Hill stellte die Stacheln auf.
    »Vielleicht sollte ich Sie das Gleiche fragen. Ich glaube, Sie haben sich verwählt«, sagte er.
    Der MI5-Beamte hatte die Nachricht gelesen, die in der Tauchertasche gesteckt hatte, und er neigte dazu, dem Mann zu glauben. In diesem Fall aber …
    »Ich rufe aus Heathrow an, Terminal drei. Büro für Innere Sicherheit. Wir haben einen Passagier aus Fernost abgefangen. In seiner Tauchertasche war eine kurze handschriftliche Nachricht. Sagt Ihnen das Wort ›Crowbar‹ etwas?«
    Für Hill war es wie ein Schlag in die Magengrube. Der Mann hatte sich nicht verwählt; niemand konnte aus Versehen in diese Leitung geraten. Er nannte den Dienst, für den er arbeitete, und seinen Rang, befahl dem Mann, die beiden Reisenden in Gewahrsam zu halten, und machte sich auf den Weg. Keine fünf Minuten später verließ sein Wagen die Parkgarage, fuhr über die Vauxhall

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