Der Agent - The Invisible
Jetzt klang Machados Stimme beängstigend monoton, was Kealey nicht entging. »Und es kümmert mich nicht, was ich tun muss, um es zu verhindern. Nicht mehr.«
»Hören Sie, Naomi hat nichts damit zu tun. Sie müssen sie in Ruhe lassen.«
»Ich muss sie ja nicht gleich töten.« Machado überlegte, wie er es treffend ausdrücken sollte. »Sie könnte einfach … verschwinden.«
»Man würde Ihnen auf die Schliche kommen.« Kealey versuchte den Eindruck zu erwecken, sich seiner Sache sicher zu sein, aber er konnte die in ihm aufsteigende Panik nicht ganz kaschieren. Machado klang so, als meinte er es völlig ernst; offenbar störte es ihn nicht, dass Naomi genauso unschuldig war wie seine Tochter. » Ich würde wissen, was Sie getan haben.«
»Vielleicht, aber Sie würden nie in der Lage sein, es zu beweisen. Sie kennen meinen Ruf bei der CIA, und im Zuge der Untersuchung wäre Marissa für die nächsten achtzehn Monate gebunden, weil sie sich für Anhörungen des Geheimdienstausschusses im Kongress bereithalten müsste. Auch auf diese Weise könnte ich mein Ziel erreichen, dass sie nicht nach Kolumbien geschickt wird.«
»Sie sind ja geistesgestört«, sagte Kealey, dem nichts anderes dazu einfiel; er wollte einfach seinen Ohren nicht trauen und konnte seinen Zorn nicht mehr bremsen. »Ein völlig geistesgestörter Dreckskerl. Warum ich? Warum nicht Ihr Lakai Fahim, oder wie immer er wirklich heißen mag? Warum kann er es nicht tun? Warum haben Sie sich nicht gleich an ihn gewandt?«
»Ich wusste, dass Sie mich das fragen würden, aber die Antwort ist einfach, Kealey. Fahim ist ein guter Mann, doch seine Loyalität hat Grenzen. Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Marissa ist eine aktive Agentin der CIA. Würde Fahim abdrücken, würde ihn die CIA bis ans Ende der Welt verfolgen und nicht eher Ruhe geben, bis sie ihn gefunden hätte.« Er schwieg kurz. »Bei Ihnen liegen die Dinge anders, Sie sind für ihre … unorthodoxen Arbeitsmethoden bekannt. Im Laufe Ihrer Geheimdienstkarriere haben Sie schon einige sehr umstrittene Vorfälle überstanden, und Sie werden auch diese Geschichte überstehen. Angesichts Ihrer bewunderungswürdigen
Bilanz kann Ihnen nichts Schlimmeres passieren, als vor die Tür gesetzt zu werden. Übrigens, Sie wollen etwas von mir, ich will etwas von Ihnen. Ich erfülle meinen Teil der Abmachung.«
»Es gibt keine Abmachung«, fuhr ihn Kealey an. »Nicht für mich.«
»O doch«, beharrte Machado. »Denken Sie an Fitzgerald. Wenn Sie meiner Forderung nachkommen, werden Sie ihr Leben retten. Für den Durchschnittsamerikaner und viele andere Menschen auf der Welt sind Sie dann ein Held. Und auf lange Sicht tun Sie auch für Marissa das Beste.«
»Es ist nicht an Ihnen, das zu entscheiden. Sie ist eine erwachsene Frau. Sie haben kein Recht, über ihre Zukunft zu entscheiden, so wenig wie ich. Wenn ich tue, was Sie sagen, nehme ich ihr, was ihr auf dieser Welt am wichtigsten ist. Haben Sie daran gedacht, darüber nachgedacht, was sie will? Was am besten für sie ist?«
»Das reicht jetzt«, sagte Machado gereizt. Kealey wusste, dass er einen heiklen Punkt berührt hatte, aber es war zu wenig und kam zu spät. »Es wird Zeit, dass Sie eine Entscheidung treffen. Also, wie sieht sie aus? Und eines sollten Sie in diesem besonderen Augenblick nicht vergessen. Mich trennen gerade mal fünf Meter von Ihrer kleinen Freundin. Ihr Leben liegt in meinen Händen.«
Kealey schaffte es gerade noch, sich die Antwort zu verkneifen, die ihm auf der Zunge lag. »Woher weiß ich denn, dass Sie Naomi laufen lassen, wenn ich abdrücke?«
»Sie werden es nicht wissen. Aber ich habe nicht den Wunsch, ihr etwas anzutun. Das wird nur passieren, wenn Sie es nicht anders wollen.«
»Sie können mich mal.« Kealey unterbrach die Verbindung und warf das Telefon Fahim zu, der es gerade noch auffangen
konnte. Zehn Sekunden später klingelte es erneut. Fahim hob es ans Ohr, sagte etwas, lauschte, sagte noch ein paar Worte und beendete das Gespräch. Dann kam er auf Kealey zu und streckte ihm die Waffe entgegen.
Der Kunststoffgriff war noch warm, und Kealey konnte am Gewicht der Makarow-9mm-Pistole erkennen, dass sie voll geladen war, aber er vergewisserte sich trotzdem noch einmal. Dann trat er ein paar Schritte zurück, hob die Waffe und zielte auf Fahims Gesicht. »Was sollte mich davon abhalten, Sie auf der Stelle zu erschießen?«
Der dunkelhäutige Mann wirkte nicht besorgt und blickte ihn
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