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Der Agent - The Invisible

Der Agent - The Invisible

Titel: Der Agent - The Invisible Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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blieben ihm im Hals stecken. Mein Gott, wie konnte es so weit kommen?, dachte er verbittert. Machado soll zur Hölle fahren dafür, dass er mir das antut. Zur Hölle. »Tun Sie jetzt, was ich sage. Gesicht zur Tür, Augen schließen.«
    Ihre Beine gaben nach, sie fiel auf die Knie. Das Gesicht verriet keine Gefühlsregung mehr, und ihre Augen starrten ins Leere, aber sie schüttelte immer noch langsam den Kopf. Er fragte sich, was sie in diesem Augenblick sah. Spulte sich ihr ganzes Leben vor ihrem inneren Auge ab? Oder fragte sie sich nur, wie es so weit gekommen war, genau wie er?
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit drehte sie sich langsam um, wobei ihre Knie eine gebogene Furche in dem nassen Kies zurückließen. Sie legte die Stirn an die Stahltür und begann leise zu sprechen. Er trat näher, seine Schritte waren wegen des Sturmes nicht zu hören. Als er sich innerlich auf die Tat vorbereitete, zu der Machado ihn durch Erpressung gezwungen hatte, schien die Pistole in seiner Hand so schwer wie ein Bleigewicht zu sein. Er beugte sich vor und hörte, was sie sagte. Ihre Worte ließen ihn erstarren.
    Sie betete. Nicht um Erlösung oder Vergebung, sondern darum, dass ihre Eltern ihr verziehen. Dass sie vielleicht verstehen und ihr mit der Zeit verzeihen würden, dass sie ihnen so viel Leid zugefügt hatte.
    Er trat zurück und atmete tief durch. In diesem Moment konnte er nur noch daran denken, dass er Javier Machado umbringen wollte. Er wollte ihm eine Pistole an die Schläfe setzen, abdrücken und ihn zur Hölle fahren, ihn Höllenqualen erleiden lassen. Für einen Augenblick dachte er daran, alles über den Haufen zu werfen und Pétain zu erzählen, dass ihr eigener Vater für alles verantwortlich war, was sie jetzt durchmachte.
Dass es ihm lieber war, sie verkrüppelt, aber sicher hinter einem Schreibtisch zu sehen, als sie ihr eigenes Leben leben zu lassen, das notwendigerweise auch Risiken barg.
    Doch dann sah er Naomis Gesicht vor sich, und er erinnerte sich an Machados entschlossenen und grimmigen Tonfall, in dem er seine Drohung vorgebracht hatte. Er wusste, dass der Spanier sich in die Idee hineingesteigert hatte, seine Tochter nur auf diesem Weg schützen zu können. Und das hieß, dass er alles tun würde, um sein Ziel zu erreichen. Solange Pétain auf den Beinen stand, war Naomis Leben gefährdet, und das reichte, um ihn davon zu überzeugen, dass er handeln musste. Darauf lief es hinaus, wenn er sein Ziel verwirklichen wollte. Es war seltsam; sowohl er als auch Machado beabsichtigten, etwas Falsches zu tun, um einen geliebten Menschen in »Sicherheit« zu wissen. Was in beiden Fällen sehr relativ war. Trotzdem sah er keine Alternative.
    Pétain sprach immer noch leise, hin und wieder wurde ihr Gebet von einem herzzerreißenden Schluchzen unterbrochen. Er atmete erneut tief durch und trat einen Schritt vor. Alle Gedanken hatten keinen Sinn mehr, er wollte es nur noch hinter sich bringen. Mit einer schnellen Bewegung drückte er sie mit dem linken Unterarm an die Tür. Bevor sie wusste, was geschah, presste er ihr die Mündung der Makarow in die linke Kniekehle und wollte abdrücken.
    Nichts geschah. Er musste nur abdrücken, aber …
    Er zögerte. Warum?, fragte er sich. Worauf warte ich? Aus dem Augenwinkel sah er Fahim näher kommen. In dem dunklen, formlosen Regenmantel und mit der Kapuze auf dem Kopf wirkte er fast irreal, wie ein Geist auf einem Friedhof. Aber er war real und wartete. Wahrscheinlich wollte er aus der Nähe sehen, was los war. Pétain war immer noch vor Angst wie
gelähmt, doch das würde nicht von Dauer sein. Er wusste, dass ihm die Zeit davonlief, dass er handeln musste. Er presste die Mündung fester in ihre Kniekehle und versuchte, sich zu überreden, endlich abzudrücken.

36
    Faisalabad
    Paul Owen und der Rest des vierköpfigen Teams waren morgens in Faisalabad eingetroffen und seitdem im Einsatz. In Sharakpur Sharif hatte sich der Verdacht gegen Tamira Bukhari nicht bestätigt. Während der vierundzwanzigstündigen Observation hatte sie das Haus zweimal verlassen, aber nur, um in einem nahe gelegenen Café eine Tasse Tee mit Gebäck zu verzehren. Außer dem Kellner hatte sie mit niemandem gesprochen, und sie hatten auch keine Hinweise gefunden, dass sie ihrerseits um ihr Haus herum Beobachter postiert hatte. Für Owen gab ihr allgemeines Verhalten den Ausschlag. Sie wirkte zu gelassen und entspannt, um auf irgendeine Weise in diese Geschichte verwickelt zu sein. Schon zwei

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